Die Corona-Pandemie beherrscht im Moment alle Lebenszweige unsere Gesellschaft. Kein Wunder also, dass sich unser alltäglicher Umgang seit Beginn der Pandemie drastisch verändert hat. Dinge, die zuvor völlig normal waren, rufen nun Gänsehaut hervor. Und umgekehrt nehmen wir gewisse Veränderungen mittlerweile als völlig selbstverständlich hin.
So hätten wir uns 2019 nie träumen lassen, dass wir uns mal an all das gewöhnen würden:
2019 riefen die Bilder aus Asien von Menschen, die auf offener Strasse Masken tragen, bei uns noch Irritation hervor. Nun ist die Gesichtsbedeckung auch in der Schweiz angekommen. Zwar hatten Hygienemasken einige Startschwierigkeiten, trotzdem besitzt heute jeder Schweizer und jede Schweizerin mindestens ein Modell.
Das Wort «Epidemiologe» hättest du in der Schweiz wohl höchstens in Kreuzworträtseln oder Aussprache-Wettbewerben gefunden. Heute weiss jeder Schweizer, wie man dieses Fremdwort ausspricht. Basisreproduktionszahl? Check. Positivitätsrate? Kennt jeder. Tröpfcheninfektion? Davon spricht schon mein Vierjähriger.
Gleich geht's weiter mit der Story, vorher ein kurzer Werbe-Hinweis:
Und nun zurück zur Story ...
Was hätte es gebraucht, um 2019 ein Held zu sein? Da war mal dieses Pärchen, das 2,7 Millionen Bäume gepflanzt hat. Oder der Pilot, der einen Flieger auf dem Hudson-River gelandet hat. Heute bist du Held, wenn du zu Hause bleibst und keine Menschen triffst.
Home-Office war zwar schon 2019 ein Thema, zugegeben. Doch wer hätte gedacht, dass zumindest phasenweise die halbe Schweiz von zu Hause aus arbeiten würde? Wohl die wenigsten.
Der Run auf die WC-Papier-Rollen fing schleichend an. Man hörte von solchen Hamsterkäufen aus den USA und aus Australien. Man belächelte sie. Und dann klapperte man in der Schweiz plötzlich selbst die Läden nach den heissbegehrten Rollen ab. Mehrlagig, einlagig, völlig egal. Hauptsache, man sitzt auf dem Topf nicht auf dem Trockenen.
Die Schweiz 2019: Beim Anstehen musste laut Alltags-Knigge nach jeder Bewegung des Vorderen sofort aufgeschlossen werden. Der Atem im Nacken gehörte halt dazu, endlich kommt man mal unter Menschen. Doch wer heute die unsichtbare 2-Meter-Barriere durchbricht, erntet sogleich böse Blicke.
Aus Chiang Mai wurde Ascona, statt am Roten Meer liegt man an der Limmat. Die Ferienplanung sieht 2020 etwas anders aus als noch vor einem Jahr. Früher fragte man sich noch, ob man wohl in dem Land mit dem öffentlichen Verkehr zu seinem Ziel kommt. Heute fragt man sich, ob man überhaupt noch nach Hause kommt.
Ein Bild der Einigkeit! Bei der Demonstration gegen die Corona-Massnahmen des Bundes fanden sich Menschen aus allen politischen Lagern und sämtlicher Couleur auf dem Bundesplatz ein. Es reihten sich Schweizer Fahnen neben Dreadlocks, Bibelsprüche neben buddhistische Slogans.
Luzern? Leergefegt. Venedig? Kein Tourist in Sicht. Barcelona? Auf der La Ramblas vereinsamen die Tauben. Das Coronavirus hat die Tourismus-Hochstätten zeitweise in Geisterstädte verwandelt. Solche Bilder werden wir wohl lange nicht mehr sehen, wenn die Pandemie vorüber ist:
Alle Welt erreicht die Klimaziele und in Italien kehren Delfine in die Häfen zurück. Noch 2019 hätte dies als grosser Erfolg gegolten. Leider waren die Effekte, wie saubere Luft über China, nur von kurzer Dauer.
Die Natur in #Venedig erholt sich zusehends. Die Kanäle sind glasklar und auch die Fische fühlen sich wieder pudelwohl. Erstaunlich was die Abwesenheit der Menschenmassen bewirken kann.#coronavirus #CoronaOutbreak #COVID2019 pic.twitter.com/pWBIgR6PyW
— M/ich/ael (@michistweets) March 17, 2020
Man kennt sie aus dem Internet, die ewig langen Listen an Konditionen, die man nie durchliest und am Ende einfach akzeptiert. Nun sind sie auch im Alltag angekommen. In Restaurants und Bars hinterlässt man wie selbstverständlich Email und Telefonnummer. (PS: Bitte keine Angebote mehr zur Penisverlängerung, ich werde langsam unsicher.)
2019 waren es die Events von Apple, Sony oder Samsung, die die Leute vor die Streams zogen. Es waren die neuen iPhones, Playstations oder Smart TVs. Nun sind es die wöchentlichen PKs des Bundes. Kommt mein Reiseziel auf die BAG-Risikoliste? Muss ich im Büro bald eine Maske tragen? Neue Woche, neue Fragen.
Im Netz an die Velo-Demo, die Vorlesung per Stream und auch für die Homeparty sitzt man vor dem Bildschirm. Viele Interaktionen – ob beruflich oder in der Freizeit – finden über Videokonferenzen statt. Die Verbindungsprobleme sind aber immer noch die Gleichen.
Gebe ich drei Küssli? Oder doch nur eins? 2020 stellt sich diese Frage nicht mehr, bleibt mir bloss vom Leib. Keine Umarmung, kein Handschlag, keine Küsse.
Zugegeben, beim letzten Punkt wurde geflunkert. Das Problem wurde nicht gelöst, sondern hat nur seine Form geändert. Jetzt stellt sich einfach die Frage, ob man den Fuss oder den Ellenbogen zur Begrüssung hinstreckt, oder ob ein einfaches Nicken reicht.
Ein Punkt während diesen Zeiten, welcher ich einfach nicht verstehen kann.
Wie kann es sein, dass die Prinzipientreue "Fühlsch-mi" Anhänger, sine Prinzipien auf`s gröbste verraten und mit der rechten Meute marschiert.
Da wird ja selbst der geliebteste Baum, braun.