Das Ziel von Julien Blanc ist immer dasselbe: Mit möglichst vielen Frauen im Bett zu landen. Die Methoden dazu sind, gelinde gesagt, ungewöhnlich. Man lande bei Frauen, wenn man etwa einfach ihren Kopf in den Schritt drücke. Und in seinen Seminaren empfiehlt er den «Choke Opener», einen plötzlichen Würgegriff, so der selbsternannte «Pick-up-Artist».
Was der Choke Opener ist, weiss Marina* nur zu gut. Auch, dass Blanc seine umstrittenen Methoden nicht nur den Seminarteilnehmern lehrt. Denn Marina war Blancs Opfer.
Die 32-jährige Schweizerin besuchte an einem Wochenende Anfang Mai den Zürcher Klub Zukunft. An jenem Wochenende weilte auch Julien Blanc in der Stadt. Für seinen Arbeitgeber Real Social Dynamics (RSD) führte er am 1. Mai ein dreistündiges Gratis-Seminar mit dem Titel «RSD Free Tour With Julien» durch, wie Recherchen zeigen. Anschliessend stürzte sich der aus Morges am Genfersee stammende Schweizer ins Zürcher Nachtleben.
Besagter Abend, vier Uhr morgens im Zürcher Club Zukunft: Marina will gerade nach Hause gehen, da winkt sie ein junger Mann zu sich. «Er sprach mich auf Französisch an und fragte mich, wie ich heisse.» Als sie ihren Namen nennt, antwortet er: «Nein, du bist Heidi und ich bin Peter.»
Im Schlepptau hat er fünf weitere Männer, gemäss Marina spricht keiner von ihnen Deutsch. Gut möglich, dass es seine Schüler sind, die den Meister in Aktion sehen sollen.
Das Gespräch verläuft erst relativ normal: Julien gibt seinen echten Namen Preis und erzählt, er sei geschäftlich für das Unternehmen Real Social Dynamics unterwegs. Er habe in einem Zürcher Luxushotel ein Seminar vor 2000 Leute gegeben.
«Er wirkte wie ein Angeber, aber ich habe mir nicht viel dabei gedacht», sagt Marina. Blanc berührt sie immer wieder, aber auch das ist in den frühen Morgenstunden in einem Club nicht weiter ungewöhnlich.
Was dann passiert, jedoch schon: «Nach etwa zehn Minuten Small Talk begann er aus dem Nichts heraus, mich mit einer Hand zu würgen und sagte: ‹Darauf stehst du doch›», sagt Marina.
Erschrocken befreit sie sich aus seinem Griff und wendet sich ab. Als sie sich noch einmal umdreht, zeigt ihr Julien den Stinkefinger. «Bedroht gefühlt habe ich mich nicht», so Marina, «ich habe mich aber aufgeregt. Das war absolut unverschämt.»
Nachdem Marina den Club verlassen hat, versucht es Blanc auch noch bei ihrer Freundin Anna*, die noch etwas länger bleibt, er winkt sie zu sich, doch sie geht nicht darauf ein. «Nachdem ich ihn abgewiesen habe, machte er mir gegenüber eine Kopf-Ab-Geste», sagt Anna, die Blanc als «ganz schrägen Typen» beschreibt. Ein weiterer Augenzeuge bestätigt gegenüber watson, Blanc an dem Abend im Club gesehen zu haben.
Marina und ihre Freunde wissen nicht, mit wem sie es an dem Abend zu tun haben. Doch die Neugierde über den Wichtigtuer verleitet Marina tags darauf zu einer Google-Recherche. Und da er seinen Namen, sein Unternehmen sowie das Seminarhotel preisgegeben hat, landet sie bald auf der Homepage von Julien Blanc. Wo dieser seine Methoden so anpreist: «Es ist anstössig, es ist unangemessen, es hinterlässt emotionale Wunden, aber es ist verdammt effektiv.»
Julien Blanc und Real Social Dynamics haben nicht auf Anfragen zu den Vorwürfen reagiert.
*Name der Redaktion bekannt.
Julien Blanc, el hombre más odiado del mundo http://t.co/B0zBmC3AFo pic.twitter.com/IodOIHtkv3
— Freddy Richard (@frerichro) 9. Dezember 2014