Viele kennen die Sätze «Geh doch studieren, dann verdienst du später ordentlich» oder «Wenn du studieren gehst, dann findest du sicher eine Arbeitsstelle». Doch stimmt das überhaupt? Eine neue Studie vom Bundesamt für Statistik schafft Klarheit.
Studieren ist beliebt. Seit 1995 hat die Studentenzahl jährlich zugenommen. 2023 gab es zum ersten Mal seit über 25 Jahren eine leichte Abnahme. Grund dafür ist die sinkende Geburtenrate. Zu Beginn des neuen Jahrtausends sank die Geburtenzahl in der Schweiz enorm. Genau diese Jahrgänge befinden sich heute im Alter, in welchem sie ein Studium beginnen könnten.
In der Schweiz erwerben rund ein Drittel eines Jahrgangs der Sekundarstufe II ein gymnasiales Maturitätszeugnis oder ein Fachmaturitätszeugnis. 90 Prozent aller Absolvierenden beginnen danach ein Studium.
Während dem Studium befinden sich viele in einer schwierigen sozioökonomischen Situation. Oft müssen Studierende von ihren Angehörigen unterstützt werden, obwohl gemäss der Erhebung rund zwei Drittel der Studierenden nebenbei arbeiten gehen. Von Stipendien profitiert nur eine Minderheit. Neun Prozent der Studierenden sind sogar verschuldet und 13 Prozent haben mit grossen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Viele brechen aus diesen Gründen ihr Studium auch ab.
Im Schnitt verdienen Personen direkt nach einer gymnasialen Maturität rund 4000 Franken pro Jahr, bei Personen mit einer Fachmaturität sind es 7300 Franken. Das Einkommen bleibt bis drei Jahre nach abgeschlossener Fach- oder gymnasialer Maturität eher tief. Meist aufgrund des Studiums.
Nach dem vierten Jahr nach abgeschlossener Maturität entwickelt sich das Einkommen deutlich auseinander. Rund 29 Prozent der Personen mit einem gymnasialen Abschluss entschliessen sich, weiter zu studieren, bei Personen mit Fachmaturität sind es nur fünf Prozent. Fast 50 Prozent der Personen mit einer Fachmaturität steigen nach dem Bachelorstudium in die Arbeitswelt ein und verdienen im Schnitt ein Medianeinkommen von 31'400 Franken pro Jahr.
Personen mit einer gymnasialen Maturität steigen oft erst ab dem siebten Jahr nach Abschluss voll in die Arbeitswelt ein. Sie haben dann im Schnitt ein jährliches Medianeinkommen von knapp über 30'000 Franken.
Neun Jahre nach der gymnasialen Maturität kann im Schnitt ein Einkommen von 64'800 Franken erreicht werden, bei Personen mit Fachmaturität sind es 67'300 Franken.
Nach neun Jahren verdienen Menschen mit einem Tertiärabschluss, die nicht mehr studieren, im Schnitt pro Jahr 74'600 Franken nach der gymnasialen Maturität und 71'900 Franken nach der Fachmaturität. Sie verdienen damit logischerweise deutlich mehr als Menschen, die auch nach neun Jahren noch studieren.
Nach fünf Jahren nach Abschluss einer Maturität zeigt sich der deutlichste Lohnunterschied. Für welchen Hochschultyp sich eine Person entscheidet, spielt dabei eine wichtige Rolle. Personen, die ein Studium an einer Pädagogischen Hochschule (PH) begonnen haben, verdienen neun Jahre nach Studienbeginn und Abschluss einer Maturität am meisten. Sie haben durchschnittlich einen jährlichen Medianlohn von rund 80'000 Franken.
Diejenigen, die nach der gymnasialen Maturität eine Universitäre Hochschule oder Fachhochschule abgeschlossen haben, verdienen nach neun Jahren am wenigsten (63'500 Franken bzw. 63'300 Franken).
Nicht nur die Wahl der Hochschule bestimmt das spätere Einkommen – bereits die Schwerpunktrichtung im Gymnasium oder in der Fachmaturität kann Einfluss auf die Zukunft haben.
Als Erstes schliessen Personen mit einer Fachmaturität im Bereich «Pädagogik» die Tertiärausbildung ab und erzielen aufgrund dessen sowohl fünf als auch neun Jahre später das höchste Einkommen. Wählt man das Schwerpunktfach «Bildnerisches Gestalten und Musik», sieht es finanziell nicht so rosig aus. Sowohl fünf als auch neun Jahre später verzeichnen Personen, die dieses Schwerpunktfach gewählt haben, das niedrigste Einkommen.
