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So reagiert die Schweiz auf die EU-Verträge

SVP Nationalrat Marcel Dettling, SZ, SVP Praesident, und zwei weitere SVP Nationalraete stehen in einer Inszenierung auf einen geschnuerten Stapel Papier, welcher die Vertraege mit der EU repraesentie ...
Vertreter einer gewissen Sünnelipartei treten am Freitag vor dem Bundeshaus symbolisch auf das Vertragspaket.Bild: keystone

«Schwarzer Tag für die Demokratie»: So reagiert die Schweiz auf die EU-Verträge

Der Bundesrat hat die mit der EU ausgehandelten bilateralen Verträge am Freitag gutgeheissen und in die Vernehmlassung geschickt. Hier findest du die Reaktionen der grossen Schweizer Parteien und Verbände.
13.06.2025, 17:3613.06.2025, 17:36
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GLP

Die Verträge mit der EU bringen der Schweiz laut den Grünliberalen wirtschaftliche Sicherheit und politischen Handlungsspielraum. Die Abkommen sorgten für Rechtssicherheit, sicherten Arbeitsplätze im Inland und ermöglichten die Teilnahme an den europäischen Bildungs- und Forschungsprogrammen, teilte die Partei im Rahmen einer ersten Reaktion mit.

«Wer jetzt zaudert, riskiert Stillstand. Die GLP sagt mit Überzeugung ja und fordert die anderen Parteien auf, endlich Verantwortung zu übernehmen», wird GLP-Präsident Jürg Grossen in der Mitteilung vom Freitag zitiert. Gerade in geopolitisch unsicheren Zeiten sei es wichtig, das Fundament für den für die Schweiz vorteilhaften Zugang zum EU-Binnenmarkt zu stärken.

Für die GLP sei zentral, dass die Schweiz eine Partnerin auf Augenhöhe mit den EU-Staaten bleibe und Schweizer Unternehmen mit den Abkommen weiterhin dringend benötigte Arbeitskräfte aus der EU verpflichten könnten. Die Verträge gewährleisteten, dass nur Arbeitszuwanderung zu einem Aufenthaltsrecht führe. Und dank einer regional flexiblen Schutzklausel sei man «in allen Landesteilen gegen eine übermässig hohe Einwanderung gewappnet», hiess es weiter.

Die EU sei der Schweiz in zentralen Punkten entgegengekommen. Mit den neuen Verträgen werde den Interessen der Schweiz und ihrer Bevölkerung Rechnung getragen.

Arbeitgeberverband

Mit dem Start der Vernehmlassung zum Botschaftsentwurf der Bilateralen III habe der Bundesrat einen bedeutenden Meilenstein erreicht, den die Arbeitgeber begrüssten, wie der Schweizerische Arbeitgeberverband in einer Medienmitteilung schreibt.

Insbesondere die in den Verträgen festgehaltenen 13 Lohnschutzmassnahmen seien zufriedenstellend. Die Massnahmen stellten die Absicherung des inländischen Lohnschutzniveaus sicher, ohne den liberalen Arbeitsmarkt zu gefährden.

Allerdings lehne der Arbeitgeberverband weiterhin eine Massnahme zur Umsetzung eines verbesserten Kündigungsschutzes für gewählte Arbeitnehmervertreter. Die Arbeitgeber würden nun den Botschaftsentwurf vertieft prüfen und im Sommer einen Entscheid fällen.

SVP

Die SVP Nationalraete Marcel Dettling, SZ, SVP Praesident, Yvan Pahud, VD, und Paolo Pamini, TI, von rechts, zusammen mit einem Kollegen, der eine Maske von Bundesrat Ignazio Cassis traegt, inszeniere ...
Die Herrschaften der SVP stehen nicht hinter dem Vertragspaket, wie sie bei einer Aktion vor dem Bundeshaus am Freitag zeigten.Bild: keystone

SVP-Parteipräsident Marcel Dettling hat die am Freitag veröffentlichten Verträge mit der EU als direkten Angriff auf die Schweizer Demokratie bezeichnet. Denn damit würde die Schweiz der EU untergeordnet.

