Die Schlagzeilen sind verstörend: «Aargauer leitete IS-Foltergefängnis in Syrien», «Dieser Schweizer plante die Pariser Terrornacht», «Aargauer soll Attentäter von Paris trainiert haben».
Verschiedene Medienhäuser berichteten am Donnerstag über den 32-jährigen Aargauer Thomas C., der sich 2013 der Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) anschloss und dort führende Funktionen übernommen haben soll – darunter die Ausbildung der Dschihadisten, die vor vier Jahren in Paris eine Anschlags-Serie verübten. Ob Thomas C. tot ist, oder ob er sich noch in Syrien aufhält, ist unklar.
Die Meldungen über den Aargauer Terroristen entfachen die Debatte über europäische IS-Anhänger im syrisch-irakischen Krisengebiet neu. Noch immer befinden sich hunderte europäische IS-Kämpfer und deren Familien in Nordostsyrien, im Irak oder in der Türkei. Unter ihnen auch solche mit dem Schweizer Pass.
Trotz der wachsenden Gefahr einer erneuten Zusammenrottung von IS-Anhängern und der unkontrollierten Rückkehr in die Heimatländer, ringen die europäischen Regierungen um einen Entscheid, wie sie mit ihren abtrünnigen Staatsbürgern umgehen sollen.
Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Bezüglich der europäischen IS-Anhänger veröffentlichte das Egmont Institute in Brüssel Mitte Oktober eine Studie. Demnach sollen es mindestens 430 IS-Anhänger und 700 Kinder aus Europa sein, die in Syrien und im Irak in Gefangenschaft sind. Die meisten von ihnen stammen aus Frankreich, gefolgt von Deutschland, Belgien, Holland und Schweden.
Das Institut schreibt, dass seit 2011 rund 5300 Europäer in die Levante gereist seien, um sich dem sogenannten «Islamischen Staat» anzuschliessen. Davon sei ein Drittel inzwischen wieder zurückgekehrt und ein weiteres Drittel gestorben.
Die verbliebenen Kämpfer und ihre Familien würden sich verstecken oder seien gefangen genommen worden. Teilweise gibt es auch noch europäische IS-Mitglieder, die sich inzwischen einer anderen dschihadistischen Gruppe angeschlossen haben und in der syrischen Provinz in Idlib an Kampfhandlungen teilnehmen.
Der Nachrichtendienst des Bundes schätzt, dass sich aktuell noch rund 20 Dschihad-Reisende, die über das Schweizer Bürgerrecht verfügen, im syrisch-irakischen Konfliktgebiet aufhalten. Davon sollen sieben Kinder sein. Sie stammen mehrheitlich aus der Westschweiz. Bekannt ist, dass eine Genferin 2016 mit ihren zwei Kindern nach Syrien gereist ist, dort einen IS-Kämpfer heiratete und ein drittes Kind zur Welt brachte.
In den vergangenen Jahren registrierte der Nachrichtendienst 77 Personen, die sich dem IS in Syrien und Irak angeschlossen haben. Seither sind 16 Dschihad-Reisende in die Schweiz zurückgekehrt, etwa 25 sind ums Leben gekommen. Über die Übrigen ist nichts bekannt.
Nur wenige europäische Staaten haben sich bereit erklärt, die eigenen Dschihad-Reisenden zurückzuholen. Russland und der Kosovo führten bisher die einzigen grösseren Rückholaktionen durch. Laut einem Bericht des Senders Deutsche Welle liess der Kosovo im April dieses Jahres 110 Bürger nach Hause zurückbringen. Darunter waren 32 Frauen und 74 Kinder.
Andere Regierungen lehnen es strikt ab, IS-Kämpfer und deren Familien zurückzunehmen. Frankreich will nur Ausnahmen für Minderjährige machen, ansonsten sollen Dschihad-Reisende nicht aktiv zurückgeholt werden. Auch die britische Regierung will lieber, dass den IS-Kämpfern der Prozess dort gemacht wird, wo die Verbrechen begangen wurden. Ausserdem wurde mehreren britischen IS-Mitgliedern die Staatsbürgerschaft entzogen. Deutschland hat im April ein ähnliches Gesetz verabschiedet, das die Ausbürgerung deutscher IS-Kämpfer möglich machen soll.
