Aussenminister Ignazio Cassis hat am Dienstag seinen österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg im Bundeshaus empfangen. Beim offiziellen Besuch standen unter anderem sicherheitspolitische Fragen und die Neutralität auf dem Programm.
Durch den regen Austausch der beiden Länder sei die Zusammenarbeit beider Länder solid, dynamisch und gewinnbringend auf allen Ebenen, sagte Cassis vor den Medien. Ein gutes Beispiel dafür sei der Hochwasserschutz am Rhein, der dementsprechende Staatsvertrag solle im Mai unterschreiben werden. Geplant war am Treffen auch ein Austausch über den Stand der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU.
Die Annäherung der Westbalkanstaaten an die EU stehe ebenso auf dem Programm wie die Zusammenarbeit in Bezug auf den Krieg in der Ukraine, sagte Cassis vor den Gesprächen. Er wolle Schallenberg bei den Gesprächen über die auf dem Bürgenstock geplante Ukraine-Konferenz informieren. Man werde sich auch über Wien als Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) austauschen. Die Organisation liege beiden Ländern am Herzen, doch sie habe wegen des Krieges Mühe voranzukommen. Wichtiges Thema sei auch die Lage im Nahen Osten.
Er sei guten Mutes für den Neustart der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU, sagte Schallenberg vor der Presse. Österreich stehe der Schweiz dabei als Freund, Nachbar und Partner zur Seite, denn das Land habe ein ureigenes Interesse an enger Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU.
Er betonte ebenfalls, dass die beiden Länder vieles verbinde, so unter anderem multilaterales Engagement. Und seit bald 70 Jahren verbinde beide Länder eine starke neutralitätspolitische Achse.
«Es ist ein Instrument einer aktiven, engagierten Aussenpolitik», so Schallenberg. Neutralität bedeute nicht Gleichgültigkeit, Desinteresse, Kleinmut oder Werte- und Gesinnungsneutralität. Es sei der Beitrag zur Aufrechterhaltung einer regelbasierten, internationalen Ordnung. «Gegenüber Terror und Verletzung des Völkerrechts kann es nie Neutralität geben», sagte er weiter. Österreich unterstütze zudem die Ukraine-Konferenz in der Schweiz sehr. Sie solle Raum für Diplomatie bieten.
Cassis sagte, es gebe keinen Friedensprozess ohne Russland. Das Land müsse an Bord kommen. Er erwarte von der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock, dass sie einen Prozess eröffne, denn diesen gebe es heute nicht. Es gebe zwar keine Erfolgsgarantie, aber die Alternative, nichts zu tun, erscheine ihm nicht der richtige Weg. Die Einladungen seien noch nicht verschickt worden, man sei aber bald soweit. Die Konferenz sei dann erfolgreich, wenn sie einen Friedensprozess eröffne oder eine Zwischenetappe dazu sei, so Cassis.
Neben einem Vier-Augen-Gespräch war auch ein Besuch des neuen Kommandos «Cyber» der Schweizer Armee geplant, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) im Vorfeld mitteilte.
Österreich gehörte laut EDA 2023 weltweit zu den zehn wichtigsten Handelspartnern der Schweiz. In den letzten fünf Jahren belief sich das Handelsvolumen mit Österreich auf durchschnittlich 17 Milliarden Franken. 2022 war Österreich der siebtgrösste Handelspartner der Schweiz.
Der 54-jährige Jurist Schallenberg hat einen besonderen Bezug zu Bern: Der Spross einer Diplomatenfamilie mit adligem Hintergrund wurde in der Schweizer Hauptstadt geboren. (sda)