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Warum sich Schwule in Zürich mehr vor Attacken fürchten

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Schwule getrauen sich auch in Zürich oft nicht, händchenhaltend durch die Stadt zu laufen. bild: shutterstock

Warum sich Schwule in Zürich mehr vor Attacken fürchten als in anderen Schweizer Städten

Ein schwules Paar wurde in der Silvesternacht im Niederdorf brutal zusammengeschlagen. Jetzt verstärkt die Polizei ihre Präsenz am Zähringerplatz. In anderen Schweizer Städten ist es der LGBT-Community hingegen fast zu ruhig.
16.01.2020, 17:3917.01.2020, 16:28
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Homophobie als Tatmotiv. Bei der LGBT-Community in Zürich herrscht Verunsicherung:

In der Silvesternacht wurde ein schwules Paar beim Zürcher Zähringerplatz brutal verprügelt. Dies, nachdem die Täter die Männer gefragt hatten, ob sie schwul seien. Die jugendlichen Angreifer schlugen auf die beiden ein, als diese schon am Boden lagen. Ein Opfer konnte später die Polizei alarmieren.

Die Polizei verstärkt nach der Prügel-Attacke auf das schwule Paar jetzt ihre Patrouillen im Niederdorf. Die Ordnungshüter wollen etwa beim Zähringerplatz «genauer hinschauen», so Polizeisprecher Marco Cortesi.

Das Niederdorf erlebt derzeit eine Renaissance bei den Nachtschwärmern. Besonders beliebt ist das Stadtquartier bei Homosexuellen. Dies nicht zuletzt wegen den vielen Lokalen für LGBT-Menschen. Aber auch Gruppen von Jugendlichen hängen wieder vermehrt im Niederdörfli ab. Und decken sich bei neu eröffneten 24-Stunden-Shops mit Alkohol ein.

Roman Heggli, Geschäftsführer Pink Cross.
Roman Heggli, Geschäftsführer Pink Cross.

Schwule werden alleine wegen ihrer sexuellen Orientierung attackiert: Die Vorfälle geben auch beim Schwulen-Dachverband Pink Cross zu reden. Warum kommt es in letzter Zeit vermehrt zu Attacken auf Homosexuelle? Die Ursachen sind vielschichtig. Ein Grund ist die Zentrumsfunktion der Limmatstadt: Homosexuelle aus der ganzen Schweiz verbringen ihre Freizeit in Zürich, weil es viele Angebote für die LGBT-Community gibt. «In Zürich ist man als Schwuler sicher exponierter als in anderen Schweizer Städten», sagt Pink Cross-Geschäftsführer Roman Heggli. Wenn er im Ausgang in Zürich mit einer Gruppe Gays unterwegs sei, verhalte man sich vielleicht mal etwas weniger vorsichtig, dafür umso selbstbewusster. «Wenn wir uns in der Öffentlichkeit küssen, werden wir angreifbar», so Heggli weiter.

Schutz im Getümmel der Reitschule

In anderen Schweizer Städten sei dies weniger der Fall. In Bern etwa gibt es keine sichtbare Homo-Community, knutschende Schwule sind eine Seltenheit. «Wir treffen uns oft bei der Reitschule, dort fällt man im Getümmel nicht auf», schildert Heggli. Hand in Hand mit seinem Freund würde er aber nicht auf dem berühmt-berüchtigten Vorplatz des Kulturzentrums herumlaufen. «Dort hat es viele alkoholisierte Leute. Das birgt ein gewisses Risiko für uns.»

Das ist in Basel nicht anders. Dort sind Schwulen-Partys zwar über die ganze Stadt verstreut. Regelmässig gibt es Übergriffe im Schützenmattepark, wo sich Homosexuelle für ein spontanes Date treffen. 2015 zog eine Gruppe los, um gezielt «Schwule zu klopfen», wie sie es in der Gerichtsverhandlung hiess. Die Täter konnten eruiert und verurteilt werden.

Die Schwulen-Prügler vom Niederdorf sind hingegen noch immer nicht gefasst. «Ich bin vorsichtiger geworden, mache mir mehr Gedanken, wie ich mich in der Öffentlichkeit verhalte», so eines der Opfer zur NZZ.

(amü)

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60 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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G.
16.01.2020 17:51registriert Dezember 2014
Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum Gays und Lesben attackiert und zusammengeschlagen werden, geschweige denn mit üblen Worten diskriminiert werden. Was mich zusätzlich erstaunt, dass die Täter meistens junge Leute sind...

Ob nun Hetero oder Homo spielt doch keine Rolle? Man kann doch friedlich nebeneinander leben?
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Mia Mey
16.01.2020 18:48registriert Januar 2016
Ich frag mich immer wieder warum sich diese Schläger von homosexuellen Männern bedroht fühlen. Wenn sich in Pornos zwei Frauen vergnügen ist dann alles wieder in Ordnung.
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Rasta281
16.01.2020 18:24registriert Februar 2014
Auch wenn mir klar ist, dass es nichts bringt: Ich erwische mich ab und zu dabei, dass mich der Gedanke, dass diesen Schlägern vom anständigen Teil der Bevölkerung (=grosse Mehrheit) mal ordentlich das Maul gestopft wird, irgendwie glücklich macht..

..trotzdem darf Gewalt nicht mit Gewalt, sondern mit Bildung und Erziehung bekämpft werden.
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