Am 10. Februar 2008 betreten vier Männer in Sturmmaske das Bührle-Museum an der Zürcher Zollikerstrasse. Einer bedroht die Besucherinnen mit einer Pistole und zwingt sie, sich auf den Boden zu legen. Die anderen drei machen sich zielstrebig auf zu den Bildern.
Mit vier Gemälden im Schlepptau verschwinden sie wieder: einem Van Gogh, einem Monet, einem Degas und einem Cezanne. Sie sind alle äusserst wertvoll, aber «Der Knabe mit der roten Weste» von Paul Cezanne führt die Liste mit einem Wert von geschätzt 100 Millionen Franken an.
Eine Woche nach dem Überfall werden Van Goghs «Blühende Kastanienzweige» und Monets «Mohnfeld bei Vétheuil» wiedergefunden – in einem Auto. Abgestellt ganz in der Nähe des Museums. Der Degas kann über einen Mittelsmann, der in Kontakt zur Verbrecherbande steht, wiederbeschafft werden. Doch das Kronstück bleibt verschollen.
Die neueste Folge der Doku-Drama-Reihe «Es geschah am …» enthüllt nun die brisanten Details, wie Undercover-Agenten der Zürcher Justiz den Cezanne in einer mehrjährigen Aktion zurückholen konnten.
Die Geschichte könnte glatt aus einer Hollywood-Produktion entstammen: Zürcher Polizisten gehen in den Niederlanden ins Gefängnis und geben sich als Porno-Unternehmer aus. Sie seien auf der Suche nach Drogen, Darstellerinnen, Filmsets. Und natürlich nach Kontakten zu den Tätern. Aber davon weiss niemand.
Die Masche funktioniert, sie können sich in die serbische Mafia einschleusen. Zuerst rein geschäftlich, dann aber zunehmend privat trifft sich einer der Ermittler mit dem Verdächtigen – er wird sogar zu Familienfeiern mitgenommen. Die Bindung zwischen den beiden wächst.
Bei einem gemeinsamen Ski-Weekend in St. Moritz kommt der Paukenschlag: Der Verdächtige erklärt dem Ermittler, dass er in Besitz des Cezannes sei und diesen zum Verkauf anbiete. Die Polizei geht auf das Angebot ein und täuscht einen Deal vor: 2,8 Millionen Euro gegen den «Knaben mit der roten Weste». Nach dramatischen Zwischenfällen kurz vor der Übergabe können die Beamten den Täter und das Bild schnappen.
Ja, sagt Peter Bächer von der Kantonspolizei Zürich: «Es ist kein unumstrittenes Mittel. Aber es war die einzige und letzte Möglichkeit, an die Bilder und die Täterschaft zu kommen.»
Die beteiligten Ermittler, für die heute das Risiko einer Racheaktion besteht, haben sich «in Luft aufgelöst». Und nie existiert, wie es Beat Rhyner von der StaPo Zürich erklärt.
Lukas Gloor, damaliger Direktor der Bührle-Stiftung, ist froh, dass die Aktion so erfolgreich durchgeführt werden konnte. Es sei ein idealer Ausgang gewesen: «Wir hatten das Bild. Und wir hatten auch die Festnahme der Räuber, was gewissermassen dazu führt, dass sich ein solcher Raub eher nicht wiederholt.»
Tatsächlich wurden vier Mitglieder der Räuberbande verhaftet und hinter Gitter gesteckt. Ihre Beute hängt heute im Kunsthaus Zürich. Ende gut, alles gut. (cpf)