Rund 80 Prozent der Personen mit gymnasialer Maturität haben ihren offiziellen Wohnsitz nach fünf Jahren nach Maturitätsabschluss noch bei den Eltern, nach neun Jahren sind es noch 28 Prozent. Bei Personen mit Fachmaturität sehen die Ergebnisse ganz anders aus. Nur 40 Prozent wohnen nach fünf Jahren noch zuhause, nach neun Jahren sind es nur noch zehn Prozent.
Die Berufsbildung ist in der Schweiz immer noch der beliebteste Bildungsweg. Zwei Drittel starten nach der Schule eine Lehre. Welches Berufsfeld gewählt wird, hat starken Einfluss auf das Einkommen, denn es gibt grosse Unterschiede.
So haben Personen, die in den Bereich «Informatik und Kommunikationstechnologie» einsteigen, den besten Lohn nach der Berufslehre. Nach eineinhalb Jahren nach der Ausbildung verdienen die Personen im Schnitt über 5000 Franken pro Monat, und nach fünfeinhalb Jahren sind es über 6000 Franken, was einem Jahresgehalt von über 76'000 Franken entspricht.
Am schlechtesten verdienen Personen, die im Bereich «Geisteswissenschaften, Künste und Sozialwissenschaften» eine Ausbildung machen. Auch nach fünfeinhalb Jahren verdienen diese Personen weniger als 5000 Franken pro Monat, was einem Jahreseinkommen von unter 58'000 Franken entspricht. Dieses Berufsfeld umfasst die Ausbildungen für handwerkliche Berufe und solche im Bereich der audiovisuellen Techniken.
Im Durchschnitt verdienen Personen mit einem abgeschlossenen, eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) fünf Jahre nach Abschluss rund 5270 Franken monatlich mit Vollzeitpensum. Das entspricht einem Jahreseinkommen von 63'240 Franken. Personen mit einer abgeschlossenen Berufsmaturität verdienen nach fünf Jahren im Durchschnitt 5730 Franken pro Monat, also 68'760 Franken im Jahr. Das sind zehn Prozent mehr. Das niedrigste Einkommen haben Personen mit einem eidgenössischen Berufsattest (EBA) mit einem Jahreseinkommen von 54'600 Franken fünf Jahre nach ihrem Abschluss.
Auch zwischen den Sprachregionen gibt es grosse Unterschiede zwischen den Löhnen. So verdienen italienischsprachige Personen mit einer Berufsausbildung deutlich weniger als in den anderen beiden Schweizer Sprachregionen. Die höchsten Löhne haben Personen aus der Deutschschweiz.
Aus der Studie vom Bundesamt für Statistik lässt sich folgendes Fazit ziehen: Die Zahlen der Studie zeigen deutlich, dass die Auswahl des Fachgebietes enormen Einfluss darauf hat, ob sich studieren lohnt oder nicht. So können Personen im Bereich «Informatik und Kommunikationstechnologie» ohne Tertiärabschluss beispielsweise deutlich mehr verdienen als Personen mit einem Tertiärabschluss, die ein anderes Fachgebiet gewählt haben.
Grundsätzlich verdienen Personen mit einer Fachmaturität, die den Bereich «Pädagogik» als Schwerpunktfach gewählt haben, nach fünf und neun Jahren von allen Personen mit einem Maturitätsabschluss am meisten. Allgemein verdienen Personen mit Fachmaturitätsabschluss schneller Geld als Personen mit gymnasialem Abschluss, denn die Löhne der Personen mit gymnasialem Abschluss steigen erst nach sieben bis neun Jahren an. Einkommenstechnisch lohnt sich der Bereich «Bildnerisches Gestalten und Musik» nicht.
Studieren ist teuer. Nicht alle können sich ein Studium leisten oder wollen die Studienjahre, in denen kaum Einkommen erarbeitet werden kann, auf sich nehmen. Aus der Studie geht auch hervor, dass Studieren in der Schweiz kein «Muss» ist, um einen ordentlichen Lohn oder eine Arbeitsstelle zu finden. Im Gegenteil: Entscheidend ist das Berufsfeld.
Augen auf bei der Berufswahl. Und dies sicher nicht primär nur aus finanziellen Gründen.