Mehr Asylgesuche während Street Parade und Taylor Swift – Bund will dagegen vorgehen
Bis Ende November haben in der Schweiz 23'767 Personen ein Asylgesuch gestellt. Das entspricht einem Rückgang von 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Politisch bleibt das Thema trotz der leichten Entspannung ein heisses Eisen. In der abgelaufenen Session hat das Parlament diverse Verschärfungen beschlossen. So sollen nicht schutzbedürftige Migranten und wiederholt straffällige Personen einfacher inhaftiert und konsequenter ausgeschafft werden können.
Es sind Ziele, die auch Justizminister Beat Jans (SP) verfolgt. Bereits im April setzten Bund und Kantone eine Taskforce ein. Der Kampf gegen Kleinkriminalität und für eine höhere Akzeptanz der Asylpolitik ist Teil der neuen Asylstrategie, die Jans Ende November präsentiert hat.
Zu schaffen machen den Behörden auch eine Vielzahl mutmasslich unbegründeter Gesuche. Seit der Coronapandemie nehmen diese wieder zu, wie das Forschungsbüro Ecoplan in seinem Bericht zur Gesamtstrategie Asyl festhält.
Die Personen, die in der Schweiz praktisch ohne Chance um Schutz ersuchen, stammen dabei aus verfolgungssicheren Herkunftsstaaten oder aus Ländern, die ohne Visum in den Schengenraum einreisen können. Auch Staaten mit tiefer Schutzquote wie Algerien, Marokko, Tunesien, Libyen, Nigeria oder Gambia fallen in diese Kategorie. Auf Gesuche aus diesen Ländern tritt die Schweiz entweder gar nicht ein, oder sie lehnt überwiegend ab.
2024 registrierte das Staatssekretariat für Migration rund 4500 mutmasslich unbegründete Gesuche, was 15 Prozent aller Entscheidungen entspricht. Rechnet man die abgeschriebenen Gesuche hinzu, erhöht sich dieser Wert sogar auf 28,6 Prozent (8707 Gesuche).
Das Problem ist: Auch aussichtslose Gesuche binden Ressourcen, denn Personen ohne fluchtrelevante Gründe besetzen in den Bundesasylzentren Betten – und die Behörden müssen Verfahrensschritte durchführen. Häufig setzen illegal anwesende Personen erst dann auf die Karte Asyl, wenn sie von der Polizei angehalten werden und ausländerrechtliche Massnahmen drohen. Dieser Prozess kann mittels Asylgesuch verzögert werden.
Die Autoren des Ecoplan-Berichts schreiben dazu, bei einem Teil der unbegründeten Asylgesuche müsse von eigentlichem Missbrauch ausgegangen werden:
Mehr Anläufe nach Konzert von Taylor Swift
Missbraucht werden die Bundesasylzentren oft auch als kurzfristige Unterkunft mit Verpflegung. Dies musste Beat Jans feststellen, kaum hatte er sein Amt Anfang 2024 angetreten. An Wochenenden verzeichneten die Bundesasylzentren viele Eintritte von Personen, die am Montag wieder verschwanden. Der Ecoplan-Bericht fördert interessante neue Zahlen zutage und legt nahe, dass Bundesasylzentren, die eigentlich politisch und religiös verfolgten Menschen Schutz bieten sollen, als eine Art Hotel für Partygänger genutzt werden.
So stellten im Jahr 2024 an normalen Sommerwochenenden jeweils rund 10 bis 15 Personen aus nordafrikanischen Staaten ein Asylgesuch im Bundesasylzentrum in Zürich. Am Wochenende der Street Parade klopften 75 Personen aus dieser Region an.
Ein ähnliches Phänomen beobachtete das Staatssekretariat für Migration auch rund um die Zürcher Konzerte von Superstar Taylor Swift. Das SEM wies aber 2024 und auch in diesem Jahr alle Nordafrikaner, die in Zürich auf ein warmes Bett hofften, weiter ans Bundesasylzentrum Basel – wo sie aber nie ankamen.
Der Bund erfasst das Phänomen der sogenannten «Anläufe» in ein Bundesasylzentrum und stellt sie der Zahl der eingereichten Asylgesuche gegenüber. Das Fazit: In den letzten Jahren tauchen immer mehr Personen auf (und danach unter), die gar kein Gesuch stellen. 2024 verzichteten 2337 Personen darauf, den Asylprozess zu durchlaufen, nachdem sie in einem Bundeszentrum vorstellig geworden waren. Am häufigsten steigen sie aus, wenn sie in Zürich den Bescheid erhalten, dass sie sich in einer Unterkunft in einem anderen Landesteil zu melden haben. Trotz Gratisfahrkarte erscheinen sie dort nie. Es handelt sich dabei vornehmlich um Personen aus den Maghrebstaaten.
Unterdessen hat das Staatssekretariat für Migration die Problematik besser im Griff, wie Sprecher Samuel Wyss sagt. Das hat auch mit den sogenannten 24-Stunden-Verfahren für die Personen aus Nordafrika zu tun, bei denen alle wesentlichen Verfahrensschritte innert eines Tages erledigt werden.
Dank einer vereinfachten biometrischen Erfassung können neu auch nachts und an Wochenenden Fingerabdrücke erfasst werden. Ab nächstem Jahr wird diese Methode bei allen Asylsuchenden angewandt. Übernachten in einem Bundesasylzentrum ohne Spuren seiner Identität zu hinterlassen, ist damit nicht mehr möglich.
Bund, Kantone und Gemeinden haben sich zudem geeinigt, ein sogenanntes Vorverfahren zu prüfen, um der unbegründeten Gesuche Herr zu werden. Dabei könnte abgeklärt werden, ob überhaupt die Voraussetzungen gegeben sind, um ein Asylgesuch zu stellen. Auch mit dieser Massnahme wollen die Behörden die Strukturen von Personen entlasten, die ohne Fluchtgründe in die Schweiz kommen. (aargauerzeitung.ch)
