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Roche-Chef Thomas Schinecker wehrt sich gegen Preis-Kritik

Thomas Schinecker, CEO Roche Group, speaks during the 2024 full-year results media conference of pharmaceutical company Roche in Basel, Switzerland, on Thursday, Jan. 30, 2025. (Georgios Kefalas/Keyst ...
Roche-Chef Thomas Schinecker redet den Schweizer Behörden ins Gewissen.Bild: keystone

«Schweizer zahlen gleich viel für Alkohol wie für Medikamente»: Roche-Chef kontert Kritik

Die europäischen Länder müssten mehr Geld für Medikamente aufwerfen, fordern die Hersteller. Das findet auch der Roche-Chef – und macht einen überraschenden Vergleich.
24.07.2025, 22:3424.07.2025, 22:34
Pascal Michel / ch media
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Wie viel dürfen lebensrettende Medikamente kosten? Die Schweizer Pharmachefs haben dazu eine klare Meinung: so viel, dass für Spitzenforschung – und üppige Dividenden – genügend Mittel übrig bleiben. Ansonsten, so droht derzeit der Novartis-Boss Vas Narasimhan, könnten Pharmafirmen ihre Produkte vom Markt nehmen. Bereits Tatsachen geschaffen hat Roche. Das Basler Unternehmen hat jüngst in der Schweiz ein Krebsmedikament zurückgezogen. Offenbar konnte man sich mit dem Bundesamt für Gesundheit nicht auf einen Preis einigen.

Anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen äusserte sich Thomas Schinecker am Donnerstag zu diesem Schritt, der weitum für Kritik gesorgt hatte. «Die Schweiz hinkt beim Zugang zu neuen Medikamenten hinterher. Wir haben hier ein generelles Problem», sagt der Roche-Chef. Die Misere unterfüttert er mit jüngst publizierten Daten des Verbands Interpharma. Demnach können Schweizer Patienten auf deutlich weniger neue Arzneimittel zugreifen als jene in Deutschland.

Geld ausgeben für Medikamente – oder für Zigaretten?

Die Hersteller argumentieren, die Schweiz wolle zu wenig Geld für neue Produkte aufwerfen, weshalb diese hierzulande erst später oder gar nicht auf den Markt kämen. «Die Schweiz sollte ganzheitlicher denken und die Ausgaben für Medikamente auch als Investitionen betrachten», so Schinecker. Das besagte Krebsmedikament sei zudem weiterhin durch ein spezielles Programm verfügbar.

«Die Schweiz sollte ganzheitlicher denken und die Ausgaben für Medikamente auch als Investitionen betrachten»
Thomas Schinecker

Um seinen Punkt zu illustrieren, macht der Roche-Chef ein Rechenbeispiel: Die hiesigen Ausgaben für Medikamente seien stabil und beliefen sich pro Person auf etwa 1000 Franken pro Jahr. «So viel geben Schweizerinnen und Schweizer im selben Zeitraum für Zigaretten und Alkohol aus», erklärt Schinecker – und stellt die rhetorische Frage: «Was ist uns wichtiger? Wie viel ist uns die Gesundheit wert?» Der 50-Jährige lässt es sich auch nicht nehmen, die Bedeutung des Basler Hauptsitzes für die Schweiz hervorzuheben. «Wir liefern viel mehr Geld ab, als wir hier verdienen.»

Soll Europa einspringen, wenn Trump die Preise drückt?

Die Preisdebatte hat jüngst Fahrt aufgenommen, weil US-Präsident Donald Trump der Branche mit massiven Zöllen und einer schmerzhaften Preisreform droht. Novartis-Chef Narasimhan plädiert deshalb öffentlich dafür, dass Europa jetzt reagieren müsse – und mehr Geld für Medikamente ausgeben solle. Etwas diplomatischer drückt sich Thomas Schinecker aus: «Es ist wichtig, dass Innovation belohnt wird.» Er verweist darauf, dass seine Branche ein wichtiger Wirtschaftsmotor sei, den man entsprechend berücksichtigen solle.

Das Bundesamt für Gesundheit vertritt in der Preisfrage eine andere Position. Es betont regelmässig, dass die «sehr hohen Preisforderungen» der Industrie den Zugang zu neuen Medikamenten stark verzögerten. Es sei die Aufgabe des Bundes, die Preise bezahlbar zu halten. Schliesslich gehörten die Gesundheitskosten zu den grössten Sorgen der Schweizer Bevölkerung.

Fakt ist: Auch im aktuellen Umfeld muss Roche nicht darben. Im ersten Halbjahr konnte der Konzern den Umsatz um 7 Prozent auf 30,9 Milliarden Franken steigern. Während die Diagnostik-Sparte stagnierte, konnte die Pharmadivision deutlich zulegen. Der Kernbetriebsgewinn lag bei 12 Milliarden Franken, ein Plus von elf Prozent. Die Marge – der Betriebsgewinn im Verhältnis zum Umsatz – lag bei 38,8 Prozent. Ein Wert, von dem Firmen in anderen Branchen nur träumen können.

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Roche-Turm
Visualisierung der beiden Roche-Türme am Forschungs- und Entwicklungszentrum der Roche in Basel.
quelle: roche
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186 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bcZcity
24.07.2025 22:43registriert November 2016
So so, wir geben also 1000.- im Jahr für Medikamente aus? Also ich bezahle jedes Jahr über 4000.- CHF für die KK, andere noch viel mehr. Dazu noch die Medis die ich privat kaufe in der Drogerie/Apotheke.

Was Taco hier nicht alles nach oben spült. Arme Pharma Branche, arme Pharma CEOs….

Eure Gier kotzt mich an!
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Muoten-Roshi
24.07.2025 22:43registriert Mai 2022
Ich bin es leid, dass internationale Konzerne in der Schweiz, auf Teufel komm raus, die Kaufkraft abschöpfen.
Und nur weil der Sitz in der Schweiz ist, ist das noch lange kein heimatverbundener Konzern.
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FrancoL
24.07.2025 22:45registriert November 2015
Nein man muss nicht Quervergleiche anführen, man muss die Produkte und die Gewinne genauer betrachten und sich auch fragen, ob Medizin wirklich auch der Spekulation dienen soll. Das was der Roche-Mann macht ist die übliche Nebelpetarde zünden. Eine schwache Haltung!
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