Quizfrage: Was hat die Gebärdensprache mit Damensport, Ernährungssouveränität, Kasachstan und dem währungspolitischen Arbeitskreis zu tun? «Nichts» ist die falsche Antwort. Zu all diesen – und noch Dutzenden weiteren – Themen gibt es eine sogenannte parlamentarische Gruppe, also einen Zusammenschluss von Ratsmitgliedern, die sich «für einen bestimmten Sachbereich interessieren», wie es im Parlamentsgesetz heisst.
In den vergangenen Jahren sind die parlamentarischen Gruppen wie Pilze aus dem Boden geschossen: Waren es 1981 noch 19 Gruppen und 2004 deren 51, existieren derzeit nicht weniger als 112 parlamentarische Gruppen, wie einer Liste der Parlamentsdienste zu entnehmen ist.
Die neuste ist am Dienstagabend hinzugekommen: Bei einem festlichen Empfang in der Residenz des japanischen Botschafters wurde die Gruppe Schweiz - Japan offiziell ins Leben gerufen. Man ass Sushi, trank Sake – und bewunderte das Seidenkleid der Botschaftergattin. Dazwischen gabs Smalltalk und viele Erklärungen dazu, weshalb es höchste Zeit für diese Gründung war.
Ja, weshalb denn? Wir fragen die Co-Präsidenten, die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter und den Zürcher FDP-Ständerat Felix Gutzwiller. «In Japan gibt es bereits eine entsprechende parlamentarische Gruppe – eine ideale Plattform, um den Austausch mit anderen Kulturen zu pflegen», sagt Schneider-Schneiter.
Gutzwiller ergänzt: «Unsere Wertvorstellungen überschneiden sich trotz der grossen Distanz in vielen Punkten. Dennoch ist es wichtig, Gesprächspartner zu haben, die das andere Land gut kennen.» Er selbst sei zweimal privat nach Japan gereist, Schneider-Schneider sagt, sie habe bislang «keinen besonderen Bezug» zum Land der aufgehenden Sonne gehabt. In ihrer neuen Funktion habe sie sich nun aber eingehend mit dessen Kultur beschäftigt und plane für den Frühling 2016 einen Besuch vor Ort.
Einen Teil der Reisekosten wird sie mit Sponsorengeldern abzudecken versuchen, den Rest müssen Parlamentarier aus der eigenen Kasse bezahlen. Mittel aus dem Bundesbudget sind Tabu, schliesslich dürfen Mitglieder von parlamentarischen Gruppen von Gesetzes wegen nicht im Namen der Bundesversammlung auftreten. Von der Verwaltung erhalten sie einzig administrative Unterstützung – zum Beispiel Kopierleistungen oder Dokumentation. Sekretariatsaufgaben, die Mitarbeiter der Verwaltung früher auf freiwilliger Basis ausführten, wurden eingestellt. Sie könnten die «Neutralität der Parlamentsdienste beeinträchtigen», schreiben diese auf Anfrage.
Einzelne Politiker im Bundeshaus sitzen gleich in mehreren parlamentarischen Gruppen. Nationalrat Kurt Fluri (FDP, SO) etwa muss lange überlegen, bei welchen Gruppen, es sind immerhin deren acht, er im Vorstand ist – er schafft den Test dann aber doch. Er sei alles andere als ein Ämtlijäger. «Ausser Arbeit habe ich nichts davon», so Fluri. Nur ein Parlamentarier schlägt ihn punkto Aktivismus noch: CVP-Frak tionschef Filippo Lombardi, der gleich neun parlamentarischen Gruppen vorsteht – zumeist solchen mit Bezug zu anderen Ländern.
Ratskollege Gutzwiller ist dies ein Dorn im Auge. «Weniger wäre mehr», sagt er und plädiert dafür, dass man die Anzahl der aussenpolitischen Gruppen strafft – besser eine Gruppe mit dem ganzen Kontinent statt mit dessen einzelnen Ländern. Dass aus gerechnet er jetzt eine neue parla mentarische Gruppe gegründet hat, sieht Gutzwiller nicht als Widerspruch: «Japan ist für die Schweiz ein derart wichtiger Handelspartner, dass in diesem Fall eine Einzelgruppe sinnvoller ist.»