Vor vier Jahren hatte die Spitze der Grünen Gerhard Andrey in die Finanzkommission geschickt. Diese galt zwar als nicht besonders wichtig, aber als geeignet, um die Mechanik in einer Kommission zu erlernen. Andrey war damals ein Neuling in Bundesbern.
Die Finanzkommission ist eine Aufsichtskommission. In ihr beschäftigen sich die Mitglieder mit allen Finanzangelegenheiten des Bundes, quer durch alle Sachbereiche. Andrey lernte einiges - er ist heute Bundesratskandidat der Grünen.
Es zeichnet sich ab, dass die Finanzkommission in der kommenden Legislatur zur zentralen Kommission wird – wichtiger als je in den letzten beiden Jahrzehnten. Hier finden in den nächsten Jahren die grossen finanzpolitischen Verteilkämpfe statt.
Das hat mit der angespannten Finanzlage des Bundes zu tun. Gemäss Finanzverwaltung beträgt das strukturelle Defizit zwei bis drei Milliarden Franken. «Zu Zeiten von Schönwetter-Finanzen wurde die Finanzkommission als weniger wichtig erachtet», sagt Andrey. «Jetzt aber, wo die Lage schwieriger wird, drängen sich die Parlamentsmitglieder wieder in diese Kommission.»
Zum Beispiel Mitte-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter. Der Bundesratsmacher will neben der Wirtschaftskommission auch einen Sitz in der Finanzkommission.
«Die Finanzkommission ist in den nächsten vier Jahren eine Schlüsselkommission», sagt er. «Bekommen wir die finanzielle Situation beim Bund nicht in den Griff, gibt es ein Debakel und wir verlieren den finanzpolitischen Handlungsspielraum.» Deshalb habe die Mitte-Fraktion in der Finanzkommission grosse Verantwortung. «Da möchte ich mithelfen eine starke Delegation aufzubauen.» Man kann das als kleinen Seitenhieb verstehen an die aktuelle Mitte-Delegation in der Kommission. Die drei Mitte-Vertreter verlassen das Parlament.
Ritter muss sich wie alle Parlamentsmitglieder bei seiner Fraktion bewerben um den Sitz. Entscheiden wird das Fraktionspräsidium. Mitte-Fraktionschef Philipp Bregy lässt sich nicht in die Karten blicken. Er sagt nur, nach welchen Kriterien er die Kommissionen zusammensetzt: «Mein Ziel ist es, ausgeglichene und starke Delegationen in allen Kommissionen zu haben.»
Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass Bregy seinen Fraktionskollegen brüskiert. Ritter zählt als Bauernpräsident auf eine Hausmacht von 30 bauernnahen Parlamentsmitgliedern und gilt als vielleicht mächtigster Politiker im Parlament.
Es ist kein Zufall, dass Ritter jetzt in die Finanzkommission will. Als Präsident des Bauernverbandes befürchtet er Sparmassnahmen bei der Landwirtschaft. «Mir geht es nicht darum, mehr Geld für die Landwirtschaft herauszuholen», betont er. Aber er hebt den Warnfinger: «In der Zahlungsrahmenbotschaft 2026 bis 2029 wird die Landwirtschaft mit einer Nominalentwicklung von minus 0,1 Prozent geführt.» Die Landwirtschaft sei der einzige Bereich, in dem effektiv gekürzt werden solle.
«Der Druck auf die schwach gebundenen Ausgaben – und dazu zählt die Landwirtschaft – ist enorm bei einem Bundeshaushalt, der aus den Fugen gerät», sagt Ritter. Nominell erhalte die Landwirtschaft seit 20 Jahren gleich viel Geld, betont er – nämlich 3,6 Milliarden Franken. «In dieser Zeit hat der Bundeshaushalt um 80 Prozent oder 35 Milliarden zugenommen – und trotzdem haben wir jetzt ein Loch in der Bundeskasse.»
Die Finanzlage wird ab 2025 zum Problem. Der Bundesrat hat für 2025 bereits ein Entlastungsprogramm aufgegleist. Nächstes Jahr folgt ein weiteres Programm. Die mittelfristigen Wachstumsprioritäten setzte die Regierung im März bei Armee, Umwelt und Ukraine.
Das Armeebudget soll zwischen 2025 und 2028 um 5,1 Prozent wachsen. Die Umwelt soll im gleichen Zeitraum 4,6 Prozent mehr Geld erhalten, die internationale Zusammenarbeit wegen des Wiederaufbaus der Ukraine 2,5 Prozent. Sparen muss die Landwirtschaft.
Ritter ist nicht der Einzige, der die Finanzkommission neu hoch gewichtet. «Die Arbeit in ihr hat angesichts der angespannten Finanzlage eine grössere Bedeutung als in den letzten Jahren», sagt auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. Er betont, die SVP habe der Kommission immer grosses Gewicht beigemessen: «Deshalb wird Lars Guggisberg auch in der neuen Legislatur unser Leader im Nationalrat sein, Pirmin Schwander wohl im Ständerat.»
Bei der FDP möchte Nationalrat Peter Schilliger, seit 2020 in der Finanzkommission, dort bleiben. Die beiden Kommissionen von National- und Ständerat müssten künftig eine zentralere Rolle übernehmen, um bei Verteilungsfragen Lösungen zu finden, mahnt er an.
Grünen-Fraktionschefin Aline Trede wundert sich über die neue Dynamik. «Wir haben die Wichtigkeit der Finanzkommission immer betont», sagt sie – und fragt: «Merken die anderen das erst jetzt?»
Auch Gerhard Andrey will in der Finanzkommission bleiben, es sei denn, er werde in den Bundesrat gewählt. Den Run sieht er kritisch. «Die Bürgerlichen machen nun Austeritätspolitik», sagt er. «Alle sollen sparen, aber einfach nicht bei sich selbst. Man will Deals abschliessen, um die eigene Klientel zu verschonen.»
Wir sollten endlich aufhören, nicht überlebensfähige Industrien künstlich am Leben zu erhalten.
Seine Industrie weigert sich standhaft immer wieder, mögliche Unique Sellings Points zu schaffen.
Stattdessen will man möglichst frei produzieren wie das Ausland aber zu einem massiv höheren Preis.
Am besten gleich für den Ritter der Zuckerrüben ein eigenes unabhängiges Konto einrichten.