Die von Unwettern und Murgängen im Misox schwer getroffene Gemeinde Lostallo rechnet mit mindestens zwei Jahren, um die Folgen der Naturkatastrophe zu beseitigen. Das erklärten die örtlichen Behörden am Montag vor den Medien. Die Stimmung im Tal ist dennoch zuversichtlich.
Die Gemeinde Lostallo im bündnerischen Südtal befinde sich immer noch in der Notfallphase, sagte Decio Cavallini von der Regionalen Koordinationsgruppe. Zuerst müssten Analysen der Geschehnisse abgeschlossen und Gefahrenkarten entsprechend aktualisiert werden. Erst auf deren Grundlage könne man mit grösseren Bauprojekten beginnen, wie etwa der Erhöhung von Schutzdämmen.
«Im Misox gibt es 25 Baustellen, um die Unwetterschäden zu beheben, 15 davon in Lostallo», erklärte Gemeindepräsident Nicola Guidicetti«, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zudem stünden in den nächsten Jahre grosse Schutzprojekte an. »Eine kleine Gemeinde wie wir kann das alleine nicht stemmen«, betonte er. Zum Glück würden Bund und Kanton 80 Prozent der Kosten übernehmen.
Zudem seien bereits knapp zwei Millionen Franken an Spenden eingegangen. »Die landesweite Solidarität hat mich im Herzen bewegt«, sagte der Gemeindepräsident.
Die Bedeutung der Schutzbauten zeigte Giudicetti bei einer Besichtigung des Schutzdammes von Lostallo für die Medien. Der Damm hatte den grössten Murgang erfolgreich am Dorf vorbeigeleitet. Nur Wasser und Schlamm schwappten darüber und flossen zwischen die Häuser. Dutzende mannshoher Felsbrocken blieben am Damm hängen.
»Der Schutzdamm hat ein ganzes Dorf gerettet«, betonte der Gemeindepräsident. »Das Schutzsystem funktioniert.« Nun müsse es einfach an den Schwachstellen verstärkt und ausgebaut werden.
Unzureichenden Schutz hatte etwa die talwärts liegende Gemeindefraktion Sorte. Der Murgang erreichte eine Siedlung von knapp zehn Gebäuden, zerstörte drei davon und beschädigte die anderen. Bis verlässliche Schutzbauten vorhanden sind, können deren rund 20 Bewohner nicht zurück.
»Das könnte durchaus zwei Jahre dauern«, erklärte Giudicetti. Allenfalls komme man aber auch zum Schluss, dass ein Schutz für diesen Teil von Sorte nicht realisierbar sei. Der Dorfteil bliebe in diesem Fall unbewohnbar.
Im Allgemeinen komme die Bevölkerung mit der Situation recht gut klar und habe Kraft, sagte der Gemeindepräsident. Und weiter: »Es ist eine Bergbevölkerung und die will, dass wir das alles wieder herstellen.« Zudem kehre langsam die Normalität zurück. Wichtig sei, dass Lostallo über die wieder eröffnete Autobahn von beiden Seiten erreichbar sei. »Das Unwetter hat uns noch stärker zusammengeschweisst", sagte Guidicetti.
Wie die am Montag nach Lostallo angereisten Journalistinnen und Journalisten erlebten, sind auch die in die Schadensbewältigung involvierten lokalen und regionalen Führungskräfte voller Energie und Optimismus. Tatendrang statt Katastrophenstimmung lautet im Misox offensichtlich die Devise.
Die Unwetter vom 21. Juni hatten im Bündner Südtal zu grossen Überschwemmungen und Erdrutschen geführt. Zwei Menschen kamen ums Leben, eine Person wird weiterhin vermisst.
Ein Murgang hatte das Dorf Sorte der Gemeinde Lostallo erfasst. Etwa ein Quadratkilometer Kulturland wurde dabei verschüttet. 290'000 Kubikmeter Geröll und Schlamm müssen nun weggeräumt werden. Die Gemeinde bezifferte den Gesamtschaden auf ihrem Gebiet bisher auf 38 Millionen Franken. (hkl/sda)