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Trotz Krise: Darum boomen Luxus-Firmen

Trotz Krise: Darum boomen Luxus-Firmen

Bei den Luxusgüterkonzernen und insbesondere bei ihren Flaggschiffmarken geht es steil aufwärts.
30.05.2023, 21:36
Daniel Zulauf / ch media
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Watches of the Swiss luxury watch brand Raymond Weil on a device intended for a quality test, in Geneva, Switzerland, on October 8, 2018. (KEYSTONE/Gaetan Bally) 

Uhren der Schweizer Luxusuhrenmarke  ...
Teure Uhren (Symbolbild).Bild: KEYSTONE

Edelschmuck, Nobeluhren, Galaroben - was in der Welt des Luxus Rang und Namen hat, ist allein Sache der Haute Volée, der High Society oder des Geldadels, wie die finanziell betuchte Oberschicht in unseren Breitengraden auch genannt wird. Weil reiche Leute typischerweise auch in rezessiven Zeiten reich bleiben oder sogar noch reicher werden, ist der Handel mit Luxusgütern ein stabiles konjunkturresistentes Geschäft.

«Diese Vorstellung ist ein Mythos», sie habe ihren Ursprung in der irrtümlichen Perspektive von Reichtum, wie sie in der Gesellschaft vorherrsche, sagt Luca Solca, ein langjähriger Beobachter der Luxusgüterindustrie im Sold des amerikanischen Vermögensverwalters Bernstein. «Die modernen Luxusgütermärkte werden von einer grossen Konsumentenschicht getragen, die weit über die Klasse der Betuchten hinausgeht. Und auch die Reichen sehen ihren Reichtum relativ», erklärt der Finanzanalyst und Aktienexperte.

Aus seinen Beobachtungen ergibt sich eine einfache, für Investoren aber bedeutungsvolle Konklusion: Die Nachfrage nach Luxusgütern ist zyklisch. Ebenso verhält es sich mit der Nachfrage nach Aktien von Luxusgüterherstellern. Sie unterliegen starken Schwankungen, je nachdem, in welche Richtung die Wirtschaftsentwicklung gerade tendiert.

Rekordergebnisse

Die aktuelle Lage scheint Luca Solcas Erkenntnisse allerdings gerade zu widerlegen. Trotz ernsthafter Bedrohungen der internationalen Sicherheitslage, einer hartnäckig hoch bleibenden Teuerung und dem damit einhergehenden Druck auf die Notenbanken, die Zinsen weiter zu erhöhen und das Wirtschaftswachstum zu bremsen, macht die Luxusgüterbranche gegenwärtig einen äusserst robusten Eindruck.

Mitte Mai überraschte der in Genf ansässige Richemont-Konzern mit Rekordergebnissen. Dasselbe war zuvor auch dem Marktfüher LVMH gelungen. Ungewöhnlich optimistisch zeigte sich auch der sonst eher zu vorsichtigen Kommentaren neigende Präsident und Richemont-Mehrheitsaktionär Johann Rupert, als er vor wenigen Tagen die (finanzielle) Resilienz seiner Kundschaft und die stärke seiner Marken betonte.

«Wir leben in instabilen Zeiten, aber unser Geschäft ist erstaunlich stabil», sagt der Schweizer Schmuck- und Uhrenhändler Raphael Gübelin über die ungewöhnliche Lage. Die Gübelins sind seit sechs Generationen im Handel mit Luxusgütern tätig. Das Unternehmen mit Sitz in Luzern betreibt mit seinen rund 200 Angestellten ein eigenes Juwelieratelier, unterhält sechs Ladengeschäfte an den verschiedenen Hotspots in der Schweiz und vertreibt dort neben dem eigenen Edelschmuck auch verschiedene Uhrenmarken in den höchsten Preiskategorien. Gübelin sagt: «Die Nachfrage im Luxusgütermarkt oszilliert weniger mit der Konjunktur als in anderen Branchen, aber sie ist auch nicht schwankungsresistent.»

