«Ich habe die Anzeige in 20 Minuten geschrieben, weil mich das Wetter vom Skifahren abgehalten hat. Nie hätte ich gedacht, dass das Inserat so ein Ausmass annehmen könnte. Ich bin von den Ereignissen etwas überwältigt.»
Wovon ist eigentlich die Rede? Am Sonntag machte sich der bekannte Walliser Anwalt Sébastien Fanti auf die Suche nach einer Person, die zukünftig für das Glück und die Zufriedenheit in seinem Unternehmen «Fantis Kanzlei Lexing Switzerland» verantwortlich sein soll – ein sogenannter Chief Happiness Officer (CHO).
Zu diesem Zweck hat der ehemalige Walliser Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte eine Stellenanzeige auf seinen verschiedenen sozialen Netzwerken veröffentlicht:
Vous pouvez postuler jusqu’au 15 janvier 2023 ! Il s’agit d’une annonce très sérieuse. #chiefhappinessofficer #lexing #lawyers pic.twitter.com/I4QnDNyjha
— Sébastien Fanti (@sebastienfanti) January 8, 2023
Zu den Aufgaben des zukünftigen Mitarbeitenden gehört es, «Probleme durch Humor (wenn nötig ätzenden Humor) zu relativieren».
@sebastienfanti si l'annonce est 'très sérieuse ' alors il serait attendu un descriptif de poste d'un niveau professionnel - ce qui n'est pas le cas du tout.
— Edouard Delorche (@EdouardDelorche) January 9, 2023
Seit Sonntag ist eine Lawine von Reaktionen in den Sozialen Medien auf dieses Teilzeitjobangebot niedergegangen. Die einen nennen es Fake News, die anderen ärgern sich über den Wortlaut. Aber was hat eigentlich ein Chief Happiness Officer in einer Anwaltskanzlei zu suchen?
Laut Sébastien Fanti:
Die Agenda für diese Stellenbesetzung ist nicht ganz unbedeutend: Seit Anfang des Jahres ist Fanti nicht mehr der Walliser Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte. Eine Aufgabe, die er neun Jahre lang erfüllt hatte und die ihm im Kanton Wallis nicht nur Freundschaften eingebracht hatte.
>> Hier liest du mehr darüber.
Die Gründe für den Jobwechsel Fantis waren wohl (vor allem) seine Offenheit und sein rebellischer Charakter. Zur Erinnerung: Kurz bevor er seine vorherige Stelle aufgeben musste, hatte er in der «Le Temps» offen über 80 Prozent des Kantonsparlaments hergezogen: «Das Niveau der Schwäche ist so hoch, dass heute, abgesehen von vielleicht 20 Prozent der Abgeordneten, die anderen nichts von dem verstehen, was sie beschliessen, sondern Parteipolitik machen.»
Wäre der oder die zukünftige Chief Happiness Officer auch damit beauftragt, die Provokationen des Chefs abzufedern? «Ja, und zwar auch, damit der Übergang so reibungslos wie möglich verläuft. Der Jahresbeginn wird von grundlegenden Veränderungen in unserem Geschäft geprägt sein».
Um seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, verweist Sébastien Fanti auch auf den Erfolg seines Stellenangebots: «Allein heute Morgen habe ich etwa 15 Bewerbungen erhalten. Ich denke, dass wir insgesamt 500 Bewerbungen erreichen werden. Ich kann Ihnen sagen, dass die Bewerbungen ernst gemeint sind. Einige von ihnen sind Juristen und Juristinnen in grossen Unternehmen, können Sie sich das vorstellen? Ich denke, das zeigt, dass die Suche nach einem gewissen Glück am Arbeitsplatz nicht so sinnlos ist, wie man glauben möchte.»
Der Grund für die Aufregung um die Stellenanzeige ist, dass es sich um eine neue und kontroverse Berufsbezeichnung handelt. Kritische Stimmen sprechen von einem Beruf, bei dem zwar viel geredet, aber wenig geleistet wird.
Nicht so laut Fanti: «Ich erwarte natürlich, dass sich die Investition lohnt. Es geht nicht nur um die Schönheit der Geste. Das Glück im Unternehmen spielt eine Schlüsselrolle für die Motivation und die Loyalität der Mitarbeitenden. Ausserdem hasse ich Veränderungen.»
In der Anzeige heisst es zum Schluss, dass der Chief Happiness Officer «freie Hand» haben werde. Fanti, der nie ein gutes Haar an der HR-Welt im Allgemeinen gelassen hat («meistens Bullen»), gibt zu, dass das Management nicht seine grösste Stärke ist: «Es ist kein Geheimnis, dass die Arbeit mit mir nicht einfach ist. Ich kann nicht ständig jeden anlächeln und ich habe meinen eigenen Kopf. Nicht jeder traut sich, zu mir zu kommen und mich anzusprechen».
Der Walliser Anwalt ist ein Anhänger der «morning gratitude» (er verschickt jeden Morgen ein Dutzend wohlwollender, handgeschriebener Briefe) und hat kürzlich eine Floristin beauftragt, jede Woche die Büroräume nach ihren eigenen Vorstellungen zu verschönern.
Am anderen Ende des Telefons kündigte Fanti an, dass er bald das Gleiche in Bezug auf die «olfaktorische Atmosphäre» (Geruchsatmosphäre) im Büro tun wolle. Eine Strategie des Glücks am Arbeitsplatz, die bei Google oder Qoqa zurzeit sehr in Mode ist und für die dieses jüngste Stellenangebot letztlich nur eine neue Etappe darstellt.
«Manche werden sagen, dass der alte Mann schon wieder den Verstand verloren hat. Aber ich glaube, dass es auch eine Übung in Demut ist, das Glück seiner Mitarbeitenden einer dritten Person anzuvertrauen», sagt Fanti.
Wärst du auch gerne CHO? Schreib uns in die Kommentare, was du über die Funktion denkst: Top oder Flop?
Wobei alleine mein Französisch da schon erheblich zur Erheiterung beitragen dürfte ;-)