Die einen haben sie geliebt, die anderen verflucht. An der Schnürlischrift schieden sich in der Primarschule die Geister. Jetzt scheint es, als ob die Schnürlischrift zumindest in den Deutschschweizer Schulen bald ausgedient hat. In Zukunft soll in den Schulzimmern die sogenannte Luzerner Basisschrift unterrichtet werden. Das empfehlen die Deutschschweizer Erziehungsdirektorinnen und -direktoren den Kantonen.
watson geht der Sache auf den Grund: Die wichtigsten Fakten zur geplanten Umstellung von der Schnürlischrift auf die Basisschrift.
Mit der neuen Schriftform könne leichter eine flüssige, gut lesbare Handschrift erworben werden, so die D-EDK. Studien sollen überdies belegen, dass bei der neuen Basisschrift die unnatürlichen Bewegungsabläufe mit vielen Richtungsänderungen, die bei den Kindern zu Verkrampfungen führen können, vermieden werden. Anfragen bei Pädagogischen Hochschulen, Lehrerorganisationen und Lehrmittelverlagen haben laut D-EDK weiter ergeben, dass der Wunsch nach einer Umstellung von Schnürli- auf Basisschrift in der Deutschschweizer Bildungslandschaft weit verbreitet ist.
Neben den nostalgischen Anwandlungen, die den einen oder anderen angesichts der Wegfalls der Schnürlischrift überkommen könnten, sind die Kritiken vor allem kultureller Natur. Annemarie Pierpaoli, Präsidentin der Schweizerischen Graphologischen Gesellschaft (SSG), äusserte sich gegenüber dem Migros Magazin skeptisch zur geplanten Basisschrift. Diese führe über kurz oder lang zu einem Schriftzerfall, so Pierpaoli.
Urheber der neuen Basisschrift ist Hans Edouard Meier. Der gelernte Grafiker konnte den Triumph der von ihm entwickelten Basisschrift allerdings nicht mehr erleben, er starb in diesem Sommer mit 92 Jahren. Abgesehen von der Basisschrift ist Meier vor allem für die Erfindung der Schrift Syntax bekannt. Der serifenlose Schrifttyp erlangte weltweite Bekanntheit.
Bisher lernen die Kinder zuerst die Stein- oder Blocksschrift. Erst danach wird die voll verbundene Schrift mit teilweise neuen Buchstabenbildern unterrichtet. Zuletzt sollen die Kinder eine persönliche, meist nur teilweise verbundene Handschrift entwickeln. Neu sollen die Buchstabenformen der Basisschrift zunächst unverbunden gelernt werden, bevor den Schülern zu einem späteren Zeitpunkt die verbundene Schriftform beigebracht wird.
Ein genauer Zeitplan wird nicht vorgelegt. Gegenüber watson gibt sich der Schaffhauser Regierungspräsident und Präsident der D-EDK Christian Amsler aber zuversichtlich, dass die neue Schrift bald an den meisten Deutschschweizer Schulen Realität sei. «Viele Schulen warteten sehnlichst darauf, die Basisschrift endlich einführen zu können». Es handle sich um ein echtes Anliegen der Schulen, so Amsler weiter.
Der Entscheid über den Wechsel zur neuen Schulschrift soll in jedem Kanton aufgrund der jeweiligen Zuständigkeiten getroffen werden. Die Kantone sind frei, die neue Schrift einzuführen oder abzulehnen. Bei der von den D-EDK herausgegebenen Empfehlungen handelt es sich um genau das: Empfehlungen. Luzern ist der einzige Deutschschweizer Kanton, in dem die Basisschrift bereits flächendeckend unterrichtet wird. In anderen Kantonen wird die Basisschrift an einzelnen Schulen bereits gelehrt, an anderen wird nach wie vor Schnürlischrift unterrichtet. (wst/sda)