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Dmitry Rybolovlev: Oligarch subventionierte CH-Batterien mit Millionen

Russischer Oligarch finanzierte Schweizer Batterie-Firmen – jetzt ist der Traum geplatzt

Der russische Oligarch investierte mehrere Hundert Millionen Dollar in eine Batterie-Entwicklung. Nun hat er bei der Basler Firma Innolith still und leise den Strecker gezogen.
07.12.2024, 22:12
Christian Mensch / ch media
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Dmitry Rybolovlev, Oligarch und Investor für den Batterie-Entwickler Innolith.
Dmitry Rybolovlev, Oligarch und Investor für den Batterie-Entwickler Innolith.Bild: Norbert Scanella/Imago

Der Rückzug erfolgt diskret. Im noblen Basler Wohnviertel Gellert hat sich in der Villa noch nichts verändert. Weiterhin verweist ein Schild auf die Firma Innolith. Doch die Revisionsgesellschaft hat schon die Reissleine gezogen und kurz vor Jahresabschluss per sofort das Mandat abgegeben.

Im deutschen Bruchsal hingegen, dort, wo in Labors eines Technologieparks die Batterie der Zukunft entwickelt werden sollte, sind die Lichter bereits gelöscht. Dies bestätigt die Verwaltung des Technologieparks auf Anfrage. Das Personal ist weg, einzelne Apparaturen wurden von der Konkurrenz gekauft, erzählt ein Involvierter.

Auf Anfrage ist vom Innolith-Geschäftsführer Konstantin Solodovnikov keine Antwort zu erhalten, doch die Batterie-Träume scheinen geplatzt. Gemäss eigenen Angaben auf der Website des Unternehmens hat das Unternehmen bisher 120 Millionen Dollar verschlungen. Beim Geldgeber handelt es sich um den schillernden russischen Oligarchen Dmitry Rybolovlev.

Der Kunststreit mit Yves Bouvier

Sein Batterien-Engagement hat Rybolovlev klandestin behandelt. Selbst auf Kongressen durften Innolith-Vertreter bloss von einem solventen privaten Geldgeber aus Monaco munkeln. Nur einmal, vor vier Jahren, kam er aus der Deckung; in Griechenland werde er für 200 Millionen Euro eine Batteriefabrik aufbauen. Es blieb bei der Idee.

Umso mehr öffentliche Aufmerksamkeit hatte ihm bisher ein epischer Streit mit dem Genfer Kunsthändler Yves Bouvier garantiert. Dieser hatte ihm für rund 2 Milliarden Dollar rund drei Dutzend Kunstwerke verkauft und ihn damit – so Rybolovlev – um rund 1 Milliarde geprellt. Aus einer Freundschaft wurde eine erbitterte Feindschaft.

Rybolovlev, der als Besitzer des AC Monaco über beste Beziehungen zum monegassischen Fürstenhaus verfügt, setzte alle strafrechtlichen Hebel gegen Bouvier in Bewegung. Dieser wiederum stellte bei der Schweizer Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen den Russen. Der Vorwurf lautete, Rybolovlev habe die Polizei von Monaco bestochen, um gegen ihn vorzugehen. Dieses Verfahren wurde im Oktober offiziell eingestellt.

Von Russland via Genf nach Monaco und Zypern

Rybolovlev ist bereits 1995 nach Genf gezogen, nachdem er sich im Bandenkrieg mit anderen Oligarchen in Russland nicht mehr sicher gefühlt hatte. Zwei Chalets in Gstaad gehörten zudem zur Standardausrüstung. Später hat er nach Monaco disloziert und mittlerweile hat er sich nicht nur die zypriotische Staatsbürgerschaft gesichert, sondern sich auch vom Putin-Regime distanziert. Mit dem gleichzeitigen Rückzug von Innolith und der Einstellung des Strafverfahrens nimmt Rybolovlev Abschied von der Schweiz.

Dass der von Innolith mehrfach angekündigte Durchbruch sich doch nicht realisieren wird, hatte sich indirekt abgezeichnet: Seit gut einem Jahr werden keine «Erfolgsmeldungen» mehr publiziert. Die letzte enthielt die Ankündigung, mit mehreren Partnern werde nun eine deutlich günstigere Batterie für die E-Mobilität an den Start gebracht. Der Ausbruch der Batterie-Revolution schien dank Innolith bloss eine Frage der Zeit.

Das Erbe der Alevo Group

Rybolovlev gründete die Innolith vor rund sechs Jahren über einen zypriotischen Trust, wie aus Dokumenten des Handelsregistersamts hervorgeht. Die Firma startete jedoch nicht auf der grünen Wiese, sondern übernahm vielmehr Patente wie Personal der Alevo Group, die im Walliser Städtchen Martigny angemeldet war.

