Die Walliser Staatsanwaltschaft hat ein Dossier mit Missbrauchsfällen im Umfeld der katholischen Kirche zu den Akten gelegt. Sie kam nach einem Vorverfahren zum Schluss, dass alle angezeigten Taten verjährt sind oder nicht rechtzeitig eine Strafanzeige erstattet wurde.
Sie habe deshalb eine Einstellungsverfügung ausgestellt, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Das Vorverfahren hatte sie im September 2023 eingeleitet und die Kantonspolizei beauftragt, mögliche Straftaten durch Geistliche im Wallis zu untersuchen.
Angesichts der Anzahl der Personen, die sich spontan bei der Polizei meldeten, nämlich 36, sei beschlossen worden, ein globales Dossier zu führen, erklärte Generalstaatsanwältin Béatrice Pilloud in der Medienmitteilung.
Demnach zeigten 25 Personen 32 strafbare Taten an, deren Opfer oder Zeugen sie waren. Elf zeigten Handlungen an, die nicht zur Feststellung einer Straftat führten. Die angezeigten Handlungen reichen bis ins Jahr 1946 zurück. Mehrere Taten waren bereits Gegenstand früherer Urteile.
Die Befragten hätten ihren Schmerz und ihre Wut über die Kirche, die nichts unternommen hat, zum Ausdruck gebracht, schreibt die Staatsanwaltschaft. «Sie sind sich bewusst, dass die Handlungen verjährt sind, und erwarten nichts von der Justiz, ausser dass Licht ins Dunkel gebracht wird und diese unerträglichen Handlungen nicht mehr vorkommen», hiess es weiter.
Die Personen, die sich als Opfer meldeten, waren zum Zeitpunkt der Tat zwischen 4 und 37 Jahre alt. 17 waren Männer und 8 Frauen.
Anhand dieser Zeugenaussagen konnten 20 potenzielle Täter identifiziert werden. Sieben von ihnen sind verstorben, drei wurden von mehreren Personen wegen unterschiedlicher Handlungen beschuldigt. Und in elf Fällen konnten die Geistlichen nicht identifiziert werden.
Die Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass die einzelnen Akten durch Nicht-Eintragungs- oder Einstellungsbeschlüsse geschlossen wurden, hauptsächlich aufgrund der Unmöglichkeit, die Fakten zu beweisen, der Verjährung und eingetretener Todesfälle. «Dies betrifft auch Abt Jean Scarcella», hielt die Staatsanwaltschaft fest.
Der Abt von Saint-Maurice wurde des sexuellen Missbrauchs und der Vertuschung davon beschuldigt. Er hatte sein Amt im September 2023 niedergelegt, um, wie er sagte, «die Unabhängigkeit der Ermittlungen zu gewährleisten».
Anlass für das Vorverfahren der Walliser Staatsanwaltschaft war ein Bericht aufgrund einer Pilotstudie zur Geschichte des sexuellen Missbrauchs im Umfeld der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Studie ergab landesweit über 1000 Fälle von sexuellem Missbrauch in dieser Zeit.
Ziel der Untersuchungen im Wallis war es herauszufinden, ob es mögliche Straftaten gibt, die nicht verjährt sind oder bereits behandelt wurden. (sda)