Die kritische Schwelle wird dort am Samstagmorgen erwartet. Die Waadtländer Behörden bereiteten sich auf Überschwemmungen vor. Einsatzkräfte installierten Sandsäcke und andere Wassersperren.
Der Neuenburgersee, der unter anderem den Überschuss des Bielersees aufnimmt, erreichte am Donnerstagmorgen an der Messstation Grandson am Nordufer einen Pegelstand von 430,2 Meter, rund 20 Zentimeter mehr als am Vortag. «Wir sind nun sicher, dass der kritische Wert von 430,6 Meter am Samstagmorgen erreicht wird», sagte Denis Froidevaux, Chef des kantonalen Führungsstabs des Kantons Waadt, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Um Platz zu schaffen für neue Niederschläge, hat das Bundesamt für Umwelt (Bafu) die Steigerung des Abflusses aus den praktisch vollen Jurarandseen beschlossen – zusammen mit Anrainerkantonen von Bieler-, Murten- und Neuenburgerseee und den Aare-Kantonen unterhalb des Bielersees.
In Teilen des Kantons Bern blieb die Hochwasserlage angespannt. Die Pegelstände verharrten auf hohem Niveau. Der Pegel des Bielersees lag am Donnerstagmorgen mit 430,41 Metern sechs Zentimeter über der Hochwassergrenze. Der Wert ist seit Mittwochmittag stabil, wie aus den Zahlen des Kantons Bern hervorgeht. Gemäss Prognose dürfte der Pegel bis Freitagabend praktisch unverändert hoch bleiben und dann zurückgehen.
Auf hohem Niveau stabil blieben auch die Werte am Thunersee und entlang der Aare. Überflutete Uferwege waren weiterhin gesperrt. In der Stadt Bern sollen die Hochwasserschutzmassnahmen, darunter Beaver-Schläuche, übers Wochenende bestehen bleiben.
Der Pegelstand des Rheins in Basel ging derweil leicht zurück. Eine Teilsperrung der Schifffahrt dürfte aber mindestens bis Freitagabend andauern.
In Sachseln OW entspannte sich die Lage etwas. Es mussten keine weiteren Haushalte evakuiert werden. Seit Mittwochmittag hätten keine weiteren Hilfsleistungen mehr aufgeboten werden müssen, sagte Knut Hackbarth, Gemeindepräsident von Sachseln, auf Anfrage. Der Pegelstand des Sarnensees sei nun wieder am Absinken.
Weil die Böden mit Wasser gesättigt sind, warnten die Behörden vielerorts auch vor einer Gefahr von Schlammlawinen, Erdrutschen und Steinschlägen. Eine solche Gefahr bestand am Donnerstag in der Region Champéry im Unterwallis, verbunden mit der Gefahr eines Wasseranstiegs am Bergbach Vièze.
Ein Erdrutsch aus grossen Steinen, Schlamm und Bäumen hat die Vièze verstopft, wie Raphaël Mayoraz, Leiter der Dienststelle für Naturgefahren, gegenüber Keystone-SDA erklärte. Dadurch ist ein See entstanden, mit einer Länge von etwa 100 Metern und einer Tiefe von vier bis fünf Metern.
«Nun besteht die Gefahr, dass sich der Pfropfen löst und das Wasser auf einmal ins Tal hinabstürzt», fuhr er fort. In der Nacht wurden rund 100 Personen aus der Gefahrenzone vorsorglich in Sicherheit gebracht. Im restlichen Wallis war die Lage stabil, die Gefahr von Erdrutschen und Schlammlawinen blieb indes an vielen Orten bestehen.
Im Weiler Scombras in Bonaduz im Kanton Graubünden war am Mittwochabend eine Schlammlawine auf ein Haus niedergegangen. Die Feuerwehr rettete einen in der Liegenschaft blockierten Mann. Er und seine Frau mussten ins Spital gebracht werden.
Die Strasse nach Scombras wurde gesperrt, der Weiler war von der Aussenwelt abgeschnitten. Geologen waren daran, die Situation zu beurteilen.
Mit dem angekündigten besseren Wetter für die nächsten Tage dürfte sich die Hochwasserlage in der Schweiz allmählich beruhigen. Die Meteorologen sagten von Freitag bis nächsten Dienstag stabiles Hochdruckwetter voraus.
Nach mehrheitlich sonnigen Tagen dürfte es auf der Alpennordseite am nächsten Mittwoch erstmals wieder Niederschläge geben. Mit etwas tieferen Temperaturen um die 5 Grad im Flachland sinkt dabei auch die Schneefallgrenze auf etwa rund 1000 Meter herab. (sda)