Und plötzlich ging es schnell: Am 19. Dezember hat Swissmedic den Impfstoff von Pfizer und Biontech zugelassen. Am 23. Dezember wurde die erste Schweizerin geimpft – eine 90-Jährige aus dem Kanton Luzern. Wie Bundesrat Alain Berset am Montag beim Besuch des Impfzentrums in Basel sagte: «Wir sind früher dran als vor zwei Monaten gedacht.»
Sind wir das? Oder hat die plötzliche Zulassung des Impfstoffes die Kantone auf dem falschen Fuss erwischt? Und wieso geht es beispielsweise in Israel so viel schneller voran? Eine Übersicht im kantonal geregelten Impfdschungel Schweiz.
Um aufzuzeigen, dass es in Tat und Wahrheit doch nicht so schnell geht in der Schweiz, lohnt ein Blick in den Nahen Osten. Israel hat 8,9 Millionen Einwohner, also rund 300'000 mehr als die Schweiz. Beide Länder haben gemeinsam, dass sie letzte Woche mit dem Impfen angefangen haben.
In Israel haben rund 380'000 Menschen in dieser ersten Woche eine Anti-Corona-Spritze erhalten – das ist jedoch erst die Aufwärmphase. Ab Ende nächster Woche sollen täglich 150'000 Impfungen verabreicht werden. «Das ist Weltrekord, so etwas gibt es auf der ganzen Welt nicht», sagte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu am Samstag.
Kann diese Geschwindigkeit eingehalten werden, so werden Ende Januar 4,5 Millionen Impfdosen verabreicht worden sein. Da jede Person zwei Injektionen benötigt, entspricht das 2,25 Millionen geimpften Menschen – oder der ganzen Risikogruppe Israels. «Sobald wir mit dieser Phase fertig sind, können wir innerhalb von 30 Tagen aus dem Coronavirus herauskommen, die Wirtschaft öffnen und Dinge tun, die kein anderes Land tun kann», sagte Netanjahu.
In der Schweiz ist man noch weit davon entfernt, sich über eine mögliche Post-Corona-Zeit Gedanken machen zu können. Das hat drei wesentliche Gründe.
Die Schweiz hat sowohl eine nationale Impfstrategie als auch nationale Impfempfehlungen, welche sich aus der Strategie ableiten. Die Umsetzung liegt jedoch bei den Kantonen. «Da wird es also 26 verschiedene Umsetzungen geben», sagt Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen.
Bei solch einer komplexen Organisation sei es klar, dass man israelisches Niveau nicht werde erreichen können, meint Berger. In einigen Kantonen wird man grosse Impfzentren aufbauen, andere setzen auf Hausärzte und mobile Equipen.
Manche Kantone setzen auch auf beides. Und andere haben sich noch gar nicht entschieden, wie sie impfen werden wollen. In Israel, einem zentralistischen Staat, ist das einfacher. Seit letzter Woche stehen der Bevölkerung 280 Impfstationen im ganzen Land zur Verfügung.
Für Christoph Berger ist die Schweizer Gemächlichkeit aber nicht unbedingt ein Nachteil: «Vielleicht ist es ja gar nicht so problematisch, dass wir erst später bereit sein werden. Denn es braucht nicht nur Impfzentren, sondern auch eine willige Bevölkerung», sagt er. Herr und Frau Schweizer seien bei der Impffrage noch zurückhaltend «sie brauchen eine sehr individuelle Beratung und wollen sehr viele Informationen, bevor sie sich impfen lassen».
Der zweite Grund für den langsamen Impfprozess ist laut Berger unser Gesundheitssystem. Es sei nicht darauf ausgerichtet, Massenimpfungen durchzuführen.
«In der Schweiz läuft fast alles über den Hausarzt oder die Hausärztin. Viele Kantone müssen also das gesamte Impfprogramm mit grossen Zentren komplett aus dem Boden stampfen», sagt der Kinderarzt und Infektiologe. Die aktuell notwendigen parallel laufenden Aufbauarbeiten bis geimpft werden kann, seien dementsprechend ein Spiegel unseres Gesundheitssystems.
Zu guter Letzt verfügt die Schweiz noch gar nicht über die nötigen Impfdosen. Bisher sind rund 107'000 Dosen von Biontech und Pfizer eingetroffen. Dieses Vakzin hat bis jetzt auch als einziges eine Zulassung in der Schweiz. Im Januar werden 250'000 weitere Dosen erwartet – eine immer noch bescheidene Menge der total 3 Millionen reservierten Spritzen.
Die Schweiz hat eigentlich auf andere Pferde gesetzt. Von Moderna wurden 7,5 Millionen Dosen reserviert, von AstraZeneca 5,3 Millionen Dosen.
Wann genau die Zulassung für diese beiden Impfstoffe kommen wird, weiss man nicht. «Der Impfstoff von Moderna ist in den USA und Kanada bereits zugelassen», sagt Christoph Berger. In Europa erwarte man eine Zulassung voraussichtlich für Mitte Januar, «für die Schweiz dürfte es etwa ähnlich sein».
Bei dem AstraZeneca-Vakzin dürfte es indes länger gehen. «Die Studien sind noch nicht beendet, die Datenlage noch zu mager», sagt Berger. Es sei nicht klar, ob das Vakzin gleich wirksam ist wie jene von Pfizer und Biontech oder Moderna. Beim Impfstoff von AstraZeneca handelt es sich um ein vektorbasiertes DNA-Vakzin, nicht um einen mRNA-Impfstoff.
«Ich rechne nicht mit einer Zulassung im ersten Quartal 2021», so Berger. Auch der Ankündigung des Bundesamtes für Gesundheit, ab Januar 70'000 Leute pro Tag zu impfen, steht er skeptisch gegenüber. Er erwarte ein solches Volumen erst für Ende März oder Anfang April.
«Wir sind also klar langsamer. Aber ist das schlecht? Wenn der Plan funktioniert, dann wird die Bevölkerung – oder zumindest der Teil, der sich impfen lassen will – zufrieden sein.»
Es stimmt auch nicht, dass die ganze Bevölkerung impfskeptisch ist und speziell abgeholt werden muss. Viele, zuviele vielleicht, aber ein grosser Teil würde lieber heute als morgen den Arm hinhalten.
Typisch Schweiz, mittelmässige bis schlechte Leistung einfach als Win schönreden.
Ah, das kam ja sooo überraschend...
Ja.....