Wie viel die Schweiz für die Coronaimpfstoffe zahlt, ist streng vertraulich. Ein kürzlich veröffentlichtes Dokument liefert nun einen Hinweis, wenn auch in verklausulierter Form. In der «Botschaft über den Nachtrag IB zum Voranschlag 2022» heisst es: 2022 seien 623 Millionen fällig «für die Bezahlung von total 33 Millionen Impfdosen von den Firmen Moderna, Pfizer/Biontech und Novavax». Und weiter: «Von den Gesamtkosten für diese Impfdosen wurde rund ein Drittel bereits im Jahr 2021 in der Form von Reservationszahlungen geleistet.»
Die Formulierung ist kompliziert. Gemeint ist Folgendes, wie die Finanzverwaltung bestätigt: Ein Drittel der Gesamtkosten für die 33 Millionen Dosen wurde 2021 bezahlt, zwei Drittel sind dieses Jahr fällig. Aus diesen Angaben lässt sich ein Stückpreis errechnen: Wenn 623 Millionen zwei Drittel sind, betragen die Gesamtkosten 934.5 Millionen Franken. Daraus ergibt sich ein Preis von gut 28 Franken pro Impfdosis.
Das ist nur über den Daumen gerechnet, da die Angabe «rund ein Drittel» nicht präzise ist. Wie hoch die Gesamtkosten genau sind, will der Bund nicht sagen. Auch wie hoch der Stückpreis je nach Hersteller ist, bleibt unklar. «Wir machen keine Angabe zu den Preisen der verschiedenen Impfprodukte», erklärt das Bundesamt für Gesundheit. Wieder heisst es: vertraulich.
Die 28 Franken pro Dosis sind daher nur eine Annäherung – es könnten auch zwei Franken mehr oder weniger sein. Doch es ist immerhin ein Anhaltspunkt. Der Preis ist durchaus plausibel: Moderna hatte im August 2020 angekündigt, für kleinere Volumen zwischen 32 und 37 Dollar pro Impfdosis zu verlangen, umgerechnet also zwischen 29 und fast 34 Franken. Der Moderna-Impfstoff ist in der EU teurer als jener von Pfizer.
Dort sollen die Preise zuletzt gestiegen sein. Die «Financial Times» berichtete im August, der EU-Preis für Pfizer/Biontech steige von ursprünglich 15.50 Euro auf 19.50 Euro, jener von Moderna von 19 Euro auf 21.50 Euro. Dass der Schweizer Preis höher liegt, erklärt sich insbesondere damit, dass sie eine deutlich kleinere Menge kaufte als die EU.
Alfred Angerer ist Professor für Gesundheitsökonomie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Er sagt: «Die Schweiz hat nicht die gleiche Verhandlungsmacht wie die EU und es ist normal, dass sie einen Schweiz-Aufschlag bezahlt.» Liege der Stückpreis tatsächlich bei 28 Franken und stimmten die Angaben zur EU, so sei der Schweizer Preis rund ein Viertel höher.
«Verglichen mit anderen Preisaufschlägen ist das moderat», sagt Angerer. «Bei Medikamenten sehen wir teilweise höhere Schweiz-Aufschläge.» Zum Vergleich: Gemäss dem jüngsten Auslandpreisvergleich von Santésuisse und Interpharma sind patentgeschützte Medikamente im europäischen Ausland zwar nur rund 7 Prozent günstiger, Generika hingegen satte 45 Prozent.
Angerer sagt, beide Seiten hätten bei den Coronaimpfstoffen Anreize gehabt, fair zu verhandeln. «Hätten die Pharmafirmen den doppelten Preis verlangt, hätte ihnen sehr negative Presse gedroht. Und andererseits hatte die Schweiz absolut kein Interesse daran, die Verhandlungen platzen zu lassen.»
Ob der Impfstoff etwas weniger oder mehr koste, sei mit Blick auf die Gesamtkosten auch nicht derart relevant, sagt Angerer. Er hatte im Februar 2021 die Impfkosten auf Basis von bekannten Zahlen und Schätzungen berechnet. Er ging damals von zwei Impfungen aus und von einem Preis von 20 Franken pro Impfdosis. In seinen Berechnungen kam Angerer auf rund 500 Millionen Franken Gesamtkosten. Etwa 180 Millionen Franken davon machten gemäss seinen Berechnungen die Einkaufskosten für den Impfstoff aus. Der Rest sind unter anderem Personal- und Logistikkosten.
Die Verträge mit den Impfstoffherstellern sind derzeit noch unter Verschluss, der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte empfahl im Januar aber eine Offenlegung. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellte sich gegen eine Veröffentlichung, solange die Verhandlungen mit den Herstellern liefen. Sonst werde die eigene Position geschwächt, argumentierte die Behörde.
Nun dürften die Verträge bald publik werden. «Die Verhandlungen mit den Herstellern für das Jahr 2023 sind seit kurzem abgeschlossen», sagt ein BAG-Sprecher. «Derzeit laufen Diskussionen mit den Herstellern darüber, welche Schwärzungen in den Verträgen vorgenommen werden müssen.» Es geht laut BAG darum, dass die Vertragspartner ihre legitimen Interessen schützen können. Ob die Preise tatsächlich bekannt werden, ist also offen: Sie könnten auch geschwärzt werden. (aargauerzeitung.ch)
Aber mit den überteuerten Generika hat es eigentlich keinen direkten Zusammenhang.