Ein paar Klicks – und schon ist die Nachricht an den Ständerat verfasst. «Wer mit 16 seinen Berufsweg wählt, soll auch an der Urne mitentscheiden dürfen!», lautet eine der Botschaften, die auf der Online-Plattform zur Auswahl stehen. Hinter der Aktion steckt die «IG Stimmrechtsalter 16». Sie wirbt für eine alte Idee, die zuletzt neuen Auftrieb erhielt: Jugendliche sollen ab 16 abstimmen und wählen können. Im Herbst hatte sich der Nationalrat überraschend dafür ausgesprochen. Am (heutigen) Montag ist die zuständige Ständeratskommission am Zug – und es könnte ein knapper Entscheid werden.
Philippe Kramer von der IG Stimmrechtsalter 16 sagt: «Es wäre eine riesige Chance, die Jungen besser in die Politik einzubinden.» Der 20-Jährige ist nicht um Argumente verlegen. Er zitiert eine norwegische Studie zur Stimmbeteiligung, verweist auf Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie, um zu untermauern: Jugendliche seien mit 16 reif genug, um politisch mitzubestimmen. Zudem sei das politische Interesse in diesem Alter grösser als bei 18- bis 21-Jährigen. Er sagt:
In den vergangenen Tagen und Wochen hat die IG Stimmrechtsalter 16 versucht, mit Mails und persönlichen Gesprächen die Ständeräte zu überzeugen – klassische Lobbyarbeit also. «Wir sind keine Lobbyisten mit grossem Netzwerk, sondern Jugendliche, die sich für Stimmrechtsalter 16 engagieren», sagt Kramer. Dennoch können sie auf professionelle Hilfe zählen: Der Verein Public Beta der Demokratie-Aktivisten Daniel Graf und Che Wagner unterstützt sie.
Auch andere Junge machen Druck. Die Jugendparlamente von Zürich, Schaffhausen und Luzern sowie die Schweizer Jugendsession wandten sich per Brief an die Ständeräte, Jugendverbände warben für das Anliegen. FDP-Ständerat Andrea Caroni sagt, er erlebe das Lobbying der Befürworter als angenehm und sachlich – «so, wie man lobbyieren sollte». Umstimmen liess er sich aber nicht. Sein Hauptargument:
Dass Jugendliche zum Beispiel für Verträge oder Straftaten nur beschränkt einstehen müssen, gleichzeitig aber abstimmen können, geht für Caroni nicht auf. «Politische Fragen sind komplex, und man entscheidet nicht nur für sich, sondern auch für andere. Das ist anspruchsvoller als Fragen im Alltag, die nur einen selbst betreffen. Konsequenter wäre es zu fordern, das Mündigkeitsalter generell auf 16 zu senken.»
Die Stimmen von FDP und der Mitte sind in der Frage entscheidend. Im Nationalrat hatten sie die parlamentarische Initiative der Grünen Sibel Arslan mehrheitlich abgelehnt. Doch es gibt prominente bürgerliche Befürworter – die FDP-Politiker Christa Markwalder und Ruedi Noser etwa. Auch Damian Müller, Luzerner FDP-Ständerat und Kommissionsmitglied, zeigt sich dem Anliegen gegenüber offen: «Ich bin der parlamentarischen Initiative im Grundsatz positiv gestimmt.»
Auf ein Ja hofft Nadine Aebischer von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände. «Es ist ein sehr wichtiger Entscheid für uns und die Jugend», sagt sie. «Es ist wichtig, dass die 16- und 17-Jährigen aktiv mitbestimmen können.» Das Bedürfnis danach sei gross, das zeige sich etwa bei den Klimastreiks. Aebischer sagt:
Einfach vom Tisch wischen kann die Ständeratskommission das Anliegen am Montag nicht: Sagt sie Nein, muss der Ständerat entscheiden. Sagt sie Ja, arbeitet die Schwesterkommission eine Verfassungsänderung aus. Eine Volksabstimmung würde damit näher rücken.
Philippe Kramer sagt: «Es wäre sehr wertvoll, wenn es eine nationale Abstimmung geben würde.» Das Thema brodle schon so lange in den Kantonen, nun sei es an der Zeit, es auf nationaler Ebene darüber abzustimmen. Kramer verweist auf das Frauenstimmrecht, das im ersten Anlauf auf eidgenössischer Ebene an der Urne scheiterte. «Bisherige Stimmrechtserweiterungen hatten erst Erfolg, wenn sich kantonale und nationale Diskussionen gegenseitig verstärkten.»
Ähnlich könnte es beim Stimmrechtsalter 16 sein, meint er. «Ich hoffe einfach, dass es nicht wieder Jahrzehnte dauert.» (bzbasel.ch)
Noch mehr unbedarfte Stimmbürger*innen? Solange die Schule dem staatsbürgerlichen Unterricht einen so niedrigen Stellenwert beimisst wie bis heute, kann nicht erwartet werden, dass Schüler*innen mit Null-Berufserfahrung kompetent politisch mitreden können. Zudem kann man erst mit zunehmendem Alter schleichende, erst langfristig erkennbare negative Entwicklungen der Wirtschaft und Gesellschaft angemessen beurteilen. Das wissen viele Junge selbst. Ein weiterer Grund für die tiefe Stimmbeteiligung der Jungen.
Sind diese ausgeglichen, ok. Ansonsten werden die einen dafür und die andern dafegen sein...