Wie aus dem Film Twister schlängelten sich am Dienstagmorgen zwei Wirbelstürme vom Himmel zum Bodensee hinab. Während einer dieser Wirbel länger als 15 Minuten über den See schwirrte, blies es den zweiten immer wieder fort. Das Boot der Feuerwehr Friedrichshafen gerät kurz in den Wirbel und verschwindet in einer Wolke, welche die Wasserhose hinterlässt. Die Feuerwehr Friedrichshafen bestätigt die Beobachtung: «Unser Boot war für eine Ausbildung auf dem See, als die Wasserhose kam. Passiert ist aber nichts.»
In den Sozialen Medien kursierten innert kürzester Zeit diverse Bilder und Videos von den Wirbelstürmen. Eine Frau postete ein Bild und fragte: «Sind das Tornados am Bodensee?» Auch der Thurgauer Regierungsrat Urs Martin hat ein Foto vom Wetterphänomen gemacht und auf Facebook gestellt. «Das ist ein wunderschönes und beeindruckendes Naturspektakel», sagt er auf Nachfrage.
Bei Bootsführern aus Romanshorn ist die Stimmung etwas skeptischer: «Normalerweise gibt es so etwas nur im Herbst, wenn der See warm genug ist. Dass es jetzt schon Windhosen gibt, finde ich beunruhigend», so ein Segler.
Daniel Köbele, Meteorologe bei «MeteoSchweiz» ist begeistert vom Phänomen und erklärt: «Wir haben gestern noch in Fachkreisen darüber diskutiert, dass es heute zu solchen Wasserhosen kommen könnte. Die Bedingungen müssen aber wirklich stimmen.»
Viele Parameter müssten zusammenkommen, damit sich solche Wasserhosen überhaupt bilden können. «Der warme Bodensee wirkt derzeit wie eine Herdplatte und erwärmt die Luft über dem Wasser. Oben ziehen kalte Luftmassen durch und über dem See strömt die Luft zusammen.» Dadurch steige die erwärmte Luft auf und werde in einem eng begrenzten Gebiet in eine Drehung versetzt. Das gebe der Wasserhose ihre typische Form eines Wolkenschlauchs oder Wolkenrüssels.
«Zwar gehören Wasserhosen zur Familie der Tornados, sie fallen im Gegensatz zu ihren grösseren Brüdern über Land aber meist schwächer aus», sagt Köbele. Daher spreche man über Seen und Meeren von Wasserhosen und über Land von Tornados oder Windhosen. Tornados seien in der Regel um ein Vielfaches stärker und oft auch grösser als Wasserhosen.
In der Schweiz komme es immer wieder zu Wasserhosen. Auch am Zürichsee oder am Thunersee seien schon solche gesehen worden. Dass sich bereits mitten im Sommer Wasserhosen bilden, sei eher selten, sagt Köbele. «Es können sich zwar das ganze Jahr über Wasserhosen bilden. Am besten sind die Bedingungen aber im Spätsommer und Frühherbst, wenn die Schweizer Seen noch warm sind und bereits die kühlere Luft des nahenden Herbstes darüber strömt.»
Für schwerere Schiffe stellen Wasserhosen laut dem Meteorologen keine grosse Gefahr da. Segelboote hingegen sind leichter und anfälliger für Wind. «Wasserhosen können Winde über 100 Stundenkilometern mit sich bringen auf engem Raum. Da kann ein Segelboot durchaus kentern», sagt Köbele. (aargauerzeitung.ch)