Das gibt es auch im langatmigen Politgeschäft nicht jeden Tag: Die parlamentarische Initiative zu strikteren Regeln beim Telefonverkauf, über die der Ständerat heute debattiert, datiert aus dem Jahr 2006 – und ihr Urheber, SP-Mann Pierre Bonhôte, sitzt schon seit bald sieben Jahren nicht mehr im Stöckli.
Doch still war es um das Geschäft über all die Jahre hinweg nicht. Im Gegenteil: Letzten Herbst hat die ständerätliche Rechtskommission Bonhôtes Vorstoss, der das Widerrufsrecht bei Telefonverkäufen einführen wollte, deutlich ausgeweitet. Neu sollen davon auch Online-Einkäufe betroffen sein. Auf gut Deutsch: Wer im Internet einen Gegenstand kauft, soll diesen – abgesehen von wenigen Ausnahmen – innert 14 Tagen zurücksenden können. Damit würde sich die Schweiz der EU-Regelung anpassen. Der Bundesrat unterstützt die Vorlage, da Konsumenten bei derartigen Verträgen, ähnlich wie beim Haustürverkauf, ein «erhöhtes Schutzbedürfnis» hätten.
Aus den betroffenen Branchen gibt es erbitterten Widerstand gegen ein grosszügigeres Widerrufsrecht. Hauptkritikpunkt: Ein Kauf im Internet könne nicht mit einem Kauf in einem Geschäft und schon gar nicht mit einem an der Haustüre oder am Telefon verglichen werden. Im Internet seien die Vergleichsmöglichkeiten um ein Vielfaches grösser – und kein Kaufdruck vorhanden.
Die Online-Händler befürchten, dass gerade im Bereich der Heimelektronik eine Systemänderung ausgenützt würde. «Nehmen wir das Beispiel eines Kunden, der für einen Filmabend mit Freunden einen Beamer kauft und ihn am nächsten Tag zurückschickt. Mit der Inbetriebnahme verliert die Ware deutlich an Wert», sagt Patrick Kessler, Präsident vom Verband des Schweizerischen Versandhandels. Zwar erlischt das Widerrufsrecht gemäss Gesetzesentwurf, wenn das Produkt mehr als einfach nur auf die Vertragsmässigkeit und die Funktionsfähigkeit geprüft wird, diese Abgrenzung sei aber schwierig, so Kessler. Die dadurch entstehenden Mehrkosten müssten letztlich auf die Konsumenten überwälzt werden.
Die Befürworter der Gesetzesänderung argumentieren mit dem Schutz der Konsumenten, der mit dem Online-Widerrufsrecht verbessert werde. Ausgerechnet das Konsumentenforum – eine Organisation, die sich den Konsumentenschutz ebenfalls auf die Fahne schreibt – positioniert sich aber genau auf der Linie der Online-Händler und sträubt sich gegen ein ausgeweitetes Widerrufsrecht. «Wir plädieren für die Eigenverantwortung der Konsumenten. Wenn die nicht wahrgenommen wird, bezahlen alle anderen den Preis», sagt Michel Rudin, Geschäftsführer des Konsumentenforums.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Gruppierung gegen andere Konsumentenorganisationen aufbegehrt. Auch bei der Fabi-Vorlage oder der Deklarationspflicht für Lebensmittel vertrat das Konsumentenforum eine diametral andere, zumeist bürgerliche Position. Der schweizweit bekannten Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) sind die «anderen» Konsumentenschützer ein Dorn im Auge. SKS-Geschäftsleiterin Sara Stalder: «Das Konsumentenforum lässt sich von der Wirtschaft einspannen. Das ist bemühend – gerade das Beispiel des Widerrufsrechts zeigt, dass es europaweit die einzige Konsumentenorganisation ist, die eine solche Haltung hat.»