Die fiesen kleinen Blutsauger sind wieder unterwegs, und wie: In diesem Jahr sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) bereits 51 Fälle von Zeckenenzephalitis gemeldet worden - fast doppelt so viele wie im letzten Jahr. Grund für den Anstieg sind wohl der warme Frühling und die Waldspaziergänge während des Corona-Lockdowns.
Allein in den letzten vier Wochen habe das BAG 34 neue Fälle von Zeckenenzephalitis-Erkrankungen registriert, heisst es im BAG-Bulletin vom Dienstag. Vor einem Jahr waren es im gleichen Zeitraum noch 17 gewesen, vor zwei Jahren - einem Zecken-Rekordjahr - 25.
Mark Witschi, Leiter der Sektion Impfempfehlungen beim BAG, bestätigt, dass die Zahl der bis jetzt gemeldeten Fälle hoch ist im Vergleich zu den anderen Jahren. Er erklärt sich den Anstieg mit dem Zusammenspiel der Witterungsbedingungen und dem Verhalten der Menschen.
So seien die warmen Winter- und Frühlingsmonate optimal für die Zeckenvermehrung gewesen. Gleichzeitig hätten sich durch den Lockdown mehr Leute im Freien aufgehalten als in anderen Jahren.
Werner Tischhauser, Zeckenforscher an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und Mitentwickler der Präventions-App «Zecke», bestätigt diese Einschätzung. Seiner Ansicht nach trage das menschliche Verhalten allerdings mehr zum Zeckenstich bei, «als die an sich faul herumwartende Zecke», sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird durch ein Virus verursacht und kann einen schweren Verlauf nehmen. Die Zecken sind nur in bestimmten Gebieten von diesem Virus befallen. Gegen die FSME gibt es eine Schutzimpfung. Das BAG empfiehlt eine solche allen Erwachsenen und Kindern ab sechs Jahren, welche in Endemiegebieten wohnen oder sich zeitweise dort aufhalten.
Gegen die andere von Zecken übertragene Krankheit, die Borreliose, gibt es dagegen keine Impfung. Sie wird durch Bakterien verursacht und kann mit Antibiotika behandelt werden. Häufig verläuft die Infektion auch unbemerkt.
Gemäss dem Sentinella-Meldesystem des BAG wurden bis Ende April hochgerechnet 5200 Arztbesuche wegen Zeckenstichen gemeldet. In den Vorjahren waren es jeweils nur rund 2000 gewesen. Die Zahl der Borreliose-Erkrankungen hingegen verharrte auf dem Vorjahresniveau bei 1300 Fällen.
Nach Angaben von Witschi ist es gut möglich, dass die Zahlen durch die Corona-Zeit verzerrt wurden. Es könnte jedoch auch sein, dass die Zeckensaison wegen des warmen Frühlings früher eingetroffen sei. (aeg/sda)