89'582 Franken. Das ist der Betrag, der am Freitag um 7 Uhr aufleuchtete, wenn man die Internetseite des Projekts «Mir langets» aufrief. Ins Leben gerufen wurde die Aktion vor einer guten Woche vom Badener Studenten Donat Kaufmann. Der 26-Jährige will für insgesamt 138'815 Franken ein Inserat auf der Titelseite der Gratiszeitung «20 Minuten» vom 14. Oktober schalten, und damit ein Zeichen setzen gegen den aktuellen Wahlkampf, der «nicht mit Inhalten, sondern mit Budgets bestritten wird».
Sämtliche Spender sollen namentlich auf der Seite erscheinen, dazu der Satz: «Aufmerksamkeit kann man kaufen. Unsere Stimmen nicht.» Noch ist jedoch unklar, ob dieser Satz jemals so prominent erscheinen wird – trotz des bisherigen Erfolges. Es fehlen knapp 50'000 Franken, die Kaufmann in den nächsten zehn Tagen sammeln muss. Wie schätzt der Initiant die Chancen ein, sein Ziel zu erreichen?
«Ich bin optimistischer denn je. Den Schlussspurt der Aktion darf man nicht unterschätzen», sagt Kaufmann. Der junge Mann hat sich in kürzester Zeit in die Schlagzeilen und das nationale Rampenlicht gebracht. Eine Situation, an die er sich zuerst gewöhnen musste: «Es hat eine gewisse Zeit gebraucht, um alles einordnen zu können. Das ist alles eine neue Erfahrung.»
Eine neue Erfahrung hat auch die Plattform «Wemakeit» gemacht, auf der das Crowdfunding-Projekt läuft. «Crowdfunding» bezeichnet eine Finanzierungsform durch eine Vielzahl von Personen. Mediensprecherin Melina Roshard zeigt sich begeistert: «Das ist für uns einmalig.» Der bisherige Rekord steht bei 629 Teilnehmern für ein einzelnes Projekt. Diese Marke hat Kaufmann pulverisiert – bei seinem Aufruf haben schon über 7500 Personen teilgenommen.
«Das liegt auch daran, dass man bereits ab fünf Franken mitmachen kann», erklärt Roshard. Sie glaubt, dass es Donat Kaufmann schafft. Normalerweise sammle ein Crowdfunding-Projekt zum Start und am Schluss am meisten Beiträge. Bei «Mir langets», seien die Beiträge jedoch fast konstant geblieben.
Keine Einschätzung will das betroffene Medium machen. Bei «20 Minuten» verweist man auf die aktuellen Zahlen des Projekts. Was, wenn die 138'815 Franken nicht zustande kommen? Gibt es bei der Gratiszeitung alternative Angebote, beispielsweise ein Inserat weiter hinten in der Zeitung? «Die Initiative dazu müsste von Herrn Kaufmann kommen», sagt Marco Boselli, Chefredaktor von «20 Minuten». Daran ist der Student derzeit jedoch gar nicht interessiert. Für ihn ist klar: «Die Aktion folgt etwas dem Motto ‹Alles oder nichts›. Alles andere als die Titelseite würde die Wirkung verfehlen.»
Er warte jetzt jedoch zuerst die nächsten Tage ab. Seine Aktion hat hohe Wellen geworfen. Tausende unterstützen den Badener, doch er muss auch immer wieder Kritik einstecken. Egal, ob er die Summe zusammenbringt oder nicht – sein wichtigstes Ziel hat Donat Kaufmann schon erreicht: Er hat eine Diskussion über die Thematik angestossen.
(aargauerzeitung.ch)