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Flüchtlingskrise in der Schweiz: Fünf falsche Behauptungen

Flüchtlinge am Bahnhof Buchs. Grenzwächter bringen sie von hier auf einen provisorischen Polizeiposten. 
Flüchtlinge am Bahnhof Buchs. Grenzwächter bringen sie von hier auf einen provisorischen Polizeiposten. 
Bild: KEYSTONE

5 Behauptungen zum «Flüchtlingsstrom» in die Schweiz, die einfach falsch sind

Das Überthema Flüchtlinge ist weiter omnipräsent. Es wird viel geschrieben und noch mehr geredet. Folgende fünf Dinge entsprechen nicht den Tatsachen.  
07.12.2015, 09:1808.12.2015, 12:32
Felix Burch
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«Im November kommen jeden Tag 300 neue Flüchtlinge» 

Die Zahl der Asylgesuche war auch im November hoch. Allerdings waren es nicht, wie teilweise behauptete wurde, 300 neue Flüchtlinge pro Tag. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) publiziert die definitiven Zahlen erst am Montag. Man kann aber schon jetzt sagen, dass die Zahl bei rund 5700 liegen wird. 

«Der Flüchtlingsstrom wird auch über den Winter nicht abreissen»

Martin Reichlin, Sprecher des SEM, sagt: «Die Situation ist sehr volatil und kann sich rasch ändern. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt keine seriöse Prognose erstellen.» Man müsse abwarten, wie sich die Menschen verhielten, welche die Route von der Türkei über Griechenland und die Staaten im Südwestbalkan nutzten, wenn sich die Witterungsbedingungen verschlechterten. Weiter haben die innenpolitischen Entscheidungen der Transitländer einen Einfluss auf die Flüchtlinge, die in die Schweiz kommen. «In den letzten Tagen konnten wir eine leichte Abnahme der täglichen Neueintritte feststellen», ergänzt Reichlin. In Deutschland halten sich allerdings noch bis zu 300'000 nicht registrierte Flüchtlinge auf. 

«Bald herrscht Notsituation»

Der Flüchtlingsandrang ist gross. Die Situation sei angespannt, sagt Peter Gomm, Präsident der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren. Deshalb schliesst er Einsätze des Zivilschutzes nicht aus. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Chaos herrscht oder eine Notsituation. Wann eine Notsituation eintreten würde, ist unklar. «Das Notfallkonzept des Bundes sieht keine fixe Zahl vor, ab der Notsituation herrschen würde», sagt Reichlin. Die Lage werde seit September stetig analysiert vom «Stab Lage Asyl». Zu diesem gehören Vertreter des Bundes und der Kantone. Ausserdem erörtern die Vorstände der Sozialdirektorenkonferenz (SODK) sowie der Kantonalen Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) mit Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Vertretern des SEM sowie des VBS regelmässig die aktuelle Lage im Asylbereich.

«Der Bund macht nichts»

Verschiedentlich wurde gesagt, der Bund verlasse sich darauf, dass bei weiter steigenden Zahlen einfach Institutionen wie der Zivilschutz die Situation lösten. Dem widerspricht Reichlin: «Erstens hat der Bund die Unterkunftskapazität seit Frühling verdoppelt und auch die Kantone haben grosse Anstrengungen unternommen. Zweites haben wir die Leistungsfähigkeit bei der Verarbeitung der neuen Gesuche in den Empfangs- und Verfahrenszentren markant gesteigert.»

«Man sollte Arbeitslose und Asylsuchende im Asylwesen einsetzen»

Das könnte allenfalls eine Option für die Kantone sein. Der Bund hat externe Firmen mit den Aufgaben bei der Betreuung von Asylsuchenden in den Bundeszentren sowie die Sicherheitsaufgaben beauftragt.

Flüchtlinge im Oktober 2015: Die lange Flucht auf dem Wasser, zu Fuss, mit dem Zug

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Flüchtlinge im Oktober 2015: Die lange Flucht auf dem Wasser, zu Fuss, mit dem Zug
Die Tage werden kälter, doch die Flüchtlingsströme reissen nicht ab. Noch immer kommen täglich Tausende an Europas Aussengrenzen an. Auf der griechischen Insel Lesbos etwa. Diese Flüchtlinge lassen am 21. Oktober den gefährlichsten Teil ihrer Flucht – die Fahrt übers Mittelmeer – hinter sich.
quelle: ap/ap / santi palacios
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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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atomschlaf
07.12.2015 10:27registriert Juli 2015
Auch wenn es im November "nur" 5700 Asylgesuche waren, ergibt das auf ein Jahr hochgerechnet fast 70'000 Gesuche, was mehr als 50% mehr sind als auf dem Höhepunkt des Jugoslawien-Kriegs.
Wenn Länder wie Schweden, Dänemark und Deutschland die Schrauben anziehen und die Aufnahme beschränken oder die Asylpraxis verschärfen, muss die Schweiz dringend nachziehen, sonst werden wir überrannt.
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7immi
07.12.2015 09:37registriert April 2014
spannender artikel...
wie steht watson eigentlich zur geschichte im val müstair? flüchtlinge, die nicht einziehen wollten, da es keine einkaufsmöglichkeiten hatte? zensiert watson etwa?
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/23362742
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shills-anonymous
07.12.2015 16:17registriert Oktober 2015
Idee:
Ausbildungscamps die Ausbildungen in Wiederaufbau und Ähnlichem anbieten. Systematisch werden dann Menschen nach Bedarf, Fähigkeit und Begeisterung eingeteilt.
Disziplinarisch und psychologisch ausgefeilt geführt, damit es vorwärts geht aber auch Spass machen darf. Trainingscamps für den Wiederaufbau des eigenen Landes oder ein vom Krieg/Elend befreites Land. Ja es wird uns eine Stange Geld kosten doch wir hätten eine Lösung mit Hilfe zur Selbsthilfe.
Zurückführen und befähigen statt bemuttern, ausschaffen, hassen oder durchfüttern.
Abwarten oder mauern lösen nichts doch kosten mehr!
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