Die Bevölkerung des evakuierten Brienz/Brinzauls im Kanton Graubünden kann wieder ins Dorf zurück. Die Evakuierung wird aufgehoben, das Betretungsverbot auf ein gefährdetes Gebiet nördlich des Bündner Bergdorfes reduziert.
52 Tage nach der Evakuierung wegen Bergsturzgefahr und 18 Tage nach dem grossen Schuttstrom kann in Brienz wieder das Alltagsleben einkehren. Das teilte die Gemeinde Albula/Alvra, zur der Brienz gehört, am Montag mit. Der Gemeindeführungsstab hatte zuvor entschieden, die Evakuierung um Mitternacht aufzuheben.
Die 84 Einwohnerinnen und Einwohner können bereits die Nacht auf Dienstag wieder im Dorf verbringen. Das Gleiche gilt für Dauernutzer von Zweitwohnungen. Der Zutritt für Dritte und für Medienschaffende ist ab Dienstag wieder erlaubt. Die Luftraumsperre über dem Gebiet wird ebenfalls am Dienstag aufgehoben.
Der Gemeindeführungsstab hat für das Gebiet rund um Brienz die Phase «gelb» ausgerufen. «Der Aufenthalt im Dorf ist nun wieder sicher», schrieb die Gemeinde. Sollte sich die Gefährdungslage wieder verschlechtern, könne eine erneute Evakuierung des Dorfes aber nicht ausgeschlossen werden.
Das Betretungsverbot für gefährdete Gebiete wird markant verkleinert. Statt bis hinunter an die Bahnlinie unterhalb des Dorfes reicht es vom Plateau weit über dem Dorf noch bis etwa auf dessen Höhe. Bestimmte Wanderwege bleiben wegen der Gefahr von Steinschlag gesperrt.
Die Zufahrt nach Brienz ist von Osten, von der Seite Surava/Alvaneu her, ab Dienstag wieder frei. Die Zufahrt von Westen steht hingegen nur den Einwohnerinnen und Einwohnern, den Nutzern von Zweitwohnungen sowie Lieferanten offen.
Eine künftige Gefährdung für das Dorf könnte vom Bereich «Plateau» hoch über dem Dorf ausgehen, schrieb die Gemeinde in der Mitteilung. Daraus könnten zwei bis vier Millionen Kubikmeter sprödes Gestein abrutschen oder abstürzen. Der gesamte Bergsturz-Hang wird weiterhin durch ein Frühwarnsystem überwacht und laufend durch ein Team aus erfahrenen Expertinnen und Experten für Geologie und Naturgefahren beurteilt.
«Ein grösseres Ereignis, welches das Dorf erneut gefährden könnte, wird sich wiederum über Wochen oder Monate im Voraus abzeichnen», versicherte die Gemeinde. Es würde genügend Zeit verbleiben, die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Tiere in Sicherheit zu bringen.
Einsatzkräfte bleiben aber für den unwahrscheinlichen Fall vorbereitet, dass das Dorf sofort oder innert weniger Stunden evakuiert werden müsste. Sollte das geschehen, würden Alarmsirenen eingesetzt und die strengeren Phasen «rot» oder «blau» ausgerufen.
Brienz/Brinzauls war am 12. Mai evakuiert worden. Aus dem mächtigen Berghang oberhalb des Dorfes drohten bis zu zwei Millionen Kubikmeter Gestein abzustürzen, das Volumen von 2000 Einfamilienhäusern. In der Nacht auf den 16. Juni gingen 1,2 Millionen Kubikmeter Fels als gewaltiger Schuttstrom ab. Dieser stoppte kurz vor dem Dorf und liess es unbeschädigt zurück. (sda)