Rund 90 Schweizer Beratungsunternehmen, Anwaltskanzleien und Notariate sollen in den Korruptions- und Geldwäschereiskandal verwickelt sein, der durch die «Pandora Papers» aufgedeckt wurde. Mindestens 26 davon funktionierten als Vermittler, indem sie Kunden mit Offshore-Dienstleistungsunternehmen zusammenbrachten. Das schreibt das Internationale Konsortium für Investigative Journalistinnen und Journalisten (ICIJ), dem die Dokumente zugespielt wurden, auf seiner Website.
• More than 11.9M confidential files
— ICIJ (@ICIJorg) October 4, 2021
• More than 600 journalists
• 150 news outlets
• 2 years of reporting
The #PandoraPapers offer insights into why governments and global organizations have made little headway in ending offshore financial abuses. https://t.co/5JF4u2V4eN pic.twitter.com/IF7VEiBhFz
Von 2005 bis 2016 haben laut ICIJ mindestens 26 Schweizer Unternehmen Dienstleistungen für Kunden erbracht, deren Offshore-Firmen später von Behörden wegen Geldwäscherei und Korruption untersucht wurden. In den meisten Fällen hätten die Schweizer Unternehmen die Kunden mit Offshore-Dienstleistern zusammengebracht, so das ICIJ. Gesamthaft sind Informationen über rund 90 Schweizer Unternehmen in den «Pandora Papers» zu finden.
Aus den am Sonntag veröffentlichten «Pandora Papers» geht hervor, dass hunderte Politikerinnen und Politiker, Amtsträger, Firmenvorstände und Spitzensportler in aller Welt jahrelang Finanzdienstleister genutzt haben, um ihre Vermögen und Wertgegenstände zu verstecken.
Laut der Nichtregierungsorganisation (NGO) Public Eye zeigen die Dokumente, in welchem Ausmass die Schweiz weiterhin internationale Steuerhinterziehung und Geldwäscherei erleichtert. Mehr als ein Drittel der von der panamaischen Grosskanzlei Alcogal gegründeten Offshore-Gesellschaften seien mit Schweizer Anwälten und Treuhänderinnen verbunden, so Public Eye. Die NGO hat eine Online-Aktion gestartet, in der sie den Bundesrat auffordert, die Gesetzeslücken «unverzüglich» zu schliessen.
Auch die Bewegung Klimastreik Schweiz fordert eine genauere Untersuchung und ein sofortiges Ende «dieser schmutzigen Praxis». Die Papers zeigten, dass die Schweiz eine zentrale Rolle in der Finanzierung und Unterstützung der Klimazerstörung spiele.
Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten #PandoraPapers @klimastreik https://t.co/KPWLuj6h8v
— Jonas Kampus (@jonas_kampus) October 4, 2021
Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) hingegen sieht keinen Handlungsbedarf. Die Schweiz erfülle die internationalen Standards gegen Geldwäscherei und Steuerhinterziehung, schrieb es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Geldwäschereigesetz werde laufend neusten Entwicklungen angepasst.
Das Parlament habe das Gesetz vergangenen März mit mehreren Verbesserungen gutgeheissen, jedoch die neue Massnahme zu den Beraterinnen und Beratern abgelehnt, so das SIF.
Dem hält die Transparenzplattform Lobbywatch entgegen, das Parlament habe sich «einlullen» lassen von der Lobby der Anwälte, Treuhänder und Immobilienmakler. Die im Frühling verabschiedete Revision des Geldwäschereigesetzes sei völlig unzureichend gewesen, schreibt Lobbywatch auf Anfrage. Schon aus den letzten Leaks sei klargeworden, dass auch verschiedene Berater dem Geldwäschereigesetz unterstellt werden sollten.
Der emeritierte Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth geht davon aus, dass durch die Veröffentlichung der «Pandora Papers» der internationale Druck auf die Schweiz wächst, ihr Geldwäschereigesetz anzupassen. Das Parlament werde «kippen» und die Geschäftsanwälte dem Geldwäschereigesetz unterstellen, sagte Mark Pieth am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Druck dafür sei international «unheimlich gross».
Druck ausüben wird laut Pieth auch der Bundesrat und die Bankiervereinigung. Letztere sei bereits dem Geldwäschereigesetz unterstellt und interessiert daran, gleich lange Spiesse für die Anwälte zu schaffen, so Pieth.
«Im Parlament sitzen selber viele Anwälte und zudem ist die Anwaltslobby stark», sagte Pieth als Erklärung für das Scheitern im Parlament.
«Die Pandora Papers sind ein Replay der Panama Papers», sagte Pieth weiter. Der Unterschied sei, dass dieses Mal nicht nur eine Firma, sondern eine ganze Reihe von Firmen betroffen seien.
«Die Schweiz spielt eine wichtige Rolle in diesem Handel», sagte Pieth. Schweizer Anwältinnen und Treuhänder agierten als Organisatoren in dieser «Untergrund-Ökonomie». Sie kauften Briefkasten-Firmen, welche in Ländern Bankkonten eröffnen, in denen ein starkes Bankgeheimnis herrsche sowie eine relativ geringe Neigung zur Rechtshilfe. Dieses System werde für Geldwäscherei, Drogenhandel, Steuerhinterziehung und der Umgehung von Familien- und Erbrecht benutzt, so Pieth.
Die «Pandora Papers» wurden dem ICIJ von einer anonymen Quelle zugespielt. Etwa 600 Journalistinnen und Journalisten haben die Dokumente für weltweit 150 Medien in den vergangenen zwei Jahren ausgewertet. In der Schweiz gehört Tamedia zum ICIJ. (yam/sda)
Anwälte ect. interessieren nur am Rande. Denn diese sind nur gutverdienende Handlanger.