Doch es gibt Entwicklungen, die dem Markt derzeit eine grössere Stabilität zu verleihen scheinen. «Die Nachfrage nach Markenschmuck hat in den vergangenen Jahren markant zugenommen», sagt Gübelin «Bekannte Schmuckmarken bieten starkes Design mit Wiedererkennungseffekt.» Gübelin spricht von Nobelschmuck im vier- bis unteren fünfstelligen Preissegment - und meint edelsteinbesetzte Ringe, Armbänder oder Colliers im Wert von bis zu 15'000 Franken.

Diese von Raphael Gübelin beschriebene Demokratisierung des Schmuckgeschäftes hat viel mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas zu tun, wo in den vergangenen 25 Jahren eine grosse obere Mittelschicht entstanden ist. Diese Gesellschaftsschicht pflegt ihren wirtschaftlichen Aufstieg mit Statussymbolen zur Schau zu stellen und dürfte mit ihrem Konsumverhalten auch einen wesentlichen Beitrag zu der seit 20 Jahren beobachtbaren starken Polarisierung der Luxusgüterindustrie beitragen. Mit LVMH, Kering und Richemont sind Multis herangewachsen, die sich in weniger als zwei Dekaden weit von ihrem einstigen Mitbewerben abgesetzt haben (vgl. Tabelle).

Das Interesse an Schmuck habe in den vergangenen Jahren aber allgemein und auch in den Industrieländern zugenommen, sagt Gübelin. Eine neue Generation von Juwelieren, Designern und natürlich auch von Konsumenten pflege einen spielerischeren Umgang mit den edlen Steinen und Metallen, deren Kombination in früheren Zeiten strikten Konventionen zu folgen hatte.

Freude über die Rückkehr der chinesischen Kundschaft

Im laufenden und vor allem im kommenden Jahr erwarten viele Luxusgüterhändler nicht nur in den westeuropäischen Konsumkapitalen die Rückkehr dieser breiten chinesischen Kundschaft, was die gute Stimmung in der Branche und die hohen Bewertungen der Luxusgüteraktien an den Börsen teilweise zu erklären vermag. Richemont, LVMH, Hermès - die Beteiligungspapiere zahlreicher Luxusmarkenhersteller haben in den vergangenen Wochen Rekordmarken erreicht.

Nachhaltig kann dieser Börsen-Boom freilich nur auf jene Investoren wirken, die fest an eine säkulare Sonderkonjunktur in den Luxusgütermärkten glauben. Nebst den demografischen Aspekten hört man seit einiger Zeit oft auch das Argument, die Nachfrage nach teurem Schmuck werde besonders in inflationären Zeiten auch von der Werthaltigkeit dieser Ware getrieben. Finanzanalyst Luca Solca glaubt nicht, dass dieser Faktor eine wichtige Rolle spielt. Raphael Gübelin sieht dagegen einen Aspekt, dessen sich die Kundschaft insbesondere bei wertvollen Edelsteinen durchaus bewusst sei.

Vergleichbarkeit beim Kauf von Edelsteinen

Vor diesem Hintergrund hat das gemmologische Labor von Gübelin, das dieses Jahr sein 100-Jahr-Jubiläum feiert, vor einigen Jahren mit der Lancierung des «Gemstone Rating» eine Dienstleistung entwickelt, die die komplexen Parameter bei Farbedelsteinen in einen einfach verständlichen Punktwert übersetzt und den Käufern so mehr Orientierung und Vergleichbarkeit beim Kauf bietet.

Die Nachfrage nach dieser Dienstleistung sei besonders in Asien gross, sagt Gübelin. Aber hat sie auch etwas mit Inflation zu tun? In China ist die Teuerung offiziell noch kaum ein Thema. Vielleicht ist die Sorge um die Werthaltigkeit der eigenen Währung in der Oberschicht aber unterschwellig vorhanden. Offensichtlich ist auch dieses Phänomen eine von vielen Erscheinungen, die den derzeitigen Boom in den Luxusgütermärkten so schwer erklärbar machen. (aargauerzeitung.ch)

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