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SRF zeigte auf Infokanal SRF Info Fussball – nun werden Behörden aktiv

SRF zeigt auf seinem Informationssender keine Information, sondern Fussball

Der Vorwurf ist happig: Das Schweizer Fernsehen halte sich nicht an die Konzession und mache aus SRF info einen Sender für Live-Sport.
26.08.2024, 15:50
Francesco Benini / ch media
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Bodø liegt im Norden Norwegens, nördlich des Polarkreises. Im Dezember geht die Sonne erst um 11 Uhr 30 auf – und um 12 Uhr 30 wird es in der Stadt mit 55'000 Einwohnern bereits wieder dunkel. Es ist bemerkenswert, dass der Fussballklub Bodø/Glimt nicht nur in Norwegen erfolgreich ist, sondern auch in internationalen Wettbewerben.

SRF info strahlt nicht die Wiederholung der «Tagesschau» aus – sondern das Spiel zwischen dem FC St. Gallen und Trabzonspor.
SRF info strahlt nicht die Wiederholung der «Tagesschau» aus – sondern das Spiel zwischen dem FC St. Gallen und Trabzonspor.Bild: Screenshot SRF

Am kommenden Mittwoch spielt Bodø/Glimt gegen Roter Stern Belgrad um den Einzug in die Gruppenphase der Champions League. Dieser Fussballmatch beschäftigt nun in der Schweiz das Bundesamt für Kommunikation.

Warum? Das Schweizer Fernsehen plant, das Spiel zu zeigen. Und zwar nicht auf SRF 1 oder SRF 2, sondern auf SRF info. Es ergibt sich ein Problem mit der Konzession der SRG.

In der Konzession steht: Auf SRF info können Informationssendungen wiederholt werden, die zuvor auf SRF 1 oder 2 ausgestrahlt worden sind. Zudem können «Sendungen über Ereignisse von nationaler Bedeutung» gezeigt werden, und zwar «originär», also live.

Ein Spiel zwischen einer norwegischen und einer serbischen Fussballmannschaft, ist das für die Schweiz ein «Ereignis von nationaler Bedeutung»? In den Bestimmungen zur Konzession heisst es: Zulässig seien zum Beispiel Übertragungen des World Economic Forums in Davos, Parlamentsdebatten im Bundeshaus und «wichtige Sportereignisse».

Zwei Live-Übertragungen zur gleichen Zeit erhöhen Marktanteil

Es deutet alles darauf hin, dass das Schweizer Fernsehen die Konzession verletzt. Für die Schweiz ist es kein wichtiges Sportereignis, wenn sich die Kicker von Bodø/Glimt und Roter Stern Belgrad begegnen. Warum geht SRF in dieser Weise vor?

Am kommenden Mittwochabend zeigt SRF 2 die Eröffnung der Paralympics aus Paris. Eine Sportübertragung auf SRF 2 und zeitgleich der Fussballmatch auf SRF info - so macht man aus zwei Fernsehsendern drei und erhöht den Marktanteil. Am vergangenen Donnerstagabend zeigte SRF 2 das Leichtathletik-Meeting aus Lausanne, während auf SRF info das Fussballspiel zwischen St. Gallen und dem türkischen Verein Trabzonspor lief.

SRF info ist als Wiederholungssender für Informationsprogramme, gedacht.
SRF info ist als Wiederholungssender für Informationsprogramme, gedacht.Bild: SRF

SRF info ist gedacht als Wiederholungssender für Informationsprogramme, wird aber zunehmend als zweiter Sportsender eingesetzt. Bei den Olympischen Spielen diesen Sommer war es oft so: Auf SRF 2 wurde ein Sportwettkampf gezeigt – und auf SRF info ebenso. Dabei kamen auch Randsportarten zum Zug, «nationale Bedeutung» hin oder her.

Diese Praxis stösst auf scharfe Kritik. André Moesch ist Präsident von Telesuisse, dem Verband der Schweizer Regionalfernsehen. Moesch sagt: «Hier verletzt die SRG eindeutig ihre Konzession.» Fussballspiele ausländischer Clubs oder regionaler Clubs seien «ganz sicher keine Ereignisse von nationaler Bedeutung». Somit passiere hier wieder das, was die SRG seit Jahren tue:

«Sie dehnt ihr Wirkungsgebiet nach der Salamitaktik immer weiter aus und verdrängt private Anbieter, die nicht über ein komfortables Milliarden-Polster aus Gebührengeldern verfügen wie die SRG. Es wird Zeit, dass die Politik der SRG endlich einmal ihre Grenzen aufzeigt.»
WAHLEN 2023 - NATIONALRAT - KANTON ZUERICH - Gregor Rutz (bisher), SVP. (KEYSTONE/Parteien/Handout) === HANDOUT, NO SALES ===
Gregor Rutz.Bild: keystone

SVP-Nationalrat Gregor Rutz gehört der Kommission an, die sich mit Medienfragen beschäftigt. Rutz meint: «Dass die SRG seit Jahren in Bereichen tätig ist, die über den Konzessionsauftrag hinausgehen, ist ein bekannter Ärger.» Noch ärgerlicher sei allerdings, dass es keine Kontrollinstanz gebe, die hier einschreite.

