Der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni signalisiert vor dem (heutigen) Treffen mit Bundesrat Didier Burkhalter wenig Kompromissbereitschaft in den heiklen Fragen Einwanderung und Grenzgänger. Er pocht auf das Prinzip der Personenfreizügigkeit in der EU.
Zur Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative sagte Gentiloni im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung»: «Wir müssen die Entscheidung der Schweizer respektieren, sie aber mit einem der EU-Pfeiler, dem freien Personenverkehr, kompatibel machen.» Die Personenfreizügigkeit sei «untrennbar» mit dem freien Warenverkehr verbunden, der auch für die Schweiz wichtig sei.
Allerdings zeigte sich Gentiloni auch zuversichtlich, dass es nach der «Brexit»-Abstimmung in Grossbritannien im Juni zu einer «gütlichen Lösung» zwischen der Schweiz und der EU kommt. «Italien ist daran sehr gelegen.»
Danach gefragt, was bei einem einseitigen Vorgehen der Schweiz mit einer jährlichen Höchstzahl für die Zuwanderung geschehen würde, sagte Gentiloni: «Findet man keine gemeinsame Lösung, hätte dies sehr negative Folgen für die italienische und die Schweizer Wirtschaft.» Zudem wäre das auch ein «schlechte Zeichen für die Zukunft Europas in politisch-kultureller Hinsicht».
Zum Thema Grenzgänger, die im Tessin heiss diskutiert werden, steht nach wie vor die definitive Unterzeichnung eines neuen Abkommens mit Italien an. Gentiloni bezeichnete die Tessiner Massnahmen gegen Grenzgänger - unter anderem die Vorlage eines Strafregisterauszug - als «auf eine gewisse Art diskriminierend».
Er betonte auch erneut, dass die Unterzeichnung des Abkommens auch mit der Aufhebung dieser Massnahmen zusammenhänge. «Daher bin ich zuversichtlich, dass diese Diskriminierungen de facto überwunden werden.»
Die Tessiner Regierung setzte die Praxis mit den Auszügen zwar aus, sie werden formal aber weiterhin verlangt. Das Abkommen war im Dezember paraphiert worden, nachdem sich die Länder auf ein neues Regime zur Grenzgänger-Besteuerung geeinigt hatten.
Aussenminister Didier Burkhalter trifft sich heute in Neuenburg mit seinem italienischen Amtskollegen Gentiloni. (kad/sda)