Der europäischen Untätigkeit einen Riegel geschoben hat indessen der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Am vergangenen Montag kündigte er an, ausländische IS-Mitglieder in türkischen Gefängnissen in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Noch am selben Tag wurde ein amerikanischer Staatsangehöriger ausgeschafft, für diese Woche ist die Deportierung von sieben Deutschen angesetzt. Auch elf Franzosen und Dschihad-Reisende aus Irland und Dänemark sollen abgeschoben werden.
Wenn ein Schweizer Dschihad-Reisender zurückkehrt, darf er zwar einreisen, wird aber hier vor Gericht gestellt. Die Bundesanwaltschaft muss dann ermitteln, inwiefern er gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen verstossen hat. Er wird vor das Bundesstrafgericht in Bellinzona gestellt.
Aktiv zurückholen will die Schweiz ihre Staatsbürger im syrisch-irakischen Krisengebiet allerdings nicht. Im März dieses Jahres legte der Bundesrat eine Strategie im Umgang mit Schweizer IS-Anhängern fest. Er teilte mit: «Das oberste Ziel ist die Sicherheit der Schweiz.» In Einzelfällen werde geprüft, ob man Doppelbürgern, die sich dem IS angeschlossen haben, das Schweizer Bürgerrecht entziehe.
Bei Minderjährigen sieht die Situation anders aus. Dort will der Bundesrat im Einzelfall prüfen, ob Kinder und ihre Mütter zurückgeführt werden sollen, «wenn es das Kindeswohl erfordert».
Der SP-Aussenpolitiker Fabian Molina versteht die Haltung des Bundesrats nicht. Gegenüber dem SRF sagte er, es sei angebracht, die kurdischen Milizen in Syrien davon zu entlasten, sich um diese Personen zu kümmern. Schliesslich erwarte die Schweiz ihrerseits von anderen Staaten auch, dass diese ihre kriminellen Staatsbürger zurücknehmen. Und: «Auch Dschihad-Reisende haben ein Recht auf Strafverfolgung in der Schweiz. Die Personen sind Schweizer Staatsbürger. Sie haben trotz ihrer Verbrechen einen Anspruch auf ein faires Verfahren.»
Doch Justizministerin Karin Keller-Sutter ist anderer Meinung. Sie ziehe es vor, wenn den Schweizer Dschihad-Reisenden vor Ort der Prozess gemacht werde, also im Irak oder in Syrien, aber nicht in der Schweiz. Eine Strafverfolgung in der Schweiz werde auch wegen der Beweisführung schwierig.
Unlängst äusserte sich auch die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission und CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter zu den Schweizer Dschihad-Reisenden. Sie sei für eine koordinierte Rückführung der Schweizer IS-Kämpfer – unter Einbezug aller europäischen Länder. Ansonsten führe das zu einem Terror-Tourismus.
Seit dem Einmarsch der türkischen Armee in Nordostsyrien hat sich die Situation in den IS-Gefängnissen und Lagern verschärft. Den kurdischen Verteidigungseinheiten fehlt die Kapazität, die Sicherheit aufrechtzuerhalten. Vielen IS-Kämpfern und deren Familien gelang die Flucht. Damit hat sich die Gefahr erhöht, dass neue Schläferzellen entstehen und Dschihad-Reisende unkontrolliert nach Europa zurückkehren.
Die Kurden in Nordostsyrien haben die europäischen Regierungen schon vor Monaten gebeten, ihre Staatsangehörigen zurückzuholen. Nachdem sie den IS erfolgreich zurückgeschlagen haben, fühlen sie sich vom Westen im Stich gelassen. Ausserdem verfügen sie weder über Gerichte noch über das nötige Geld, um den Gefangenen den Prozess zu machen. Mitte Februar betonte auch US-Präsident Donald Trump, dass die westlichen Länder die gefangenen IS-Kämpfer zurücknehmen und vor die eigenen Gerichte stellen sollen. Doch darauf reagierte weder die Schweiz noch andere europäische Staaten.
JEDER der terror machte, hat billigend in Kauf genommen, dass abertausende Kinder und Frauen, vergewaltigt, getötet und geschändet wurden. Tausende von Unschuldigen Männer wurden einfach hingerichtet aus Spass und Sport.
Jeder der mitgemacht hat, egal ob er geschossen hat oder nur rumgesessen ist. Lebenslange Sicherheitsverwahrung in Einzelhaft.
Das sind wir den Opfern dieser Menschen schuldig. Das Gedankengut dieser Menschen ist nicht plötzlich "jänu wieder in dr Schwiz jetzt machemer wieder normal".