Die international bekannte Schweizer Künstlerin Miriam Cahn hat ihre Drohung nicht wahr gemacht: Ihre Werke sind nach wie vor im Zürcher Kunsthaus zu sehen, obwohl sie Ende 2021 wütend über das Kunsthaus war. Auslöser war die Raubkunst-Diskussion.
Miriam Cahn habe keine Werke vom Kunsthaus zurückgekauft, sagte eine Sprecherin des Kunsthauses am Montag auf Anfrage von Keystone-SDA. Die neue Direktorin Ann Demeester habe Cahn zu einem Gespräch getroffen, so die Sprecherin. Das Treffen sei aus Sicht des Kunsthauses «gut und konstruktiv» verlaufen. Weitere Angaben zu dem Gespräch will das Kunsthaus nicht machen.
Im Dezember 2021 hatte sich die jüdische Künstlerin in einem Schreiben offen über die damalige Kunsthaus-Führung geärgert. Sie warf den Verantwortlichen im Umgang mit der Bührle-Sammlung «Geschichtsblindheit und mangelnde Sensibilität» vor.
Kunst kaufen wasche nicht weiss. Kunst sammeln mache nicht zu einem besseren Menschen, so Cahn damals. Sie als Jüdin wolle nicht mehr in diesem Kunsthaus vertreten sein und ziehe sämtliche Arbeiten ab.
Der ursprünglich aus Deutschland stammende Waffenfabrikant und Kunstsammler Emil Georg Bührle wurde durch Waffengeschäfte während und nach dem Zweiten Weltkrieg zum damals reichsten Schweizer. Ein grosser Teil der von ihm gesammelten Werke ist heute im Besitz der Stiftung Sammlung E. G. Bührle und wird im Kunsthaus ausgestellt.
Vor der Eröffnung des Chipperfield-Erweiterungsbaus und der damit verbundenen Integration der Bührle-Sammlung als Dauerleihgabe ins Kunsthaus wurde im Herbst 2021 einmal mehr Kritik an der Sammlung laut. Bührle habe beim Kauf verschiedener Werke die Notlage der oft jüdischen Vorbesitzer zu Zeiten des Nationalsozialismus ausgenutzt.
Die Verantwortlichen der Stiftung und des Kunsthauses wiesen die Vorwürfe zunächst mehrheitlich zurück. Die Vorwürfe seien längst untersucht und unzutreffend. Mittlerweile reagierte das Kunsthaus auf die Kritik und richtete seine Provenienzforschung neu aus.
Es will sich neu am Begriff des «NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturguts» orientieren. Darunter fallen beispielsweise Verkäufe von Kunstwerken in einem sicheren Drittland wie der Schweiz. Weil diese Verkäufe oft in einer wirtschaftlichen Notlage geschahen, gelten sie ebenfalls als problematisch.
Dass die Debatte noch länger nicht abgeschlossen sein dürfte, zeigt ein Vorfall, der vergangene Woche publik wurde: Hacker manipulierten in der umstrittenen Bührle-Sammlung mehrere QR-Codes. Das Museum verwendet die Codes neben Gemälden, um Besuchern weitere Informationen zu den Werken zu geben.
Die Codes führten nicht mehr auf Websites des Kunsthauses, sondern zu einem «Kulturkollektiv». Dort wurde die Herkunft der Werke wesentlich kritischer dargestellt als auf den offiziellen Seiten. (saw/sda)