Der Norweger Jostein Eikeland hatte zuvor geprahlt, mit der Alevo den Batteriemarkt zu revolutionieren. Innerhalb von drei Jahren würden alleine in den USA 2500 Arbeitsplätze entstehen. Eine alte Tabakfabrik wurde in den USA gekauft und mit staatlichen Subventionen zur Batteriefabrik umfunktioniert. Doch diese baute nur gerade eine Grossbatterie. Dann war Schluss; Banken hatten die Kreditlimiten gestrichen und die Alevo fiel wie ein Kartenhaus zusammen.

Zu Eikelands Investoren hatte ab 2016 auch Rybolovlev gehört. Bis zu 200 Millionen Dollar hatte er bereits bei der Alevo eingeschossen und zuletzt von Eikeland die Kontrolle übernommen. Die Innolith ging dann wie ein Phönix aus der Alevo-Konkursmasse hervor. Auskünfte wurden schon damals nicht erteilt. Als diese Zeitung 2018 erstmals darüber berichtete, wurde auf Anfrage lediglich beschieden, die Innolith befinde sich im «stealth mode» (verdeckt).

Über eine halbe Milliarde Franken investiert

Dass die Innolith in Basel Zuflucht fand, war kein Zufall. Denn auch die Alevo Group hatte eine Vorgängerfirma: die Fortu Holding – und diese hatte ihr Domizil in Basel. Ab 2004 hatten verschiedene Geldgeber in mehreren Finanzierungsrunden gut 60 Millionen Franken aufgebracht, um die Technologie zum Fliegen zu bringen. Ebenfalls in den USA sollte eine Grossproduktion entstehen. Davon wurde nichts real. 2013 war die Fortu-Batterie leer; das Management zerstritten, das Geld verloren und die Firma in Konkurs. Eikland hatte aus dieser Konkursmasse die Patente übernommen und die Alevo grossgezogen.

Die Verluste haben sich im Verlauf der vergangenen 20 Jahre summiert. Zu den verlorenen 60 Fortu-Millionen kommen rund 350 Alevo-Millionen sowie nun 120 Innolith-Millionen. In welcher Form die vorhandenen Patente verwertet werden, ist derzeit nicht absehbar. Aus den Patentregistern ist allerdings zu entnehmen: Forschende, die zum Teil schon zu Fortu-Zeiten involviert waren oder dann mit Alevo dazustiessen, haben mittlerweile als Privatpersonen eigene Weiterentwicklungen patentieren lassen.

Die kurzen Wege zur Swiss Clean Battery

Der eigentliche Tüftler der eingesetzten Batterietechnologie ist der deutsche Ingenieur Günther Hambitzer. Seine Leistung ist die Verwendung eines anorganischen Elektrolyten, der die Batterie preisgünstig, wartungsfrei, langlebig und äusserst unempfindlich gegenüber Fehlbehandlungen machen sollte. Seine Patente hatte er ursprünglich in Obwalden angemeldet, die Fortu hätte sie als Erste kommerzialisieren sollen.

Hambitzer hat sich zwar bei Bonn zur Ruhe gesetzt, wie er erzählt, ganz aus dem Spiel ist er dennoch nicht. Seine Patente liegen nun in der Appenzeller High Performance Battery Holding. Und diese wiederum ist personell verflochten mit der Swiss Clean Battery.

Dessen Promotor Thomas Lützenrath verspricht seit Monaten, in der Schweiz eine «Gigafactory» mit 900 Mitarbeitenden zu errichten. Die Ansagen, in Wigoltingen und dann in Domat/Ems das Projekt zu realisieren, blieben bisher reine Versprechen. Doch nun habe die Firma zumindest eine Bankgarantie über 250 Millionen Franken.

Dass der mit der Technologie vertraute Rybolovlev dafür bürgen wird, ist zwar nicht anzunehmen. Aber wenn doch, würde er dies nicht freiwillig offenlegen. (aargauerzeitung.ch)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Scrat
08.12.2024 00:27registriert Januar 2016
Meine Meinung: Oligarch = Systemhure.
Wenn man sich erst mal vor Augen führt, dass alle russische Oligarchen nur dank Putins Segen überhaupt erst so unsäglich Reich werden konnten … dann hält sich das Mitleid mit diesen Systemprofiteuren doch arg in Grenzen.
Und hier im Westen sollte unter den aktuellen Umständen jegliches Geschäften mit diesem widerlichen Typus Mensch schlicht verboten sein.
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Sebastianus
08.12.2024 07:50registriert Dezember 2023
Alles dem russischen Staat gestohlen. Bei uns gilt er als ehrenwerter Geschäftsmann. Wann endlich wachen unsere Politiker auf.
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Kong
08.12.2024 01:05registriert Juli 2017
Oligarch ist eine Spezzies für sich…
… immerhin wurde Geld in eine sinnvolle Technologie gesteckt, wenn leider auch viel weniger als in die Kunstwerke
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