Novartis-Chef Vas Narasimhan hat, ganz amerikanisch, zwei Lieblingsworte: «strong» und «great», also stark und grossartig. Bei der Präsentation der Halbjahreszahlen griff er wie gewohnt auf die zwei Begriffe zurück. Diesmal hat der 48-Jährige gute Gründe dafür: Der Basler Pharmariese verkaufte seit Jahresanfang Medikamente im Wert von 27,2 Milliarden Dollar (+12 Prozent).
Daraus resultiert ein Reingewinn von 7,6 Milliarden Dollar (+29 Prozent). Die erzielte Marge lag bei traumhaften 42,2 Prozent. Das Geschäft läuft so gut, dass Novartis seine Jahresprognose anhebt, zumindest beim erwarteten operativen Ergebnis. Dort rechnet der Konzern neu mit einem Zuwachs im Bereich von 11 bis 13 Prozent.
Stark und grossartig dürften vor allem die Aktionäre eine weitere Ankündigung finden: Novartis legt ein Aktienrückkauf-Programm im Wert von bis zu 10 Milliarden Dollar auf. Es soll bis 2027 abgeschlossen sein. Solche Programme sorgen dafür, dass auf die verbleibenden Aktien ein höherer Anteil des Gewinns entfällt.
Es kann gleichzeitig ein Signal dafür sein, dass eine Firma nicht weiss, wohin mit ihrem Geld. Der scheidende Finanzchef Harry Kirsch (siehe Box) betonte deshalb: «Das hindert uns nicht daran, vielversprechende Zukäufe zu tätigen. Und natürlich investieren wir weiterhin viel in Forschung und Entwicklung.»
Die neusten Zahlen haben selbst Analysten überrascht. Bemerkenswert ist vor allem die steigende Nachfrage beim Herzmittel Entresto. Es ist das umsatzstärkste Novartis-Medikament und spülte dem Konzern im letzten Halbjahr 4,6 Milliarden Dollar in die Kasse.
Ewig wird dieser Höhenflug aber nicht anhalten. Denn der Patentschutz läuft aus. Konkurrenten könnten bereits in den kommenden Wochen Nachahmerprodukte in den USA auf den Markt bringen. Noch versucht Novartis auf juristischem Weg alles, um den Zeitpunkt hinauszuzögern.
Vas Narasimhan zeigte sich indes überzeugt, diese Ausfälle rechtzeitig ersetzen zu können. Dieses Versprechen muss Novartis allerdings erst noch einlösen. Verschiedene Medikamente, die Novartis in der Ära Narasimhan mit milliardenteuren Akquisitionen zugekauft hat, sind die hohen Erwartungen bis dato schuldig geblieben.
Selbst Donald Trumps Frontalangriffe auf die Pharma bringen den Konzernlenker nicht aus der Ruhe. Erst kürzlich hatte der US-Präsident erklärt, er werde «wahrscheinlich» Ende Monat Pharma-Zölle erlassen. Zunächst werde er einen geringen Zollsatz einführen und Unternehmen Zeit geben, Produktionsstätten im Inland zu bauen. Für den Zeitraum danach drohte Trump mit einer absurd hohen Zahl: 200 Prozent Zoll auf Arzneimittel.
«Wir sind überzeugt, dass ein Handelskrieg nicht produktiv ist», stellte Narasimhan klar. Er sei aber zuversichtlich, dass man mit der Regierung eine Lösung finden könne. Novartis will möglichst rasch den sehr wichtigen US-Markt autonom versorgen können. Dazu investiert das Unternehmen in den nächsten fünf Jahren 23 Milliarden Dollar in amerikanische Fabriken.
Nur: Selbst wer solche Unsummen investiert, kann nicht über Nacht neue Produktionsstätten hochziehen lassen. Donald Trump hat deshalb in Aussicht gestellt, eine Übergangsfrist von 12 bis 18 Monaten zu gewähren. Würde das für Novartis reichen? Hier zeigt sich Narasimhan für einmal skeptisch. «Wir müssten in diesem Fall versuchen, das so gut wie möglich abzufedern. Grundsätzlich dauert es drei bis vier Jahre, bis die Medikamentenproduktion vollständig aufgebaut ist. Wir arbeiten daran, das zu beschleunigen.»
Diese Ankündigung ist für die Schweiz und Europa keine erfreuliche Nachricht. Sie zeigt, dass die Pharma – immerhin der hiesige Exportmeister – keine Skrupel hat, Investitionen nach Amerika und Asien zu verschieben. Zwar betonte Narasimhan, man werde weiterhin für Basel und die europäischen Standorte Geld aufwerfen. Doch diese Investitionen blieben stabil, während jene ennet des Atlantiks steigen würden.
In dieser Aussage schwingt eine implizite Drohung mit. Sie lautet: Wenn Europa die Medikamentenpreise nicht anhebt, werden noch weitere Gelder abfliessen – und Medikamente mangels preislicher Attraktivität verschwinden. Dass dies für die Firmen tatsächlich eine Option ist, zeigte kürzlich Roche.
Am Mittwoch hatte der «Tages-Anzeiger» berichtet, dass der Konzern ein Krebsmedikament in der Schweiz vom Markt nimmt, weil er keinen höheren Preis durchsetzen konnte. Der Novartis-Chef betonte, solche Schritte versuche man bei Novartis zu vermeiden. Aber: «Wenn Europa nicht reagiert, wird es immer mehr solcher Fälle geben.»
Es ist offen, ob die Firmen ihre Drohungen umsetzen. Klar ist, dass solche Marktrückzüge Nebenwirkungen zeitigen werden. Besonders für das Image der Pharmakonzerne, die sich gerne Swissness auf die Fahne schreiben, wäre das Resultat alles andere als «great» und «strong». (aargauerzeitung.ch)
Um die überteuerten Preise durchzudrücken, setzt Novartis darauf, dass die Kranken, welche das Medikament dringen benötigen auf die Barrikade gehen oder sterben. Das wird dann schon helfen die Preise durchzusetzen.
Ich bin absolut dafür, dass Forschung gut bezahlt wird. Aber ein Marge von 42% ist unanständig. Ich hoffe, dass Trump den Heuchlern 100% Zoll aufbrummt.