Eigentlich stand ein Freudentag an. Am 12. Juni wollte die Tochter des Zuger Ständerates Peter Hegglin (Die Mitte) heiraten. Doch dann verlor der 60-jährige Brautvater beim Rasieren das Gleichgewicht. Er hatte Fieber und fühlte sich schwach. Ein Schnelltest zeigte an: Es ist Corona. Er begab sich in Spitalpflege, wo er zwölf Tage bleiben musste. Sechs davon lag er auf der Intensivstation. Ihm wurde Sauerstoff zugeführt.
Am Mittwoch, den 23. Juni, konnte er das Spital wieder verlassen. In einem eindrücklichen Video berichtete er der Zeitung «20 Minuten» von seiner Krankheit und Genesung. Im Interview mit dieser Zeitung sagt er, warum er sich nicht impfen liess und wie die Krankheit seine Sicht auf die Pandemie verändert hat.
Wie geht es Ihnen heute?
Es geht mir sehr gut. Ich spüre nichts mehr von der Krankheit. Ich war nun schon zwei Mal Joggen und habe davon Muskelkater, weil ich aus der Übung bin. Aber ich spüre bisher keine Nachwirkungen.
Wann bemerkten Sie Ihre Corona-Infektion?
Ab Donnerstag, 10. Juni, fühlte ich mich geschwächt, am Freitag bekam ich Fieber. Ich dachte zuerst nicht an Corona, weil ich davon ausging, dass ich die Krankheit bereits letztes Jahr durchgemacht hatte. Am Samstag wurde mir dann schwindlig, sodass ich stürzte. Ich machte einen Schnelltest. Das Resultat war positiv. Also ging ich ins Spital.
Warum dachten Sie, Sie hätten das Virus schon einmal gehabt?
Im Januar 2020 reisten meine Frau und ich mit der transsibirischen Eisenbahn. Wir begegneten vielen Chinesen. Meine Frau musste darauf über längere Zeit husten. Auch ich war geschwächt, also ging ich davon aus, dass wir die Krankheit schon hatten und darum einen gewissen Schutz hatten.
Wie erlebten Sie Ihren Spitalaufenthalt?
Ich ging zu Fuss ins Spital und verbrachte zuerst zwei Tage auf der normalen Station. Weil das Virus meiner Lunge zusetze, sank der Sauerstoffwert in meinem Blut. Ich wurde auf die Intensivstation verlegt. Über zwei Röhrchen wurde mir Sauerstoff in die Nase geleitet. Zum Glück litt ich nie unter Atemnot und musste auch nie beatmet werden.
Sie mussten ausgerechnet am Hochzeitstag Ihrer Tochter ins Spital?
Ja, leider fiel auch der Coronatest des Brautpaares positiv aus. Also musste die Hochzeit abgesagt werden. Sonst hat sich zum Glück – so viel ich weiss – von meinen Verwandten niemand angesteckt. Ich weiss bis heute nicht, wo ich das Virus aufgelesen habe. Ich hatte zum Brautpaar zur fraglichen Zeit keinen Kontakt.
Sie waren ja noch an der Session in Bern. Haben Sie sich dort testen lassen?
Ja, ich habe mich ein bis zwei Mal pro Session testen lassen. Die Tests waren negativ.
Aber impfen liessen Sie sich nicht, obwohl Sie die Gelegenheit dazu hatten. Warum?
Ich bin kein grundsätzlicher Impfgegner. Für mich hatte die Sache einfach keine Priorität. Auch weil ich dachte, mein Körper sei wegen der vermeintlich schon durchgemachten Krankheit immun gegen die Krankheit. Zudem ging ich davon aus, dass ich als gesunder, sportlicher Mann im Alter von 60 Jahren keinen schweren Verlauf haben würde. Zudem befürchtete ich Nebenwirkungen von der Impfung.
Sie lagen dann zwölf Tage im Spital. Sechs davon auf der Intensivstation. Ihnen musste Sauerstoff zugeführt werden. Haben Sie die Krankheit unterschätzt?
Ja, ich habe die Krankheit unter- und meine Abwehrkräfte überschätzt. Das Virus ist heftig. Ich ging davon aus, dass ein gesundes Abwehrsystem mit dem Virus fertig wird. Ich musste feststellen: Es kann auch mich treffen.
Was ziehen Sie daraus für einen Schluss?
Aufgrund meiner Erfahrung empfehle ich die Impfung. Jeder, der noch zögert, soll sich impfen lassen. Ich möchte aber gleichzeitig betonen, dass jeder einzelne für sich entscheiden muss, ob er sich impfen lassen will. Es darf keinen Zwang geben. Auf gar keinen Fall dürfen wir die Pflegenden zur Impfung zwingen. Manche würde den Job wohl an den Nagel hängen. Und das wäre gar nicht gut. Im Spital habe ich erlebt, wie sie einen super Job gemacht haben. Mich stört, dass die Impfung zur Glaubensfrage hochstilisiert wird. Wir müssen lernen, mit verschiedenen Ansichten umzugehen.
Sie forderten auch schon weniger Massnahmen gegen das Coronavirus. Hat die Krankheit nun ihre Einstellung verändert?
Meine frühere Kritik bezog sich zum Beispiel auf die Sperrung von Restaurantterrassen im Skigebiet. Das finde ich auch aus heutiger Sicht übertrieben. Was wir heute sicher nicht tun sollten, ist leichtfertig Massnahmen wie die Maskenpflicht in Zügen und Läden aufzuheben.
Leider ist weitgehend unklar, wo genau sich die Leute anstecken. Jeden Tag gibt es neue Studien. Aber was sicher richtig ist: In grossen Gruppen und in schlecht gelüfteten Räumen sollte man sich möglichst wenig aufhalten und dort Maske tragen, Abstand halten und die Hände waschen. Mich haben die Bilder der Fussballeuropameisterschaft gestört. Das war kein gutes Zeichen. Wir sollten weiterhin vorsichtig sein und Respekt vor dem Virus haben.
Halten Sie sich heute genauer an die Coronaregeln als früher?
Nein, ich habe mich früher schon an die Regeln gehalten. Aber bisher trug ich die Maske zum Beispiel im Zug eher widerwillig, jetzt tue ich es ganz selbstverständlich.
- Kein Test trotz klarer Corona-Symptome
Der Herr Ständerat ist das perfekte Beispiel, wie Eigenverantwortung funktioniert...