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Die Migros mischt sich in den Abstimmungskampf ein

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Gibt den politischen Weg vor: die Migros.Bild: KEYSTONE

Die Migros mischt sich in den Abstimmungskampf ein und fasst offiziell eine Parole

Es ist selten, dass Firmen sich zu Abstimmungsvorlagen äussern. Die Migros besinnt sich auf ihre politischen Wurzeln und tut es jetzt wieder.
04.11.2024, 17:20
Florence Vuichard und Stefan Ehrbar / ch media
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Die Migros sagt am 24. November Ja. Ja zum Autobahnausbau. Um ihren Versorgungsauftrag erfüllen zu können, sei sie auf eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen, hält die Detailhändlerin in der neuesten Ausgabe ihres «Magazins» fest.

Begleitet wird die Abstimmungsparole vom Versprechen, dass die Migros – ganz unabhängig vom Ausgang der Abstimmung – «ihr Engagement für den Warentransport auf der Schiene weiter forcieren» werde. Und von einem Interview mit Verkehrsminister Albert Rösti, der ebenfalls kräftig für ein Ja weibelt.

Abstimmungsparole im «Migros-Magazin»
Abstimmungsparole im «Migros-Magazin»bild: az / ehs

Die Migros war schon immer politisch. Ihr Gründer, Gottlieb Duttweiler, lancierte mit dem Landesring der Unabhängigen (LdU) gar eine eigene Partei – als Antwort auf seinen Kampf mit den Behörden, um neue Läden zu eröffnen. Er selbst war Nationalrat, später auch Ständerat.

Doch die Migros hat sich seit der Ära von Fabrice Zumbrunnen, der den Konzern von 2018 bis 2023 leitete, aus der Politik zurückgezogen und ihr Lobbying zurückgestutzt. Die politischen Debatten rund um Ladenöffnungsfragen oder Agrarreformen hatten den vormaligen Konzernchef nicht interessiert. So ist die Migros, einst unter der Bundeshauskuppel eine gewichtige Stimme, wenigstens gegen aussen praktisch verstummt.

Nun ist sie also wieder zurück. Und zwar direkter als auch schon. Konkrete Abstimmungsparolen hat sie von sich aus früher selten publiziert – ausser sie war Teil von Abstimmungskomitees, wie bei den Ladenöffnungszeiten in den Bahnhöfen bei der Abstimmung vom November 2005. Aktiv eingemischt hat sich die Migros auch bei der Referendumsabstimmung gegen die Buchpreisbindung 2012 oder gegen die Volksinitiative der Wirte für tiefere Mehrwertsteuersätze in Restaurants.

Jetzt engagiert sich die Migros unter ihrem neuen Chef Mario Irminger für den Autobahnausbau. Sein Kommunikationschef Christian Dorer hatte gegenüber dem Portal «Persönlich» im Frühsommer bereits angekündigt, dass das «Migros-Magazin» «wieder politischer» werde, «was ja in der Migros-DNA liegt».

Auf Anfrage hält die Migros fest, dass sie Abstimmungsparolen dann fasse, «wenn sie direkt betroffen ist». So wie sie das auch in der Vergangenheit gemacht habe. «Da der Nationalstrassenausbau den Verkehrsfluss verbessert und den Ausweichverkehr reduziert, stehen wir dieser Vorlage positiv gegenüber.» Die Migros will ihre Stimme also wieder erheben, wie sie betont. «Dies werden wir künftig je nach Thema vermehrt tun.»

Gesellschaftspolitische Themen dominieren

Dass sich Firmen hierzulande zu konkreten Abstimmungsfragen äussern, ist selten. Doch die Migros ist nicht allein. Meist beschränken sich die Unternehmen aber auf gesellschaftspolitische Fragen. Der Glacéhersteller Ben&Jerry's etwa unterstützte 2021 die «Ehe für alle». Das für sein Engagement für die LGBTQ-Gemeinschaft bekannte US-Unternehmen hatte schon 2021 gegen eine Initiative der CVP, der Vorläuferin der Mitte-Partei, Stellung bezogen, welche die Ehe als Bündnis zwischen Mann und Frau festschreiben wollte.

Der schwedische Möbelverkäufer Ikea stellte sich vor vier Jahren hinter eine Initiative für einen nationalen Vaterschaftsurlaub. Im selben Jahr warb der US-Getränkeriese Coca-Cola auf Flaschen für die Verschärfung des Antidiskriminierungsgesetzes in der Schweiz.

Aktuell spricht sich die Krankenkasse CSS für die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen im Gesundheitswesen (Efas) aus. Vor drei Jahren kritisierte der damalige Chef der Airline Swiss, Dieter Vranckx, die Ausgestaltung des CO2-Gesetzes, das zur Abstimmung stand. Auch auf kantonaler und kommunaler Ebene mischen sich Firmen vereinzelt ein. So kämpften Novartis, Roche und der Basler Zoo im Jahr 2022 gegen die «Primaten-Initiative», die nicht-menschlichen Primaten im Besitz des Kanton Basel-Stadt das Recht auf Leben sowie körperliche und geistige Unversehrtheit verschaffen wollte. (aargauerzeitung.ch)

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128 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
04.11.2024 18:05registriert Juli 2014
Es wäre offensichtlich zu viel verlangt gewesen, dass ein Grossverteiler weiter denkt als bis zur nächsten Jahresrechnung. Das ganze Nachhaltigkeitsgelaber, egal, ob von der Migros oder vom Coop, ist nichts als eine plumpe Marketing-Masche.
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Schampar
04.11.2024 17:52registriert Dezember 2023
Zur Erinnerung: der grösste Anteil am Strassenverkehr ist der sogenannte "Freizeitverkehr". Dazu gehören alle, die mit dem Auto ins Shoppingcenter fahren, anstatt lokal zu Fuss / mit dem Velo ihre Besorgungen zu erledigen.

Mit dem Aus- und Neubau von Centern auf der grünen Wiese ist die Migros mitschuldig am Stau auf der Autobahn. Die Migros-Führung sollte sich mal selber an der Nase nehmen.

Ich war mein Leben lang Migros-Kind. Dies ändert sich ab heute.
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Alnothur
04.11.2024 18:04registriert April 2014
"Um ihren Versorgungsauftrag erfüllen zu können, sei sie auf eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur angewiesen, hält die Detailhändlerin in der neuesten Ausgabe ihres «Magazins» fest."

Ah ja? Heisst das durch die Blume, dass die Migros ihre Logistik von der Schiene auf die Strasse verlagern möchte?
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