Der 13. Juni sei ein schwarzer Tag für die Schweizer Demokratie, schrieb die SVP in einer Mitteilung. Die EU-Turbos wollten mit den Verträgen den Schweizerinnen und Schweizern das Stimmrecht entziehen, wird Dettling darin zitiert. Die Schweiz würde in Zukunft alle EU-Gesetze und «die ganze EU-Bürokratie übernehmen müssen». Aber die SVP werde die Schweiz verteidigen.

Nach Ansicht von SVP-Nationalrat Yvan Pahud (VD) hätte der Europäische Gerichtshof künftig «in allen wichtigen Bereichen wie der Zuwanderung, dem Schutz unserer Grenzen und der Kaufkraft das letzte Wort». So zum Beispiel bei der Ausweisung von ausländischen Straftätern, der Besetzung von Arbeitsplätzen oder einer Mehrwertsteuer von 15 Prozent.

Nationalrat Paolo Pamini (TI) nannte die Verträge «ein geplanter Kniefall gegenüber der EU». Die SVP verlange deshalb, dass jede Entscheidung über die Souveränität dem Volk und den Kantonen zur Abstimmung vorgelegt werde. Und an Aussenminister Ignazio Cassis appelliert die Partei, die Freiheit und die Souveränität der Schweiz zu verteidigen.

Grüne

Die Grüne begrüsst die Vernehmlassung für die Bilateralen 3, wie die Partei in einer Medienmitteilung erläutert. Das Abkommen sei ein Garant für stabile Beziehungen zwischen der Schweiz und deren engsten politischen Partnerin, der EU.

Insbesondere das Stromabkommen mit der EU sei zu begrüssen, heisst es weiter. Damit würde der Bedarf an fossilen Notkraftwerken, Reservekapazitäten und letztlich klimaschädlicher Überproduktion reduziert. «Wer das Stromabkommen bekämpft, führt die Schweiz ins Stromréduit», sagt Parteipräsidentin Lisa Mazzone.

Man werde nun zum Verhandlungsergebnis und den notwendigen innenpolitischen Begleit- und Umsetzungsmassnahmen Stellung beziehen. Klar sei jedoch jetzt schon: Eine Schutzklausel lehne man ab; die Rechte von Ausländern sollen ausgebaut werden, statt den sozialen Fortschritt der Personenfreizügigkeit zurückzubauen.

SP

Die SP hat das Verhandlungspaket mit der EU begrüsst. Der vorliegende Kompromiss sichere Arbeitsplätze in der Schweiz. Das sei ein «Erfolg für alle Menschen in unserem Land».

Das Paket erlaube es der Schweiz, die Beziehungen zur EU zu stabilisieren und weiterzuentwickeln, schrieb die SP in einer Reaktion am Freitag. Und es schaffe Rechtssicherheit. Der Kompromiss der Sozialpartner sei ausserdem «eine solide Grundlage für ein mehrheitsfähiges Gesamtpaket». Dieses dürfe nicht mehr verzögert oder geschwächt werden.

Die SP fordere die FDP, die Mitte und die Wirtschaftsverbände deshalb dazu auf, «gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und sich klar hinter das Stabilisierungspaket zu stellen». Das Erreichte dürfe nicht mehr aufs Spiel gesetzt werden, wird Co-Präsidentin Mattea Meyer in der Mitteilung zitiert.

Mitte

Für die Mitte sind die vorliegenden Verträge ein «klarer Fortschritt» im Vergleich zum Rahmenabkommen von 2018. Dem Bundesrat sei es gelungen, in wichtigen Bereichen Verbesserungen zu erreichen.

