In der Medienbranche rumort es. Wie persoenlich.com schreibt, haben pünktlich zum internationalen Tag der Frau 60 Journalistinnen und Journalisten verschiedener Verlage einen offenen Brief an Tages-Anzeiger-Chef Res Strehle und an andere Schweizer Verleger veröffentlicht. Ihre Empörung liest sich bereits deutlich im ersten Satz: «Wir haben genug!»
Die Unterzeichner des offenen Briefs prangern an, dass im Jahr 2015 eine Chefredaktorin noch immer Seltenheitswert habe. Sie kritisieren die «Ausreden» und «Versprechungen» und attackieren direkt «Tages-Anzeiger»-Chefredaktor Res Strehle. Dieser nahm sich vor eineinhalb Jahren noch vor, bis 2016 in seiner Chefredaktion einen Frauenanteil von 30 Prozent zu erreichen.
In einem Interview von letzter Woche mit persoenlich.com nannte Strehle verschiedene Gründe, wieso es schwierig sei, geeignete Frauen zu finden: Im «newsgetriebenen Tagesjournalismus», der oft hektisch und sehr stressig sei, sei es schwierig Frauen mit Erfahrung zu finden.
Für die 60 Journalistinnen und Journalisten, die den offenen Brief unterzeichnet haben, sind solche Gründe nur «Ausreden». In der Schweiz gebe es genügend gut ausgebildete Journalistinnen, die «hervorragende Arbeit» leisten. Wenn man den Frauenanteil in Führungsorganen erhöhen will, reiche es nicht, «zu warten, bis sich die Frauen in die Redaktion verirren». Man müsse dafür auch etwas tun, schreiben die Erstunterzeichner in dem offenen Brief.
Mitunterzeichnerin ist unteranderem Andrea Bleicher, stellvertretende Chefredaktorin der Sonntagszeitung. Bleicher reagierte bereits letzte Woche in einer Kolumne auf Res Strehles Interview und bezeichnete seine Ausführungen als «totalen Bullshit». Sie forderte scharfzüngig: «Macht's doch einfach, stellt mehr Frauen an! Hört endlich auf zu labern.»
Res Strehles Interview führte auf Twitter indes zu scharfer Kritik.
Guten Abend @resstrehle. Ich kenne ein paar starke Journalistinnen, falls Sie Ihre 30%-Quote wirklich ernst nehmen: http://t.co/g51cJYNhEp
— Konrad Weber (@konradweber) March 3, 2015
@resstrehle würde ja gerne mehr Frauen anstellen, aber... die Liste der Ausreden beim #tagi ist lang http://t.co/nlWVdZ7bvb #stauffachergate
— Karin Baltisberger (@KaBaltisberger) March 3, 2015
Andrea Bleicher hat recht und zwar sowas von: http://t.co/6yF17FrxrA
— Michèle Binswanger (@mbinswanger) March 7, 2015
@mbinswanger @Novalis1 "Es ist nur schwierig, Frauen zu finden, wenn man unter Männern sucht." Wie recht sie hat.
— UmWeg (@PeterRoten) March 7, 2015
Ich behaupte, von den mitunterzeichnenden Männern war kein einziger dabei, der sich gerade um eine Stelle beworben hat. Denn sonst hätte keiner dieser verlogenen, scheinheiligen Kerle ein solches Schreiben unterzeichnet.
Einfach nicht ernst nehmen!