Martin Vosseler ist tot. Im Alter von 71 Jahren starb der Basler Umweltaktivist und Politiker bei einem Verkehrsunfall am Mittwoch, 23. Oktober, in der Basler Austrasse. Er war mit dem Velo unterwegs, als ein Lastwagen an ihm vorbei fuhr. Aus noch ungeklärten Gründen verlor Vosseler das Gleichgewicht und wurde vom Hinterrad des Lastwagens erfasst. Die Verletzungen waren tödlich. Er verstarb nach Polizeiangaben noch an der Unfallstelle.
Am Donnerstag bestätigten Menschen aus seinem nahen Umfeld gegenüber mehreren lokalen Medien, dass es sich beim Todesopfer um Martin Vosseler handelte. Noch am Sonntag vor dem Unfall hatte der 71-jährige Arzt und enge Freund des Basler alt Regierungspräsidentin Guy Morin (Grüne) seinen grossen Tag im Basler Wahlforum: Er war im hohen Alter mit einer eigenen Liste für die Wahl in den Nationalrat angetreten. Erfolglos zwar, aber aufsehenerregend.
Der frühere Basler Regierungspräsident Guy Morin ist tief betroffen. Morin und Vosseler verband seit fast 40 Jahren eine Freundschaft. Getroffen haben sich die beiden Mediziner, als Vosseler Morin 1983 für die Organisation «Ärzte gegen Atomkrieg» gewann. Später war Morin dort als Sekretär tätig. 1988 hat Vosseler Morin überredet für den Grossen Rat zu kandidieren. Beide traten als Parteilose auf der Liste des Landesring an und wurden prompt gewählt.
«Er hat es aber nicht lange im Parlament ausgehalten», sagt Morin. Einige Jahre stand Morin kurz vor der Wahl in die Regierung – und campierte mit Vosseler in Riehen als Protest gegen die Zollfreie. Seine politische Karriere sei ein typisches Beispiel für das Engagement von Vosseler, so Morin: «Ich kennen niemanden, der sich so konsequent und selbstlos für den Frieden und die Umwelt eingesetzt hat. Sein Vorbild hat viele Menschen bewegt, selber aktiv zu werden.» Selbst in der aktuellen Klimadebatte sei Vosseler noch immer mit dabei gewesen und habe die jungen Menschen begeistert.
Vosseler erlangte durch verschiedene Aktionen in Basel Berühmtheit. Dabei nutzte er gekonnt die Medien, vor allem im Zusammenhang mit seinen gigantischen Fussmärschen. So wanderte er schon von Basel nach Jerusalem oder St. Petersburg und ging auf seinem Sunwalk gegen Atomkraft und für erneuerbare Energien drei Monate durch die Schweiz. Begleitet wurde er dabei oft von Fotografen und Reportern, gegenüber denen er auch gerne seine Vorliebe für Spirituelles und Yoga offenbarte, etwas, das im Zusammenhang mit Klimaschutz in seiner Generation oft Hand in Hand ging.
Seine Aktionen sorgten für entsprechende Aufmerksamkeit. Für ihn, aber vor allem für das, wofür er einstand: Umweltschutz und eine nachhaltige Klima- und Energiepolitik. Es war nur eine logische Folge aus dieser unerlässlichen Energie im Kampf für die Umwelt, dass Vosseler auch Begründer mehrer Initiativen und Institutionen war, darunter Schweizer Ärzt_innen für Umweltschutz oder Sun21. Daneben scharte er, der selbst kabarettistisches Talent hatte, Kabarettisten wie Franz Hohler um sich, dazu namhafte Politiker und Basler Persönlichkeiten. So verband ihn auch eine tiefe Freundschaft mit dem verschollenen Basler Umweltaktivisten Bruno Manser.
Am 17. Januar 2003 begann Martin Vosselers aufsehenerregendste Zeit des Aktivismus - sie sollte über Jahre anhalten. Im Kampf gegen den Bau der Zollfreistrasse in Riehen schlug der Umweltaktivist sein Lager an den Wiesenauen auf. Er war das Symbol des Widerstands gegen den Strassenbau durch den grünen Gürtel der reichen Basler Vorortsgemeinde.
Die Protestaktion wuchs sich über Jahre aus, Freundinnen und Freunde gesellten sich zu ihm, bis am frühen Morgen des 6. Februars 2006 die Polizei mit einem Grossaufgebot die Protestierenden vom Areal wegwies. Einige waren auf Bäume geklettert und mussten von Polizisten heruntergeholt werden.
Ruhig wurde es selten um Vosseler, auch wenn er in späteren Jahren immer noch unterwegs war. «Das Wandern ist das einfachste und wirksamste Heilmittel für Körper und Seele; ganz im Sinne von: Was mir gut tut, tut auch dem Planeten gut», sagte er vergangenes Jahr noch gegenüber dem Portal barfi.ch. Seine Reisen habe er sich selbst finanziert, «bei einigen Wanderungen wurden die MBT-Sandalen gesponsert.»
Der Unfall riss Vosseler abrupt aus dem Leben. Denn Pläne hatte Vosseler erneut: «Ich will von Sizilien nach Beznau wandern», sagte Vosseler noch vor dem Wahlsonntag gegenüber Telebasel, dem Sender, der ihm stets viel Aufmerksamkeit schenkte. Damit wolle er bewirken, dass die Kernkraftwerke vom Netz genommen werden. (bzbasel.ch)