Schon mehr als drei Jahre dauert es heute nach Beantragen des Lernfahrausweises, bis Neulenker ihren definitiven Fahrausweis in den Händen halten. Rund 3000 Franken kostet der Fahrausweis. Künftig soll die Fahrausbildung noch länger dauern und mit noch mehr Kosten verbunden sein.
So soll für alle Lernfahrer eine Mindestfrist von einem Jahr ab Erhalt des Lernfahrausweises gelten, bis sie zur praktischen Fahrprüfung antreten dürfen. Verkehrsexperten hoffen, dass Neulenker dadurch mehr Praxiserfahrung vor der Prüfung sammeln. Zusätzlich müssen private Begleitpersonen, die Anfänger auf Übungsfahrten begleiten, zwei Fahrstunden zur Repetition bei einem Fahrlehrer absolviert haben.
Diese Details zum Massnahmenpaket «Opera 3» gaben «verschiedene Quellen» gegenüber der «NZZ am Sonntag» preis. Im Rahmen von «Opera 3» überarbeitet das Bundesamt für Strassen (Astra) seit zwei Jahren den ersten Teil der Zweiphasen-Ausbildung für die Fahrprüfung. Die Zweiphasen-Ausbildung – im Volksmund auch das «grüne L» genannt – ist seit 2005 in Kraft. Die erste Phase umfasst die Grundfahrausbildung mit theoretischer und praktischer Prüfung, die zweite Phase die Wiederholungskurse zu Fahrzeugverhalten und ökonomischem Fahren.
Beim Geschäftsführer des Schweizerischen Fahrlehrerverbands Werner Waldmeier kommen die neuen Vorschläge gut an: «Das Ziel muss sein, dass die Fahrschüler möglichst gut vorbereitet zur Prüfungen kommen», sagte er.
Das Wohlwollen der Fahrlehrer gegenüber den neusten Plänen des Astra dürfte aber nicht aussschliesslich mit der angeblich verbesserten Fahrausbildung zu tun haben, sondern auch mit handfesten finanziellen Interessen. Bereits mit dem Wechsel zum Zweiphasen-System seit 2005 haben die Fahrlehrer und Weiterbildungsstätten, der grösste Anbieter ist der TCS, finanziell massiv profitiert: Es gab fast eine halbe Milliarde, genauer 441 Millionen Franken Mehreinnahmen.
Mit «Opera 3» regnet es nochmals Geld: Mindestens 23,8 Millionen mehr würden in die Kasse der Fahrlehrer gespült (siehe Grafik). Kein Wunder, stösst die Mindestfrist einigen sauer auf: «Das finde ich absolut falsch», sagt Christian Wasserfallen. Der FDP-Nationalrat hatte sich im Mai 2014 mit einer Motion schon gegen die teuren Weiterbildungskurse innerhalb der neuen Zweiphasen-Ausbildung gewehrt. «Es ist nicht nur falsch, weil viele weniger Zeit brauchen, um Autofahren zu lernen, sondern auch, weil die Fahrprüfung damit noch teurer wird», sagt er. Um über ein Jahr lang fit für die Prüfung zu bleiben, müsse man tendenziell mehr Fahrstunden nehmen.
Auch den weiteren Massnahmen, die innerhalb von «Opera 3» vorgeschlagen werden, kann Wasserfallen nicht viel abgewinnen. Das Begleitpersonen 30 Jahre alt sein müssen, findet er zwar berechtigt. «Das Lektionenobligatorium ist aber nicht gerechtfertigt und ist nur der Versuch, einen gesetzlichen Auftrag für die Fahrlehrer zu schaffen», sagt er
Tatsächlich würden die zwei Fahrstunden für die Begleitperson und nur schon zwei zusätzliche Fahrstunden, die wegen der Mindestfrist des Lernfahrausweises anfallen würden, bei einem Durchnittspreis von 85 Franken pro Fahrstunde, die Autoprüfung um weitere 340 Franken verteuern.
Auch Marco D'Amico vom Fahrlehrerverband Basel stossen die neuen Vorschlägen sauer auf. «Das ist ein Bürokraten-Vorschlag, der mit der Praxis nichts zu tun hat», sagt er. Viele Fahrschüler würden heute schon erst zwei Jahre nachdem sie den Lernfahrausweis bezogen haben, auf den letzten Drücker mit den Fahrstunden beginnen. «Die Zeitspanne hat nichts mit den Fahrfähigkeiten zu tun. Viel Sinnvoller wäre ein Logbuch, indem gefahrene Kilometer festgehalten werden», sagt D'Amico. Die Fahrausbildung habe ohnehin mit einer gewissen Reife zu tun.
Die Details aus dem Massnahmepaket «Opera 3» sollten eigentlich noch geheim bleiben. Letzte Woche wurden die Vorschläge «interessierten Kreisen» also Fahrlehrerverbänden, Strassenverkehrsämtern und dem Auto- und Motorradhandel präsentiert. Es herrscht allgemeines Stillschweigen über die Inhalte. Auch Astra-Pressesprecher Thomas Rohrbach möchte die Massnahmen nicht kommentieren: «Das Paket kommt nun in die interne Anhörung, im Frühjahr soll die öffentliche Vernehmlassung beginnen», sagt er. Die Massnahmen seien alles andere als in Stein gemeisselt. Auch der Präsident des Schweizerischen Fahrlehrerverbands Raphael Huguenin wollte keine Stellung nehmen und verwies auf die Medienstelle des Astra.
«Da$ Ziel mu$$ $ein, da$$ die Fahr$chüler möglich$t gut vorbereitet zur Prüfungen kommen»