Linda Hornisberger, Sie sind Ausbildungschefin für Verschüttetensuchhunde bei der Organisation Redog. Haben die Helferinnen und Helfer mit ihren Hunden die Krisenregion schon erreicht?
Linda Hornisberger: Nachdem der Bund Redog angefragt hatte, wurde am Montagabend ein Einsatzteam mit dem Regajet nach Adana geflogen. Von dort aus ging es für die sechs Hunde und zehn Redog-Mitglieder zusammen mit der türkischen Partnerorganisation GEA in den Bezirk Hatay in die Stadt Iskenderun. Ein zweites Team flog mit der Rettungskette Schweiz ebenfalls in den Bezirk Hatay und ist jetzt vor Ort nahe der Stadt Antakya. Seit Dienstagmorgen sind nun alle im Einsatz.
Wie sieht es vor Ort aus? Was erzählen Ihre Einsatzkräfte?
Sehr viele Häuser sind komplett zusammengestürzt. Die Region befindet sich in einer katastrophalen Lage. Die Menschen versuchen, sich aufgrund der Nachbeben an möglichst sicheren Orten aufzuhalten. Währenddessen suchen unsere Hunde nach verschütteten Überlebenden. Jetzt zählt jede Stunde. Die Leute liegen unter den Trümmern im Sterben, weil es sehr kalt ist, weil sie verletzt sind und weil sie dringend medizinische Hilfe brauchen.
22 REDOG Mitglieder und 14 Hunde bereiten sich im Moment auf den Abflug ins #Erdbeben|gebiet in der #Türkei vor. Ein Team fliegt mit der #Rettungskette der #Deza, das zweite Team geht mit unserem Partner @GEA__SAR in den Einsatz. pic.twitter.com/syI1ZU12zt
— REDOG Medienstelle (@redogtweets) February 6, 2023
Hat Redog in der Türkei inzwischen bereits Menschen gerettet?
Dazu kann ich noch keine gesicherten Angaben machen.
Haben Ihre Hunde bereits Erfahrung in Katastrophengebieten?
Nein, wenn Redog im Ausland zum Einsatz kommt, dann ist etwas ganz Schlimmes passiert. Und glücklicherweise passiert das nicht so häufig. In der Schweiz kommen unsere Hunde aber durchaus ab und zu zum Einsatz. Dabei handelte es sich bisher aber nie um Katastrophen in diesem Ausmass.
Wie lange dauert die Ausbildung der Hunde?
Sicher vier Jahre, da die Schweiz einen sehr anspruchsvollen Einsatztest hat. Vor allem Jagdhunde werden häufig ausgebildet. In der Türkei suchen jetzt Golden Retriever, Malinois, Border Collies, Schäferhunde, Australian Sheppards und Mischlinge nach Verschütteten. Wichtig ist, dass die Hunde beweglich, ausdauernd und sehr arbeitsfreudig sind. Im Ausland dürfen sie bis zu ihrem zehnten Lebensjahr zum Einsatz kommen.
Wie laufen die Einsätze vor Ort ab?
Die Menschen, die unter den Trümmern liegen, sind nach so vielen Stunden nicht mehr in der Lage, nach Hilfe zu rufen. Da kommen unsere Hunde gerade richtig. Sie können selbstständig, relativ schnell und sicher grosse Gebiete nach Lebenden absuchen. Mit Bellen und Scharren zeigen sie uns an, wenn sie die Witterung eines Menschen haben. Um die Bergung kümmern sich dann die Retterinnen und Retter.
Um ein einziges Opfer bergen zu können, dauert es also relativ lange. Währenddessen sollen nach Angaben der Behörden in der Türkei und in Syrien bereits mehr als 5000 Personen gestorben sein. Kommt einem dabei die eigene Arbeit nicht wie ein Tropfen auf den heissen Stein vor?
Unsere Arbeit ist ein Tropfen auf den heissen Stein, das stimmt. Aber das ist doch eigentlich egal, oder? Leiden kann man nicht relativieren. Wir wissen, dass wir nicht Tausenden helfen können. Aber stellen Sie sich vor, Sie liegen unter Trümmern und wissen nicht, ob jemand kommt und Sie rettet. Können Sie sich diesen absoluten Horror vorstellen?
Nein.
Jeder von uns bei Redog macht einmal den Fehler, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn man unter den Trümmern, unter denen man sich fürs Hundetraining versteckt, nicht mehr rauskommen würde. Das löst unglaubliche Panik aus. In der Realität muss das grauenhaft sein. Die Motivation unserer Einsatzkräfte vor Ort ist deshalb nie ein Thema, selbst wenn wir nur wenigen Leuten helfen können. Wenn man Kontakt mit einer verschütteten Person hat, ist das das beste Gefühl, das man haben kann! Davon zehren die Helferinnen und Helfern wohl ihr Leben lang.
Wie lange wird Redog nun in der Türkei unterstützen?
Wir bleiben so lange, bis es unsere Hilfe nicht mehr braucht. Das können fünf Tage sein. Vielleicht aber auch zehn. Wir werden es sehen. (bzbasel.ch)
derKuchen
Capsaicine
Ich hoffe das Beste für die Menschen dort.
Mama Jo