Schweiz
Justiz

Kater-Prozess in Bülach: Pool-Besitzer weist vor Gericht Schuld von sich

Kater-Prozess in Bülach: Pool-Besitzer weist vor Gericht jegliche Schuld von sich

19.12.2024, 09:5419.12.2024, 13:39
Mehr «Schweiz»

Das Bezirksgericht Bülach hat am Donnerstag einen 62-jährigen Pool-Besitzer vom Vorwurf der fahrlässigen Tierquälerei freigesprochen. In seinem halb gefüllten Schwimmbecken war im Jahr 2021 der rote Tigerkater Streifli ertrunken.

«Es ist sehr tragisch, was mit Streifli passierte. Aber dahinter steht kein strafbares Verhalten», sagte die Richterin bei der Urteilseröffnung. Der Pool-Besitzer habe nicht erkennen müssen, dass eine konkrete Gefahr für Katzen bestanden habe.

In den vergangenen Jahrzehnten sei nie eine Katze in seinem Pool ertrunken, und das obwohl er das Becken häufig nicht abgedeckt habe und es viele Katzen in der Umgebung gebe. Der Schweizer erhält nun eine Entschädigung für die Anwaltskosten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob das Ehepaar, bei dem Streifli aufwuchs und fast zwölf Jahre lang lebte, den Fall weiterzieht, ist noch offen.

«Ein über alles geliebtes Familienmitglied»

Ihr Anwalt bezeichnete die Beziehung zum roten Tiger als «innig und intensiv». Der zwölfjährige Kater sei ein über alles geliebtes Familienmitglied gewesen. Das Paar verlangte für den Verlust von Streifli deshalb auch 18'000 Franken Genugtuung.

Als Streifli im Februar 2021 nicht nach Hause kam, suchten die Halter bis Nachts um drei Uhr nach ihm. Sie hängten Plakate im Quartier auf und meldeten den Verlust der Tiermeldezentrale. Zu dem Zeitpunkt war Streifli jedoch schon im halb gefüllten Pool des Nachbars ertrunken. Der Kater hatte keine Chance, aus dem Becken mit den glatten Fliesenwänden zu entkommen.

«Todesfalle für Tiere»

«In seinem Garten steht eine Todesfalle für Tiere», sagte der Anwalt des Paars. Er habe zwar eine Pool-Abdeckung, aber die habe er entfernt, weil er gefürchtet habe, dass sie wegen des Wetters Schaden nehmen könnte.

Der Anwalt des Pool-Besitzers forderte einen Freispruch. Es liege kein vorschriftswidriges Handeln vor, sagte er. In der Schweiz gebe es keine Pflicht, einen Pool abzudecken oder eine Ausstiegshilfe anzubringen. Merkblätter wie etwa jene vom Hauseigentümerverband, welche eine Abdeckung empfehlen, seien nur Empfehlungen. Sie hätten keine Rechtswirkung.

Der Pool-Besitzer sagte in der Befragung, dass es ihm leid tue, dass Streifli in seinem Schwimmbecken ertrunken sei. Der Pool sei seit den 1970er-Jahren im Garten. «Nie ist eine Katze darin ertrunken», sagte der 62-Jährige. Er habe nur mal eine tote Maus gefunden.

Der Pool-Besitzer war angeklagt, weil er eine besondere Gefahrenlage für Tiere geschaffen habe. Die Staatsanwaltschaft forderte einen Schuldspruch wegen fahrlässiger Tierquälerei. Dafür solle der Schweizer mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 360 Franken verurteilt werden, dies bei einer Probezeit von zwei Jahren.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft gar keine Anklage erheben wollen. Streiflis Halter rekurrierten jedoch gegen die so genannte Nichtanhandnahmeverfügung und erhielten vor Obergericht Recht. Es kam zum Schluss, dass strafrechtliches Verhalten «nicht ausgeschlossen» werden könne. Die Staatsanwaltschaft nahm an der Verhandlung nicht teil. (dab/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
64 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Wolf von Sparta
19.12.2024 11:51registriert Februar 2019
Ich liebe Pools und ich liebe Katzen aber das kann ich nicht verstehen. Also wenn die Katze einen fremden Garten verschei**t und verpi**t, dann ist es grundsätzlich kein Problem oder eben die Katze heimische Tierarten wie Vögel etc. vernichtet. Aber wehe ein Pool ist nicht abgesichert und die Katze ertrinkt (RIP an dieser Stelle), dann ist der Shitstorm gross!
5610
Melden
Zum Kommentar
avatar
Rumpelstilz aka Motzbrocken
19.12.2024 11:34registriert November 2023
Warum nehmen sich die Katzenbesitzer das Recht heraus, zu bestimmen was auf anderen Grundstücken zu geschehen hat? Also aus meiner Sicht vernachlässigen die Katzenbesitzer die Aufsichtspflicht. Streunende Katzen haben in meinem Garten nichts zu suchen, keine Vögel zu jagen, nicht in meine Beete zu kacken. Aus meiner Sicht sollten streunende Katzen eingefangen und eingeschläfert werden. Wie streunende Hunde auch. Ich nehme mir auch nur mein „Recht“ heraus. Wie die Katzenbesitzer
auch.
6131
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zürischnurre
19.12.2024 13:08registriert Februar 2016
Ich bin Tierschützerin und Tiere waren auch 15 Jahre mein Beruf.
Trotzdem muss ich sagen, wer seine Katze geschützt haben will, muss selber ein sicheres Umfeld schaffen. Schliesslich geht man ja auch das Risiko ein, dass sie überfahren wird.
Wenn ein Kaninchen ein Stromkabel anfrisst wir sich wohl auch niemand wegen Tierquälerei stellen. Es sind Haustiere, das Wohl der Tiere liegt beim Besitzer oder der Besitzerin.
293
Melden
Zum Kommentar
64
    Mitte-Frauen wollen aufs Bundesratsticket – fragt sich bloss: mit wem?
    Auch im Jahr 2025 ist die Frage der Frauenvertretung im Bundesrat noch immer ein Thema: Nach Viola Amherds Rücktritt ist es gut möglich, dass in der Regierung bald nur zwei Frauen fünf Männern gegenübersitzen. Dagegen formiert sich nun breiter Widerstand.

    Die Frage war nicht mehr, ob, sondern wann sie zurücktritt: Viola Amherd beantworte sie früher, als viele gedacht haben. Bereits Ende März ist Schluss. Die erste Verteidigungsministerin der Schweiz hat genug. Dabei haben viele gedacht, Amherd werde sich die Eröffnung der Frauenfussball-Europameisterschaft im Sommer als Bundesrätin nicht entgehen lassen. So lange werde sie sicher bleiben. Falsch spekuliert. «So ist die Situation viel besser. Ich habe viel mehr Zeit, die Matches zu schauen», sagte Amherd am Mittwoch vor den Medien.

    Zur Story