Wie weiter nach dem Scheitern des Rahmenabkommens? Der Plan des Bundesrats zeichnet sich nicht durch grosse Klarheit aus. Aber auch bei den Befürwortern des Vertrages gibt es noch keine einheitliche Position.
Was die Unterstützer eint, ist die Enttäuschung. «Der Bundesrat hat einen fundamentalen Fehlentscheid getroffen, der zu einem Zerfall der Bilateralen Verträge führt», sagt Tiana Moser, die Fraktionschefin der Grünliberalen – jener Partei, die das Abkommen ohne Vorbehalte unterstützt. Moser kritisiert, dass der Bundesrat die Verhandlungen «ohne Alternativkonzept» abgebrochen habe.
Die «stabile Basis» könnte mit der Lancierung einer Volksinitiative erreicht werden. Die Frage ist nun, was sie fordern soll: den Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union, zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) – oder aber ein neues Rahmenabkommen.
SP-Nationalrat Fabian Molina meint, dass das Ende des Rahmenvertrags der Souveränität der Schweiz schade. Molina ist dafür, eine Volksinitiative für den Beitritt des Landes zur EU zu starten. Er betont:
Molinas Parteikollege Eric Nussbaumer ist Präsident der Europäischen Bewegung. Diese bezeichnet eine EU-Mitgliedschaft der Schweiz als «sinnvollste aller Varianten», um das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU dauerhaft zu regeln. Nationalrat Nussbaumer sagt, dass die Bewegung die Lancierung einer Volksinitiative prüfe: eine EWR- oder EU-Beitritts-Initiative. Ziel sei es, die europäische Integration der Schweiz zu bewahren. Denn der politische Dialog mit der EU, von dem der Bundesrat nun spreche, werde selbstverständlich nicht genügen.
Auch die Operation Libero prüft «mit Hochdruck» die Lancierung einer Volksinitiative, wie Mediensprecher Stefan Schlegel sagt. Weder aus dem Bundesrat noch aus dem Parlament komme eine Lösung, was das Verhältnis der Schweiz zur EU anbelange. Bei der Operation Libero steht die «Lösung der institutionellen Fragen mit der EU» mit einem neuen Rahmenvertrag im Vordergrund. Dafür sucht die Politorganisation nun «eine tragfähige Koalition.» Die Hegemonie der SVP in der Schweizer Europapolitik müsse gebrochen werden, sagt Schlegel. Die Operation Libero war erfolgreich darin, Volksinitiativen der SVP abzuschmettern. Jetzt schickt sie sich an, selber ein Volksbegehren auszuarbeiten.
Die Befürworter des Rahmenvertrags sind aufgebracht darüber, dass der Bundesrat das Abkommen eigenständig versenkt hat. Ob sich daran noch etwas ändern lässt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Meinung herrscht vor, dass der Zug abgefahren sei.
Nicht einverstanden ist Markus Notter, vormaliger Zürcher SP-Regierungsrat. Ein Abbruch der Verhandlungen über den Rahmenvertrag bewirke faktisch eine Änderung der Abkommen der Schweiz zum EU-Marktzugang, sagt Notter. «Für Vertragsänderungen braucht es die Genehmigung der Bundesversammlung. So steht es im Artikel 166 der Bundesverfassung.» Die Interpretation ist gewagt, denn die Bilateralen Verträge bleiben bestehen. Sie werden wohl aber nicht mehr aktualisiert.
Altbundesrätin Micheline Calmy-Rey erwartet nun eine Debatte über den EU-Beitritt. «Es ist aber zu früh, den Beitritt auf den Tisch zu bringen. Vor allem sollte man ihn nicht als einzige Alternative sehen», sagt Calmy-Rey.
Die vormalige Aussenministerin bezeichnet den Entscheid des Bundesrates als «eine Erleichterung.» Die Ungewissheit sei Gift für die Debatte in der Schweiz gewesen. «Das Rahmenabkommen hat in der Schweiz alle gespalten: den Bundesrat, das Parlament, die Parteien und die Familien.» (bzbasel.ch)
Hingegen ein EWR Beitritt könnte gar knapp auf Zustimmung treffen…