Ende März letzten Jahres geisterte ein Hilferuf durch die Kommunikationskanäle der Corona-Massnahmenkritiker: Darin suchte ein Österreicher nach einem jungen Schweizer, denn dieser war scheinbar vom Erdboden verschluckt worden. Das angehängte Foto zeigte einen «jungen Mann Anfang 20 im weissen Trychlerhemd sowie einen Wohnwagen mit Schweizer Kennzeichen».
Doch der Mann ist nicht verschwunden, sondern war von der österreichischen Polizei festgenommen worden. Er hatte mehrere Buben sexuell missbraucht und Kinderpornografie hergestellt.
Der «Tages-Anzeiger» hat dazu eine längere Recherche veröffentlicht. Laut den Exponenten der Freiheitstrychler haben die Taten nichts mit ihnen zu tun.
Der verurteilte Schweizer tauchte bereits im Frühling 2021 auf dem Radar der Polizei auf – allerdings nicht wegen seiner pädophilen Taten, sondern wegen seines Engagements in der massnahmenkritischen Szene, so der «Tages-Anzeiger».
Seine Karriere als Massnahmenkritiker habe im Frühling 2021 begonnen, als er bei einer Demo in Altdorf «allein im Kapuzenpulli den Trychlern hinterherzottelte» und von der Polizei eine Ladung Reizgas ins Gesicht bekam, schreibt der «Tagesanzeiger». Zwei Wochen später habe er zum ersten Mal selbst als Freiheitstrychler an einer Demo teilgenommen.
Aufgrund seiner Teilnahme an illegalen Demos wurde er mehrfach von der Polizei angezeigt. «Er hielt sich nicht an die Spielregeln», sagt ein ehemaliger Freiheitstrychler gegenüber dem «Tagesanzeiger».
Irgendwann wird er von Andy Benz, einem Mitbegründer der Freiheitstrychler, nach Österreich entsandt, um dort einen Ableger der Freiheitstrychler aufzubauen. Und dort meldet sich kurz nach seiner Ankunft eine Mutter bei der Polizei, da ihr Kind «auffällig viel Zeit» mit dem Schweizer verbringe. Der Schweizer wurde festgenommen.
Im Januar 2023 wird ihm in Krems an der Donau in Österreich der Prozess gemacht.
Die Anklageschrift ist erdrückend: Neben dem 12-Jährigen, dessen Mutter den Fall ins Rollen brachte, habe er drei weitere Buben schwer missbraucht – das jüngste Opfer war erst zehn. Zudem seien Hunderte Dateien mit pornografischen Inhalten mit 8- bis 12-Jährigen auf seinem Laptop und seinen Handys gefunden worden. Und er habe heimlich auf Schultoiletten Buben gefilmt, so die Staatsanwältin gemäss «Tagi».
Das Gericht schickt den Schweizer aber nichts ins Gefängnis. Denn er leidet gemäss einem Gutachten an einer paranoiden Schizophrenie mit ausgeprägter Wahnbildung. Er sei schuldunfähig. Der Mann wurde bereits vor seiner Zeit als Trychler in der Schweiz wegen seiner Schizophrenie behandelt.
Das Gericht verlangt eine zehnjährige Probezeit mit regelmässigem Nachweis einer Depotmedikation und eine Psychotherapie sowie die Vermeidung des Kontakts mit Kindern und Jugendlichen, wie der «Tagi» schreibt.
Die Missbräuche hätten nichts mit seinen Trychler-Aktivitäten zu tun, hielt das Gericht fest. Sein Psychiater, Andreas Frei, ist sich dem nicht ganz so sicher. Im «Tagesanzeiger» sagt er: «Es ist anzunehmen, dass Verschwörungstheoretiker ein latentes Wahnsystem bekräftigen und ausbauen können.»
Gegenüber der Zeitung äussert sich der Anwalt von Andy Benz zum Vorfall. Der Fall habe «nichts mit den Freiheitstrychlern zu tun». Er sei privat begangen worden.
(yam)