Bei den Velo-Pendlern zählt jede Minute: Auf den Drahtesel schwingen, an den Bahnhof radeln und möglichst nah beim Perron parkieren. Die attraktiven Veloparkplätze sind jedoch knapp – einen freien Ständer zu finden wird immer schwieriger.
Am Bahnhof Luzern starten die SBB zusammen mit dem Start-up smartmo deshalb heute Dienstag ein Pilot-Projekt. Direkt vor dem Haupteingang wurden die herkömmlichen Gratis-Parkplätze weggeräumt und für das neue Parking-System Platz gemacht: Mit der App kann einer der 50 Veloständer gemietet werden.
Doch die Deluxe-Parkplätze sind nicht gratis. Zurzeit kostet eine Stunde 65 Rappen und jede weitere 5 Rappen. Für die Reservierung zahlt man zudem 66 Rappen und für jede weitere Stunde 6 Rappen. Ausserdem können Velofahrer bei den neuen Abstellplätzen ihre E-Bikes aufladen und in einer Box den Helm deponieren.
Ab Oktober wird auch an anderen Bahnhöfen in der Schweiz das Bezahl-System eingeführt: Zürich HB und Stadelhofen, Uster, Solothurn sowie in Basel auf dem Areal Wolf.
Veloparkplatz-Innovation hin oder her: Es gibt Kritik am Projekt. Der SP-Grossstadtrat-Politiker und Mitglied des Vereins «umverkehR» Nico van der Heiden ist skeptisch. «Das zeigt die Zweiklassengesellschaft-Mentalität: Otto Normalverbraucher muss weit weg parkieren und die, die es sich leisten können, geniessen den Premium-Parkplatz.» Die SBB wollten ganz einfach Einnahmen generieren. Abgesehen von der Kommerzialisierung bedauert van der Heiden ausserdem den Parkplatz-Verlust: «Die neuen Ständer brauchen viel Platz, es wird nun definitiv weniger Velo-Abstellplätze haben.» Wie viele Parkplätze durch das neue Parking-System wegfallen, sagen die SBB nicht.
Auch die Jungen Grünen können die Veränderung nicht nachvollziehen: «Jede Verschlechterung für Velofahrende ist ein absolutes No-Go. Dass das gerade im Jahr der Klimastreiks noch passiert, ist fragwürdig», sagt Samuel Zbinden, Geschäftsleiter der Jungen Grünen Schweiz und Luzerner Kantonsrat-Mitglied.
Die SBB als Besitzerin des Areals weist die Kritik zurück: «Es hat genügend Gratis-Parkplätze in unmittelbarer Bahnhofsnähe», sagt SBB-Mediensprecher Daniele Pallecchi. Einige Velofahrer würden ihre Fahrräder am liebsten direkt auf dem Perron parkieren, aber das gehe natürlich nicht.
Der Verband der Velofahrenden Pro Velo Schweiz sieht neue Chancen: «Das neue Parking-System könnte eine weitere Zielgruppe ansprechen. E-Bike-Fahrer beispielsweise, die ihr Fahrrad sicher wissen wollen und dieses sonst nicht am Bahnhof lassen würden», sagt Claudia Bucher von Pro Velo Schweiz.
Aber damit vergrault man gleichzeitig auch gewisse Leute.
Das Problem dürfte die Kapazität sein. Man hätte die neuen Parkplätze besser an einem Ort platziert wo bisher keine waren.