Jetzt stampfen sie also wieder Pisten flach, die Männer und Frauen vom Infanteriebataillon 97. Sie wurden dazu auserkoren, die beiden Weltcuprennen in diesem Jahr «subsidiär» zu unterstützen. 450 Armeeangehörige stehen im Einsatz, damit Marco Odermatt nicht verkantet und Daniel Yule nicht einfädelt. Sie unterstützen dabei den Verein Internationale Lauberhornrennen und, man darf es sich auf der Zunge zergehen lassen, die Audi FIS Ski World Cup Adelboden AG.
Man kann vom Militärdienst halten, was man will, aber es ist im Minimum ein Versuch, der Verteidigung des Landes zu dienen. Dafür wird jeder junge Schweizer in die Pflicht genommen oder in anderen Worten: dazu gezwungen. Angesichts der Weltlage werden auch die schärfsten Kritiker der Wehrpflicht eine gewisse Relevanz zugestehen müssen. Sofern sie denn zweckorientiert ist.
Nun lernen die Füsiliere vom Inf Bat 97 in diesen Tagen aber nicht den Häuserkampf, den Umgang mit einer Panzerfaust oder den korrekten Sitz eines Druckverbands, nein, sie bügeln die Piste glatt und schrauben Tribünen für johlende Menschenmassen zusammen. Während sie also in der Schreinerei, im Ingenieurbüro oder im Spital fehlen, leisten sie für zwei zivil organisierte Events der Unterhaltungsbranche Fronarbeit.
Natürlich ist das Ganze rechtens und seit Jahren gang und gäbe. Geregelt werden diese «subsidiären» Gratiseinsätze in der «Verordnung über die Unterstützung ziviler oder ausserdienstlicher Tätigkeiten mit militärischen Mitteln». Dort steht, dass theoretisch jeder Eventveranstalter aus Kultur und Sport diese Art Gratishilfe beantragen kann. Das VBS entscheidet dann, wer den Zuschlag kriegt. Zum Katalog der Profiteure gehören neben Ski- und Velorennen zum Beispiel auch das Eidgenössische Schwingfest und das Winzerfest. Korrekt geraten: Die Zurich Pride gehört nicht dazu.
Selbstverständlich erfolgt die staatliche Unterstützung nicht ohne Bedingungen. Von nationaler oder internationaler Strahlkraft muss der Event sein, heisst es beim VBS, und die Leistungen der Truppe dürfen nur dann erbracht werden, wenn sie einen wesentlichen Mehrwert für die Ausbildung bringen.
Ausserdem dürfen die militärischen Gratisarbeiter nur als Notnagel aufgeboten werden – wenn sämtliche anderen Stricke gerissen sind. Mit stolz geschwellter Brust im Gnägi heisst es denn auch mehrfach auf der VBS-Seite: Ohne das Militär gäbe es die Skirennen in Wengen und Adelboden nicht mehr. Sprich: Die Finanzierung wäre ohne militärische Hilfe nicht mehr möglich. Für die beiden Events mit internationaler Strahlkraft und Millionenpublikum können also nicht genügend Sponsoren gewonnen, nicht mehr genügend Einnahmen generiert werden, damit die anfallende Arbeit bezahlt werden könnte. Längst ist der Frondienst fixer Bestandteil des Budgets. Events wie die Swiss Indoors oder die Street Parade müssten unter solchen Umständen die Segel streichen. Es sei denn, das VBS hält den Daumen hoch. Subventionslotterie könnte man das nennen.
Auch unsere lieben Nachbarn im Osten setzen bei ihrer Vorzeige-Abfahrt in Kitzbühel auf militärische Hilfe. Dort sind allerdings viermal weniger Soldaten im Einsatz. Vielleicht können die einfach besser mit Geld umgehen.