Das Bundesgericht hat eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten für eine Psychiaterin bestätigt, die im Juli 2019 vom Freiburger Kantonsgericht wegen des Missbrauchs eines ehemaligen, 19-jährigen Patienten verurteilt wurde. Der junge Mann leidet an einer autistischen Störung.
Das Freiburger Kantonsgericht hatte die Frau der versuchten Nötigung, der sexuellen Nötigung und der Ausnützung einer Notlage für schuldig befunden. Es belegte die Psychiaterin mit einem 10-jährigen Berufsverbot.
Die 48-Jährige hatte für den jungen Mann, der seit 2015 unter Vormundschaft steht und Invaliden-Leistungen bezieht, romantische Gefühle entwickelt. Ein Jahr später, als er nicht mehr ihr Patient war, hatte sie ihn gegen seinen Willen zu sexuellen Handlungen gedrängt. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.
Die Lausanner Richter stützen die Sicht der Freiburger Vorinstanz, wonach sich der junge Mann in einer Situation der Abhängigkeit und in einem Loyalitätskonflikt befand. Obwohl die Therapie offiziell abgeschlossen war, hielt die Psychiaterin an ihrem ehemaligen Patienten fest und pflegte weiterhin eine enge Beziehung zu ihm.
Gemäss Bundesgericht durfte das Freiburger Kantonsgericht davon ausgehen, dass das Opfer nur in die sexuellen Handlungen eingewilligt hatte, um sich vom Druck zu befreien, den die Frau auf es ausgeübt hatte. Dies entspreche der im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellten Ausnützung einer Notlage. Entscheidend sei dabei der Eingriff in die Willensfreiheit und nicht das Fehlen einer Einwilligung.
In Bezug auf das Verbot beruflicher und ausserberuflicher Tätigkeiten mit schutzbedürftigen Erwachsenen hielt das Bundesgericht fest, dass diese Sanktion automatisch Anwendung finde. (Urteil 6B_1307/2020 vom 19.7.2021) (aeg/sda)