Die Schweizer Bevölkerung wächst, weil immer mehr Menschen zuwandern. Allein 2022 waren es netto 81'000 Personen. Die Mehrheit von ihnen stammt aus EU-Staaten. Etwa ein Drittel kommt aus Drittstaaten, beispielsweise Indien oder China. Von den 24'000 Personen, die im letzten Jahr Asyl beantragten, erhielten 8200 eine Aufenthaltsbewilligung. Gleichzeitig bietet die Schweiz 65'000 Ukrainerinnen und Ukrainern Schutz.
Weil die Bevölkerung so schnell anwächst, prognostiziert das Bundesamt für Statistik, dass im Jahr 2040 rund 10 Millionen Menschen in der Schweiz leben werden. Ist unser Land für diese Zunahme gewappnet? Reicht die Infrastruktur, um Geflüchtete aufnehmen und integrieren zu können? Oder droht bald Chaos, Kriminalität, Armut, Wohnungsnot? Darüber diskutierten am Freitagabend in der SRF-«Arena»:
Für sie hätte die erste von vier monothematischen Wahl-«Arena»-Sendungen die Gelegenheit sein können, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ihr Parteiprogramm zur Schweizer Migrationspolitik zu präsentieren. Das versuchte auch jeder und jede. Doch letzten Endes waren alle viel mehr damit beschäftigt Thomas Aeschis Attacken abzuwehren. Oder sich von seiner Position abzugrenzen.
In der Sendung schafft es Aeschi ab der ersten Sekunde gegen Migrantinnen und Migranten zu schiessen. Für ihn sind Asylsuchende kriminell, Schuld an der Wohnungsnot und kosten dem Staat zu viel. Darum sieht er sich selbst als Retter der Nation. Wie er die Schweiz genau retten will? Das weiss man bis zum Schluss der Sendung nicht.
Was man jedoch weiss: Wovor er die Schweizerinnen und Schweizer retten möchte. Das stellt Aeschi mit Aussagen wie folgender über afrikanische Asylsuchende klar:
Céline Widmer (SP) ist die erste, die Aeschi vorwirft, Hass zu schüren und Hetze zu betreiben. Es ist eines der wenigen Male an diesem Abend, an dem sie ihm tatsächlich gegensteuern kann. Ansonsten wirkt sie ob Aeschis Tiraden häufig so perplex, dass sie manchmal mehrere Sekunden nach Luft ringt. Heraus kommt dann aber selten etwas, das in Erinnerung bleibt.
Andrea Caroni ist indes sichtlich unwohl direkt neben Aeschi. Auch er will sich distanzieren, tut sich aber teilweise schwer. Als «hart aber fair und realistisch» verkauft er das Parteiprogramm der FDP im Bezug auf die Migrationspolitik. «Hart», weil die Menschen, die sich «nur durch das Sozialsystem schlängeln» wollten, klar abgewiesen und zurückgeschickt werden müssten. «Fair», weil den «wirklichen» Schutzbedürftigen geholfen werden müsste.
Aber weil das wohl noch immer zu stark nach SVP tönt, doppelt Caroni nach und kommt auf die Geflüchteten aus der Ukraine zu sprechen:
Die Taktik funktioniert. Zumindest ein bisschen. Caroni wahrt fortan einen Sicherheitsabstand um Aeschi. Applaus vom Publikum bekommt er dafür aber keinen. Und Thomas Aeschi schafft es dennoch die Diskussion vom Dublin-Abkommen zurück auf einen aktuellen Fall zu lenken, in welchem ein Ostafrikaner eine Frau vergewaltigt hatte.
An diesem Punkt hat nur noch Sibel Arslan einen Stich gegen Thomas Aeschi. Sie holt zum Gegenschlag aus: In den zwanzig Jahren, in denen sie in der Politik sei, habe er noch keinen einzigen konstruktiven Beitrag geleistet, um die Integration von Migrantinnen und Migranten zu fördern.
Während alle anderen Parteien versuchten, Lösungen zu finden, würde er für seinen Wahlkampf einen tragischen Fall einer Frau ausnutzen, die von einem Asylsuchenden vergewaltigt wurde. Arslan urteilt: «Ganz ganz polemisch!», und kassiert damit den ersten und lautesten Applaus des Abends.
Geklatscht wird an dem Abend dreieinhalb Mal. Einen halben Applaus gibt es für Aeschi, nachdem er sagt: «Wir haben ein Problem mit Ausländerkriminalität. Wir müssen Gesetze verschärfen und wir müssen härter sein im Vollzug.»
Drei Personen aus dem Publikum klatschen. Der Rest enthält sich. Später, als Moderator Sandro Brotz nach den Aeschi-Fans fragt, um ihnen das Mikrofon hinhalten zu können, will sich aber keiner von ihnen mehr zu erkennen geben.
Das Live-Publikum hat seine Seite ohnehin schon gewählt. Es klatscht nur noch für Philipp Matthias Bregy und Céline Widmer, die Aeschi vorwerfen, lieber die Schuld Ausländerinnen und Ausländern zuzuschieben, anstatt selbst Lösungen für aktuelle Probleme wie die Wohnungsnot auszuarbeiten.
«Aeschi gegen (fast) alle anderen» lautet das unausgesprochene Motto des Abends. Die Sendung ist ein einziges Hickhack, ohne dass die Zuschauerin am Ende weiss, was die Parteien denn nun konkret vorhaben punkto Migrationspolitik.
Die meisten Vergewaltigungen passieren in der Partnerschaft und nicht am Abend durch Asylsuchende!
Ich sehe, dass durch die Einwanderung Probleme entstehen, vor allem durch Menschen aus uns völlig fremdem Kulturkreisen.
Durch die unsichere Weltlage, Krieg Armut, Klimaveränderung, werden wir in den nächsten Jahren mit vermehrter Zuwanderung aus solchen ‚Drittstaaten‘ rechnen müssen.
Probleme bitte Anpacken, ohne rosa Brille, liebe Politiker …