Der selbsternannte «IS»-Attentäter von Morges VD ist vom Bundesstrafgericht zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt worden. Der Mann stach im September 2020 in einem Kebab-Laden auf einen jungen Portugiesen ein und verletzte diesen dabei tödlich.
Der Angeklagte wurde vom Bundesstrafgericht in Bellinzona des Mordes, der Körperverletzung, der versuchten Brandstiftung und Verursachung einer Explosion, der Bedrohung, der Propaganda für den «Islamischen Staat» («IS») und des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz für schuldig befunden. In Bezug auf einige der Propagandataten wurde er freigesprochen.
Die Dauer der Untersuchungshaft – 1307 Tage oder gut dreieinhalb Jahre – wird von der Strafe von 20 Jahren abgezogen. Das Gericht hat ausserdem eine stationäre therapeutische Massnahme ausgesprochen.
Der Vorsitzende der Strafkammer betonte am Dienstag die extreme Schwere der Taten. «Die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe wäre möglich gewesen», sagte er, «aber die von den psychiatrischen Sachverständigen attestierte mittelgradig verminderte Schuldfähigkeit musste berücksichtigt werden.»
Angesichts der möglichen Verbesserung des psychischen Zustands des Angeklagten verhängte das Gericht die therapeutische Massnahme. Der Vorsitzende beendete die Urteilsverkündung mit einer Ermahnung an den 29-Jährigen: «Nutzen Sie die Zeit, die Sie im Gefängnis verbringen werden, um sich selbst zu heilen und Erkenntnisse zu gewinnen, die für Sie, ihre Angehörigen und die Gesellschaft von Nutzen sind.»
Die Bundesanwaltschaft (BA) hatte eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren für Mord und eine Verwahrung gefordert. Sie sei zufrieden, dass das Gericht den Anklagepunkten fast vollumfänglich gefolgt sei, teilte sie am Dienstag mit. Sie will eine allfällige Berufung sorgfältig prüfen.
Die Verteidigerin des Angeklagten ging ebenfalls von einem Mord aus. Sie lehnte jedoch die von der Bundesanwaltschaft geforderte Verwahrung ab und forderte eine Strafe «mit einem Ende», damit ihr Mandant eine Perspektive habe.
Die Verteidigerin äusserte sich nach dem Urteil zufrieden. Sie befürwortete die vom Gericht angeordnete Massnahme. Das Gericht sei ihren Ausführungen weitgehend gefolgt, sagte sie beim Verlassen des Gerichtsgebäudes in Bellinzona.
Psychiatrische Sachverständige waren zu dem Schluss gekommen, dass der 29-jährige Angeklagte aufgrund einer einfachen Schizophrenie mittelgradig vermindert schuldfähig sei. Sie äusserten sich zurückhaltend zu den Chancen einer therapeutischen Behandlung oder der Zweckmässigkeit einer regulären Verwahrung.
Der Angeklagte selber hatte während der dreitägigen Hauptverhandlung verwirrende und widersprüchliche Aussagen gemacht und seine Taten mit seiner Faszination für die Terrormiliz «Islamischer Staat» erklärt.
Bei der Messerattacke hatte der türkisch-schweizerische Doppelbürger am 12. September 2020 in einem Kebab-Laden in Morges auf einen Portugiesen eingestochen und den 29-Jährigen dabei getötet. Ein Jahr zuvor hatte er versucht, eine Tankstelle in Prilly VD anzuzünden. Während seiner Haft ging er ausserdem einmal auf einen Gefängniswärter und einmal auf einen Bundespolizisten los. (Urteil SK.2022.35 vom 10.01.2023)
(aeg/sda)