Schweizer zeigen sich in der Vorweihnachtszeit von der grosszügigen Seite. Nicht nur für ihre Verwandten und Bekannten geben sie bereitwillig Geld aus, sondern auch für Menschen in Not. Die Spendenhöhe erreicht in der Schweiz um Weihnachten ihren Zenith.
Knapp 1,7 Milliarden Franken haben Privathaushalte in der Schweiz 2013 gespendet, wie die Stiftung Zewo in einer jüngst publizierten Studie schreibt.
68 Prozent der Schweizer haben gemäss einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts gfs.zh im Jahr 2013 eine gemeinnützige Organisation finanziell unterstützt. Alter, Wohnort, Ausbildungsstand und Einkommen sind Faktoren, die die Höhe der Spenden beeinflussen. So spenden Deutschschweizer durchschnittlich mehr als Romands, Personen mit hohem Bildungsniveau mehr als Personen mit tiefem Ausbildungsstand und Besserverdienende mehr als Personen mit tiefem Einkommen.
Und: Je älter eine Person – so die Detailstudie der Haushaltserhebung des Bundes – desto grosszügiger zeigt sie sich bei Spenden.
Das macht den Fundraisern zwar grundsätzlich Freude, es stellt sie aber auch vor Herausforderungen. Wie Zewo-Geschäftsleiterein Martina Ziegerer gegenüber watson sagt, gilt es, die zahlreichen älteren Spender sukzessive durch jüngere zu ersetzen. Und was bietet sich für diese Zielgruppe mehr an, als neue Technologien wie SMS, Websites oder Apps über die sich Spenden rasch und direkt tätigen lassen?
Die digitalen Möglichkeiten stellen laut Ziegerer eine gute Ergänzung zum klassischen Spenden dar – den Durchbruch haben sie allerdings noch nicht geschafft. «Die herkömmlichen Spendenmöglichkeiten – Überweisungen per Bank- oder Postkonto – werden auch in Zukunft den Löwenanteil ausmachen», ist Ziegerer überzeugt.
Mit dem steigenden Alter ihrer Spender haben auch die Sozialwerke Pfarrer Sieber (SWS) zu kämpfen: Hansueli Gujer, Fundraising-Beauftragter der SWS, weist darauf hin, dass es mehrheitlich Leute über 50 sind, die die SWS finanziell unterstützen. «Diese Leute sind mit Pfarrer Sieber gross geworden.» Jetzt wo das Aushängeschild aus Altersgründen nicht mehr wie früher in Erscheinung treten kann, gelte es, ein neues Publikum anzusprechen, so Gujer.
Eine Möglichkeit sind SMS-Spenden. Nina Privitera, Leiterin Web Office des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), glaubt, dass den Spenden per Kurznachricht eine immer grössere Bedeutung zukommt. So zeigen die Statistiken des SRK eine klare Zunahme der SMS-Spenden. Das Ausmass der SMS-Spenden nach der Überschwemmungskatastrophe im Balkan im vergangenen Frühjahr zeige die zunehmende Wichtigkeit des neuen Spendenkanals, so Privitera.
In dieses Segment vorstossen will auch die App «Gutes Tun». Die Initiative FairGive hat in Zusammenarbeit mit dem Internet-Unternehmen Getunik und der Fundraising-Plattform RaiseNow eine App entwickelt, die es ermöglicht, auf eine neue Art zu spenden.
Getunik-Geschäftsführer Marco Zaugg ist überzeugt, dass «Gutes Tun» eine Lücke im Spendenmarkt schliesst. «Gutes Tun» gehe einen Schritt weiter als herkömmliche Spendenplattformen: «Die Leute wollen nicht nur wissen, wo ihre Spenden ankommen, sie wollen konkret entscheiden, was mit ihrem Geld passiert.» Gutes Tun ermögliche grösstmögliche Transparenz.
Mit der PostFinance konnte Gutes Tun nicht nur den grössten Schweizer E-Finance-Anbieter als Partner gewinnen, sondern gleichzeitig ein alternatives Zahlungsmodell zur SMS-Spende entwickeln. PostFinance-Mobile-Kunden können auf diesem Weg spenden. Der Wermutstropfen: Allen anderen bleibt nur die SMS-Spende.
Mit diesen beiden Zahlungsmethoden kann der App-Nutzer seine Spende einer von 36 Hilfsorganisation zukommen lassen. Zudem kann man eine bestimmte Region (etwa den Nahen Osten) oder ein spezifisches Themenfeld (etwa Arbeitslosigkeit) auswählen. Eine Partnerschaft mit der Crowdfunding-Plattform 100-days.net und mit Ronorp rundet die App ab.
Die Stiftung Glückskette, die mit der Swiss-Solidarity-App ebenfalls neue Wege im Bereich Fundraising beschritten hat, weist auf die Notwendigkeit der Internet-Technologie beim Fundraising hin. «Ganz klar, die junge und jung gebliebene Generation ist heute mit mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets unterwegs», sagt Daniela Toupane. Es versteht sich von selbst, dass diese Leute nicht auf konventionellen Wegen spenden, so die Kommunikationsbeauftragte der Glückskette. «Die Gutes-Tun-App bietet diese Möglichkeiten an.»
Auch für die Sozialwerke Sieber, eine der 36 in der App aufgeführten Organisationen, war dieses Argument ausschlaggebend, um die Anfrage von Gutes Tun positiv zu beantworten. Und ein weiterer Aspekt stand für die SWS im Vordergrund: «Die Jungen sind heute nicht nur medienaffiner, sondern auch kritischer. Eine App wie Gutes Tun, die Transparenz in den Vordergrund stellt, kann hier Wunder wirken», sagt Hanspeter Gujer. (wst)