Die Geduldsprobe für Kunden der Deutsche Bahn geht weiter. Nach erheblichen Verkehrsproblemen am ersten Tag setzt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihre Streiks fort und droht mit weiteren Ausständen. Die SBB raten von Reisen nach Deutschland bis Freitagmorgen ab.
Die GDL setzt ihren Streik konsequent fort. Dies hat bei der Deutschen Bahn am Mittwoch zu erheblichen Problemen im Nah- und Fernverkehr geführt. Sie rechnet auch bis zum angekündigten Streikende in der Nacht zum Freitag mit zahlreichen Zugausfällen.
Aufgrund eines Streiks der GDL kommt es vom 11. bis 13.8.2021 zu massiven Beeinträchtigungen des Fern- und Regionalverkehrs der DB. Wenn möglich, verschiebt bitte geplante Reisen. Aktuelle Infos auf https://t.co/rnaSSELCgU und https://t.co/j7vLplli3M #gdlstreik
— Deutsche Bahn Personenverkehr (@DB_Bahn) August 10, 2021
Auf Pendler und Touristen kommen in Deutschland somit auch am Donnerstag Probleme zu. Nach dem Ersatzfahrplan werden erneut drei Viertel der Fernzüge nicht fahren, während es in den Regio-Netzen zu unterschiedlich Störungen kommen soll. Die Deutsche Bahn setzt nach eigenen Angaben alles daran, am Freitag wieder den Regelbetrieb zu fahren.
Der Streik hat auch Auswirkungen für Reisende aus der Schweiz. Die Situation sei derzeit sehr volatil, teilte SBB-Mediensprecherin Ottavia Masserini am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Reisen sollten besser auf die Zeit nach dem Streik verschoben werden.
Grundsätzlich verkehrten derzeit nur die Züge zwischen Zürich-Basel-Hamburg, alle anderen Verbindungen nach Deutschland fielen im Prinzip aus, teilte Masserini mit. Es gebe nur ein paar wenige andere Züge, die trotz des Streiks fahren würden.
Reisende, die ihre Reise aufgrund des Streiks verschieben wollen, können ihr bereits gebuchtes Ticket bis einschliesslich Freitag, dem 20. August entweder «flexibel nutzen» oder kostenfrei stornieren. Auch Sitzplatzreservierungen könnten kostenfrei umgetauscht werden.
Derweil gab sich GDL-Chef Claus Weselsky kämpferisch und drohte mit weiteren Streiks. Man werde mit der ersten Massnahme nicht durchkommen, sagte er vor Gewerkschaftern in Berlin. «Von daher brauchen wir einen langen Atem.» Eine Entscheidung über weitere Arbeitskampfmassnahmen soll in der kommenden Woche fallen.
Die Lokführergewerkschaft kämpft um mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn. Anders als die grössere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will sie in diesem Jahr keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptieren. Gefordert wird eine Lohnerhöhungen wie im öffentlichen Dienst von rund 3.2 Prozent sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro.
Wegen Milliardenverlusten in der Pandemie will die Bahn die Erhöhung auf spätere Stufenzeitpunkte verteilen, bei einer Vertragslaufzeit von 40 Monaten. Hinzu kämen Leistungen zur Altersvorsorge und der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.
Laut Bahn gefährdet der Streik die Lieferketten der deutschen und europäischen Industrie. Momentan stünden rund 190 Güterzüge im Stau. Mit grossem Aufwand und enger Zusammenarbeit mit anderen Bahnbetrieben fahre die Güterverkehrs-Tochter DB Cargo die versorgungsrelevanten Züge etwa zu Kraftwerken oder grossen Industriebetrieben.
Sorgen bereitet der Bahn in Corona-Zeiten der Platzmangel in den wenigen verbliebenen Zügen. «Die Züge werden dadurch natürlich voller als sie es sonst sind. Das macht die Sache nicht gerade leichter, denn wir versuchen ja in Pandemiezeiten möglichst viel Abstand zu bieten», sagte ein Bahnsprecher in Berlin. Er kritisierte die GDL für die kurzfristige Streikankündigung.
Viele Reisende hatten aber die GDL-Ankündigung vom Dienstagvormittag mitbekommen und stiegen auf andere Verkehrsmittel um. Wegen des Passagierandrangs setzt die Lufthansa bis einschliesslich Freitag grössere Flugzeugtypen auf ihren innerdeutschen Flügen ein, wie eine Sprecherin berichtete.
Auch Fernbus-Anbieter Flixbus sowie Mietwagen-Anbieter verzeichneten eine deutlich erhöhte Nachfrage. Damit stiegen auch die Preise. Flixbus wie Lufthansa arbeiten mit automatisierten Buchungssystemen, die teurere Buchungsklassen aufmachen, wenn die Plätze knapp werden. Ungewöhnlich lange Staus gab es im Berufsverkehr dank den Schulferien hingegen nicht. (sda/awp/dpa)