Am Mittwoch wurde die Landesregierung gewählt, darunter auch Beat Jans als Nachfolger von Alain Berset für den Sitz der Sozialdemokraten. Doch ein anderer Name tauchte immer wieder auf: Gerhard Andrey.
Der Freiburger Grüne gegen den Rest. Sein Ziel war es, den FDP-Sitz von Ignazio Cassis zu erobern. Es sollte ein Triumph werden nach vier Jahren grüner Welle in Bern.
Am selben Morgen um 7 Uhr kündigte die SP an, dass sie die berühmte Zauberformel nicht gefährden werde und auf den Versuch verzichte, Ignazio Cassis von seinem Sitz zu verdrängen. Ohne die Unterstützung der zweitgrössten Partei der Schweiz (18,3 %) hatten die Grünen (9,8 %) keine Chance.
Hat Gerhard Andrey also nur eine Alibi-Kandidatur eingereicht oder ist er das Gesicht für die Zukunft der Partei? Wir haben ihn interviewt.
Am Morgen vor der Wahl hat Ihre Ständeratskollegin Céline Vara die Entscheidung der SP, für Ignazio Cassis zu stimmen, als «Enttäuschung» oder gar «Verrat» bezeichnet. Wie würden Sie die Entscheidung Ihrer «Schwesterpartei» bewerten?
Gerhard Andrey: Das ist in der Tat eine Enttäuschung. Dem Parlament fehlte der Mut zur Konkordanz. Unsere Kandidatur war dazu ein Angebot an unsere Kolleginnen und Kollegen. Für mich persönlich war es ein Privileg, von meiner Partei für diese Kandidatur getragen worden zu sein. Unsere Kandidatur war gerechtfertigt, wir haben im Oktober das zweitbeste Ergebnis in unserer Geschichte erzielt.
Sind Sie vom Resultat enttäuscht?
Natürlich hätten wir uns gewünscht, in den Bundesrat einzuziehen. Das wäre auch gelebte Konkordanz, nämlich die wichtigen Kräfte des Landes, zu denen wir gehören, einzubeziehen. Die Zauberformel ist zu «magisch» und nicht demokratisch genug. Positiv ist, dass die Diskussion über das Machtkartell der Regierungsparteien geführt werden konnte. Unsere Kandidatur ist Teil des demokratischen Prozesses. Sie hat aber auch die Schwächen des Systems des Machterhalts aufgezeigt.
Sind Sie der Ansicht, dass ein Bundesrat mit neun Mitgliedern notwendig wäre?
Ich bin sehr offen für diese Diskussion. Schauen Sie sich die Arbeitslast des Bundes angesichts der kommenden Herausforderungen an: Klimaerwärmung, Verlust der Biodiversität, geopolitische Verwerfungen ... Wir sind in einer Zeit der Mehrfachkrisen und die Komplexität wird nicht abnehmen. Es würde dem Bund als Ganzes guttun, den Bundesrat auf neun Sitze zu erweitern.
Wird es für die Grünen nach dem «Verrat» von heute Morgen schwierig sein, in nächster Zeit oder während der ganzen Legislaturperiode mit der SP zusammenzuarbeiten?
Ich erinnere daran, dass die anderen Parteien uns auch nicht unterstützt haben. Man muss Unterstützung von mehreren Fraktionen haben, um im Bundesrat einziehen zu können. Wir werden unsere Lehren daraus ziehen und natürlich unsere politischen Ziele weiterverfolgen: eine intakte Umwelt, eine gesunde, solidarische Gesellschaft und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
Wenn die Grünen in vier Jahren wieder ein gutes Ergebnis erzielen, werden Sie dann erneut antreten?
Sicher ist, dass man uns auch in vier Jahren noch brauchen wird: Die Klima- und Umweltkrisen werden leider immer noch das sein. Und die Grünen werden sich weiterhin für eine nachhaltige Zukunft einsetzen.