So gestehe die EU der Schweiz beim Lohnschutz Sonderregeln zu, wie beispielsweise die Non-Regression-Klauseln, teilte die Mitte in einer Reaktion am Freitag mit. Damit anerkenne die EU, dass die Schweiz als Hochlohnland besonders exponiert sei.

Auch bei der Unionsbürgerrichtlinie sei die EU der Schweiz entgegengekommen, vor allem indem sie die strengeren Verfassungsbestimmungen der Schweiz zur Ausschaffung krimineller Ausländer akzeptiere.

Dem Bundesrat sei es auch gelungen, die bisherige Schutzklausel zu konkretisieren. Es seien jedoch zusätzliche Massnahmen nötig, um die «Keine-10-Millionen-Schweiz-Initiative» zu bekämpfen. Denn deren Annahme würde das aktuelle Verhandlungsergebnis und den gesamten bilateralen Weg gefährden. Deshalb brauche es einen direkten Gegenentwurf auf Verfassungsebene, wird Parteipräsident Gerhard Pfister in der Mitteilung zitiert.

economiesuisse

Der Wirtschaftsverband economiesuisse steht hinter dem bilateralen Weg, wie es in einer Medienmitteilung heisst. Die Bilateralen hätten der Schweiz in den vergangenen Dekaden Wohlstand und Sicherheit gebracht, ein Wegfall würde zu einer erheblichen Schwächung der Schweizer Wirtschaft führen.

Mit der Aktualisierung der bestehenden Binnenmarkt-Abkommen könne der Zugang zum EU-Markt langfristig solide Beine gestellt werden. Besonders die Zusammenarbeit in ausgewählten Bereichen wie Forschung und Entwicklung sei positive herauszuheben, wie auch die Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit.

FDP

Die FDP hat nach der Veröffentlichung der Verträge mit der EU «alle konstruktiven Kräfte im Land» aufgerufen, die neuen Verträge auf ihre Vor- und Nachteile zu prüfen. «Etwas Gelassenheit» könne dabei nicht schaden. Denn die Schweiz habe mit oder ohne Verträge Bestand.

Die neuen Verträge hätten zum Ziel, «die Vorteile des bilateralen Weges für die Schweiz zu sichern», schrieb die FDP am Freitag in einer Stellungnahme. Gleichzeitig sei klar, dass sie auch Verpflichtungen gegenüber der EU formalisierten.

Die Partei habe deshalb ein 12-köpfiges Gremium aus Befürwortern und Kritikern zusammengestellt, das der Delegiertenversammlung am 18. Oktober Vorschläge zu Positionierung vorlegen werde. Diese werde über die Position der FDP entscheiden.

Auf keinen Fall werde die FDP aber «einen linken Angriff auf den liberalen Arbeitsmarkt akzeptieren». Die «radikalen Forderungen der SP und Gewerkschaften» gefährdeten die Arbeitsplätze und den Wohlstand der Schweiz. Gleichzeitig sabotiere die SVP die Bilateralen bei jeder Gelegenheit. Das erlaube es den Gewerkschaftsbossen, «erpresserische Forderungen» zu stellen.

Ausserdem hänge die Kündigungsinitiative der SVP «wie ein Damoklesschwert» über dem Land. Sie würde den bilateralen Weg in seiner Gesamtheit zerschlagen. (sda)

(cpf, ergänzt mit Material der sda)

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Die beliebtesten Kommentare
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{Besserwisser}
13.06.2025 18:23registriert Dezember 2018
Alle ziehen am gleichen Strick, ausser die SVP. Die SVP wartet noch auf die Verträge aus Russland.
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Rethinking
13.06.2025 17:58registriert Oktober 2018
JA zu den Bilateralen

JA zur Zusammenarbeit mit der EU

JA zu Europa
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s'Paddiesli
13.06.2025 18:51registriert Mai 2017
Ach, die SVP/Dettlng sagen auch mit Nachdruck Njet, selbst wenn ein eigener Vorschlag 100% von der EU übernommen werden würde.
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