«Niemand überwacht kritisch, ob die Konzession eingehalten wird und wo die SRG zurückgebunden werden muss. Der Austausch zwischen Uvek, Bakom und SRG erfolgt in Pantoffeldistanz - da tritt niemand dem anderen auf die Füsse.»

Der Vorwurf wiegt schwer. Das Departement – unter der Führung von SVP-Bundesrat Albert Rösti – und das Bundesamt für Kommunikation müssten dafür sorgen, dass die SRG die Vorgaben einhält. Stattdessen stellen Politiker in Bundesbern fest: Die Behörden gehen betulich um mit der SRG und schauen bei evidenten Konzessionsverletzungen weg.

Die vorgesehene Sanktion ist ausgesprochen sanft

Dem Bundesamt für Kommunikation ist die Angelegenheit mit den nordnorwegischen Fussballern auf SRF info nun aber nicht geheuer. Sprecher Francis Meier sagt: Das Bakom werde die «Fallkonstellation» mit der SRG besprechen. Sollte das Bundesamt eine Verletzung der Konzession vermuten, würde es die Rechtslage in einem Aufsichtsverfahren klären. Die SRG hätte dabei Gelegenheit, sich zur Angelegenheit zu äussern.

«Bestätigt sich die Rechtsverletzung, würde das Bakom die SRG auffordern, geeignete Massnahmen zu treffen, damit sich diese nicht wiederholt.»

Das Schweizer Fernsehen schreibt: «Das Spiel Roter Stern Belgrad gegen Bodø/Glimt ist eines von 19 Spielen in der Champions-League-Saison 2024/25, welche die sprachregionalen SRG-Sender im Rahmen einer Sublizenz-Vereinbarung zwischen der SRG und blue Sport ausstrahlen können und die mit entsprechenden Sendeverpflichtungen im TV einhergehen. Da am Mittwoch der Sendeplatz auf SRF zwei bereits mit der Eröffnungsfeier der Paralympics 2024 besetzt ist, weicht SRF mit der Übertragung der Partie auf SRF info aus.»

SRF weist ausserdem darauf hin, dass das Spiel des FC St. Gallen gegen Trabzonspor auf SRF info einen Marktanteil von bis zu 30 Prozent erreicht habe. Fussballspiele, vor allem von Schweizer Clubs in den europäischen Wettbewerben, fänden beim sprachregionalen und nationalen Publikum besonders viel Zuspruch.

Gregor Rutz ist davon nicht beeindruckt. Er betont, dass es gerade im Sportbereich viele private Anbieter gebe, die gerne Anlässe übertragen würden und dies auch könnten. «Es ist unverständlich, warum wir solche Angebote bei der SRG dann über Zwangsgebühren finanzieren müssen, während gleichzeitig den privaten Medien die Einnahmen fehlen.» (aargauerzeitung.ch)

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80 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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c_meier
26.08.2024 16:10registriert März 2015
- Wenn SRF keine europäische Spiele überträgt heisst es, wieso wird nicht übertragen, Skandal (obwohl Rechte nicht bei SRF sind sondern Blue bestimmt)
- Wenn SRF ein Spiel überträgt, aber kein CH-Spiel (weil YB am Dienstag spielt) dann ist auch nicht gut, weil SRF info benützt wird
- Wenn SRF alle Spiele übertragen würde, würde es auch heissen Skandal, SRF finanziert uefa/fifa usw mit Zwangsgebühren usw...
Also: SRF kann es machen wie es will, es ist nicht recht für die Befürworter der Halbierungsinitiative.
Blue kommt immer am besten Weg ohne Kritik usw dabei haben sie die Rechte am YB-Spiel
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Massalia
26.08.2024 16:29registriert Juni 2021
Es ist klar, von wo die Kritik kommt, vom SVP rechtsaussen Mann Rutz. Weshalb die Kritik vom extremen Neoliberalen kommt, ist auch klar. Die Rechten haben sich aufgemacht, die SRG zu beerdigen, weil ihnen objektive Informationen und Berichterstattung ein Dorn im Auge ist, so wie allen Rechtspopulisten. Ein Rutz im Parlament ist, als ob man den Bock zum Hirten macht.
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hans gwüsst
26.08.2024 16:14registriert Januar 2016
In heutiger Zeit über Konzessionen zu diskutieren ist sowieso sinnfrei. Nur weil das früher mal technisch bedingt Sinn gemacht hat, muss das heute nicht weiter unnötig einschränken. Gerade das SRF sollte doch so viele Sender ausstrahlen, wie es möchte und sie es bereits bei Livestreams jetzt schon tun.
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